6477/J XXVII. GP

Eingelangt am 30.04.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Folgeanfrage II: Stand der Ausarbeitung einer Regierungsvorlage zum Verbot von Konversions- und vergleichbaren "reparativen Therapieformen"

 

In Österreich sind sog. "Konversionstherapien", auch als Umpolungstherapien bezeichnet, immer noch nicht per Gesetz verboten und das, obwohl sie massive negative Auswirkungen auf die Betroffenen - meist Jugendliche - haben. "Konversionstherapien" sind vermeintlich medizinische Interventionen, die darauf gerichtet sind, die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person gezielt zu verändern oder zu unterdrücken und werden von Ärzt_innen, Psychotherapeut_innen, Heilpraktiker_innen oder gewerblichen Anbieter_innen, Seelsorger_innen und Familienangehörigen durchgeführt. Den Betroffenen wird eingeredet, ihre sexuelle Orientierung sei falsch oder krankhaft und könne therapiert werden, was nicht nur gänzlich falsch und verwerflich ist, sondern bei den Betroffenen zu massiven psychischen Belastungen, Depressionen, Selbsthass bis hin zu Suizidversuchen führen kann. Viele Betroffene leiden ihr Leben lang unter den psychischen und physischen Folgen. Während in Deutschland solche Therapien an Minderjährigen bereits seit 2020 gesetzlich verboten sind, wird das Thema in Österreich lediglich über den Tatbestand der Körperverletzung, Schadensersatzansprüche und einschlägige Berufsgesetze geregelt.

Dass Österreich hier immer noch hinterherhinkt, ist besonders ärgerlich, da seit Sommer 2019 eine einstimmige Entschließung im Nationalrat vorliegt, eine Gesetzesvorlage zu dem Thema zu erarbeiten. Des Weiteren handelt es sich bei der einstimmigen Entschließung ohnehin um ein auf Minderjährige begrenztes Verbot und somit um einen Minimalkonsens, Erwachsene würden nämlich weiterhin von einem Verbot ausgenommen bleiben. Seit Beginn der aktuellen Gesetzgebungsperiode haben NEOS bereits zwei Anfragen zum Stand der Ausarbeitung einer Regierungsvorlage zum Verbot von Konversions- und vergleichbaren "reparativen Therapieformen" gestellt ((1243/J) und 3201/J)) und gehofft, dass der ehem. Grüne Bundesminister Anschober diesen wichtigen Gesetzesentwurf vorantreiben wird. Seine beiden Anfragebeantwortungen zeigten jedoch überraschenderweise sehr deutlich, dass er trotz der einstimmigen Entschließung zur Erarbeitung eines umfassenden Verbots per Gesetz keinerlei Notwendigkeit sah, weitere rechtliche Schritte zu setzen. Es erging lediglich ein Rundschreiben (BMASGK-92100/0108- IX/A/3/2019 vom 29. Oktober 2019) an Behörden, Kammern und einschlägige Berufsverbände, das selbst laut Herrn Anschober keine rechtsverbindliche Wirkung hatte und nur indirekt auf "Konversionstherapien" verwies - dabei wollte man es von Seiten der Bundesregierung belassen.

Auf die erwähnte Folgeanfrage hin, in der wir klar dargelegt haben, warum einschlägige Berufsgesetze, Schadenersatzansprüche und dergleichen keinesfalls ausreichen, um Minderjährige ausreichend vor solchen massiv belastenden Eingriffen zu schützen, entschied sich Herr Anschober, nicht oder nur ausweichend zu antworten. Wir hoffen durch den kürzlich erfolgten Wechsel an der Spitze des Gesundheitsministeriums auch auf einen Perspektivenwechsel hinsichtlich der wichtigen Thematik der "Konversionstherapien", v.a. im Sinne der betroffenen Jugendlichen. Deutschland hat im vergangenen Jahr ein solches Verbot per Gesetz beschlossen, das auch für Österreich Vorbildwirkung haben kann und muss. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Werden Sie der einstimmigen Entschließung (82/E XXVI. GP) zur Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfes für ein Verbot von "Konversions- und vergleichbaren 'reparativen Therapieformen'" nachkommen und - ggf. auch interministeriell - an einem ebensolchen Gesetzesentwurf arbeiten?

a.    Wenn ja, bis wann kann mit der Vorlage dieses Gesetzesentwurfes im Nationalrat gerechnet werden?

b.    Wenn nein, warum nicht?

2.    In der Anfragebeantwortung (3213/AB) meinte Herr Anschober, "die Schaffung einer strafrechtlichen Norm gemeinsam mit dem zuständigen Justizressort [sei] in Diskussion".

a.    Was ist der genaue Inhalt und Stand dieser Diskussion und zu welchen Ergebnissen bzw. Schlüssen ist man bislang gekommen?

b.    Wie soll diese strafrechtliche Norm im Detail aussehen?

c.    Handelt es sich dabei um eine Verortung im Verwaltungs- oder im gerichtlichen Strafrecht?

3.    In der Anfragebeantwortung (3213/AB) hat Herr Anschober in Bezug auf die deutsche Gesetzesvorlage ebenso Gespräche mit der Justizministerin angekündigt. Haben diese Gespräche bereits stattgefunden?

a.    Wenn ja, was war deren Inhalt und zu welchen Schlüssen und Ergebnissen ist man hinsichtlich des deutschen Gesetzes gekommen?

b.    Wenn nein, werden Sie diese Gespräche im Sinne eines umfassenden interministeriellen Gesetzesentwurfes aufnehmen und wann? 

4.    Halten Sie die derzeitige Rechtslage als zuständiger Fachminister für ausreichend, um ein vollumfängliches Verbot solcher "Konversionstherapien" - auch außerhalb des therapeutischen oder in anderer Art durch Berufsgesetze abgedeckten Kontexts - und somit den vollumfänglichen Schutz von Minderjährigen zu gewährleisten?

5.    Wie gehen Sie in Bezug auf die derzeitige Rechtslage mit Fällen um, in denen Minderjährige mehr oder weniger freiwillig an solchen sog. Therapien, möglicherweise auch außerhalb des therapeutischen Kontextes, teilnehmen?