6470/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.04.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Ermittlungsverfahren auf Basis einer Anzeige gegen den OMV-Vorstandsvorsitzenden wegen des Verdachts auf Untreue und Verletzung der Sorgfaltspflicht

 

Am 21. September 2020 hatte der Kurier über eine im August eingelangten Anzeige gegen den OMV-Vorstandsvorsitzenden wegen des Verdachts auf Untreue, Vorteilsannahme und Verletzung der Sorgfaltspflicht nach Aktiengesetz berichtet, die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in den vergangenen Monaten geprüft wurde (siehe: https://kurier.at/wirtschaft/wirtschaft-von-innen/aufregungen-um-borealis-deal-der-omv/401038052): 

"Die Bewertung von Borealis, heißt es in dem Papier (Sachverhaltsdarstellung, Anm.), sei bereits im Dezember 2019 erfolgt, bis zum Abschluss sei dieser Preis aber nicht mehr nach unten korrigiert worden. Dem Aufsichtsrat sei kein aktueller Forecast der Quartalsergebnisse vorgelegt worden, obwohl dieser hätte verfügbar sein müssen. Dem Aufsichtsrat sei im Februar nur eine Tischvorlage ausgehändigt worden. Das wurde von Aufsichtsräten bereits bestätigt, die erklärten, sie hätten die Unterlagen mit der Zustimmung von (Aufsichtsratsvorsitzendem, Anm.) Berndt erst in der Sitzung erhalten. Für eine Entscheidung über ein Milliardenprojekt höchst außergewöhnlich, aber nicht gesetzeswidrig. Die Aufsichtsräte forderten ausführlichere Informationen ein. Zum Zeitpunkt des Abschlusses Anfang März sei längst klar gewesen, dass Borealis durch die Corona-Krise geschädigt werde. Bereits die Ergebnisse zwischen Dezember bis Anfang März 2020 hätten sich verschlechtert. Die OMV habe aber, heißt es, keine 'Material Adverse Change'-Klausel in den Vertrag reklamiert. Diese MAC-Klausel ermögliche dem Käufer einen Vertragsrücktritt, wenn zwischen Abschluss und Vollzug beim Zielunternehmen oder im Marktumfeld wesentliche nachteilige Änderungen eintreten sollten. Die Klausel sei bei der OMV üblich gewesen. Die Rolle der OMV-Wirtschaftsprüfer EY (Ernst&Young) wird ebenfalls hinterfragt. EY habe den Kaufpreis ermittelt, die Due Diligence (Prüfung im Datenraum) sowie die Fairness Opinion (abschließende Beurteilung) gemacht und führe derzeit ein PPA (Purchase Price Adjustment) durch. Dies ist die erstmalige Bewertung einer Akquisition für den Konzernabschluss. Damit sei jegliche Überprüfung de facto ausgeschlossen, heißt es. Seele wird direkt attackiert, alles deute darauf hin, dass er versuche, den Schaden 'bewusst unter den Teppich zu kehren'. (...) Die Vorwürfe sind wirtschaftlich bedeutsam, sollten sie den Tatsachen entsprechen." 

In Ihrer Beantwortung (3581/AB) unserer Anfrage zu dieser Angelegenheit (3574/J) teilten Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin für Justiz, am 27. November 2020 Folgendes mit: 

"Die in der Anfrage relevierte Anzeige langte am 27. August 2020 im Wege des BKMS-Hinweisgebersystems bei der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) ein. Nachdem am 1. September 2020 durch den zuständigen BKMS-Sachbearbeiter der WKStA an den Hinweisgeber eine (Rück-)Fragenliste übermittelt wurde, langte am 30. September 2020 ein ergänzender Hinweis des Hinweisgebers ein. In Ansehung der vorliegenden Eingaben wird derzeit von der WKStA eine Anfangsverdachtsprüfung (§ 1 Abs 3 StPO) vorgenommen, die bislang noch nicht abgeschlossen ist. Demgemäß wurde bislang kein Ermittlungsverfahren gegen den OMV-Vorstandsvorsitzenden R. S. oder andere Personen eingeleitet."

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Ist die Anfangsverdachtsprüfung der WKStA in der Zwischenzeit abgeschlossen worden? 

a.    Wenn ja: Wann mit welchem Ergebnis? 

2.    Wurde inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen den OMV-Vorstandsvorsitzenden und/oder andere Personen aus dem Umfeld des OMV-Managements und/oder des Aufsichtsrats eingeleitet? 

a.    Wenn ja: Wann?

b.    Wenn ja: Gegen wie viele Personen wurde bis wann und wird aktuell ermittelt? 

c.    Wenn ja: Waren der Anzeige auch Beweise angefügt? 

                                      i.Wenn ja: Welche? 

d.    Wenn nein: Mit welcher Begründung wurde noch kein Ermittlungsverfahren gegen den OMV-Vorstandsvorsitzenden und/oder andere Personen aus dem Umfeld des OMV-Managements und/oder des Aufsichtsrats eingeleitet? 

3.    Wurde im Sinne von § 8 StAG in diesem Zusammenhang der OStA Wien Bericht erstattet? 

a.    Wenn ja: Wann wurde dieser Bericht erstattet? 

b.    Wenn nein: Wieso nicht? 

4.    Wurde im Falle eines Absehens von einem etwaigen Ermittlungsverfahren nach § 35c StAG eine Veröffentlichung der Begründung vorgenommen? 

a.    Wenn ja: Wann und wo wurde diese veröffentlicht? 

b.    Wenn nein: Wieso nicht? 

c.    Wenn nein, wann ist die Veröffentlichung der Begründung geplant?

5.    Wurden in diesem Zusammenhang bereits Personen einvernommen? 

a.    Wenn ja: Wie viele Personen wurden in diesem Zusammenhang bisher jeweils wann als Beschuldigte einvernommen? 

b.    Wenn ja: Wie viele Personen wurden in diesem Zusammenhang bisher jeweils wann als Zeugen einvernommen?

6.    Wurden in diesem Zusammenhang bereits von der WKStA angeordnete Sicherstellungen durchgeführt? 

a.    Wenn ja: Wie viele jeweils wann in welcher Form?

b.    Wenn ja: Bei welchen Personen?

c.    Wenn nein: Wieso nicht?

7.    Gab es seitens des BMJ oder der OStA Wien in diesem Zusammenhang Weisungen?

a.    Wenn ja: Wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

8.    Gab es Dienstbesprechungen mit Ihnen, Ihrem Kabinett, der OStA oder anderen befugten Organen in diesem Zusammenhang?

a.    Wenn ja: Wann fanden diese jeweils zu welchem Verfahren statt, wer nahm daran teil, und was war Anlass bzw. Inhalt der Besprechungen?

b.    Wenn ja: Wurden dabei Weisungen erteilt?

                                      i.Wenn ja: Wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

9.    Ist der OMV-Vorstandsvorsitzende bereits mit dem Inhalt der Anzeige/Ermittlungen konfrontiert worden? 

a.    Wenn ja: Wann und mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein: Wieso nicht? 

10. Ist der OMV-Aufsichtsrat bereits mit dem Inhalt der Anzeige/Ermittlungen konfrontiert worden? 

a.    Wenn ja: Wann und mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein: Wieso nicht? 

11.  Bei der Borealis-Akquisition handelte es sich nach Aktiengesetz um ein zustimmungspflichtiges Geschäft. Hat die WKStA auch Verdachtsmomente gegen Mitglieder des OMV-Aufsichtsrats geprüft?

a.    Wenn ja: Wann und mit welchem Ergebnis? 

b.    Wenn nein: Wieso nicht?