6484/J XXVII. GP
Eingelangt am 03.05.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Reform der Abfertigung
Für alle Dienstverhältnisse, die ab dem 1.1.2003 abgeschlossen wurden, gibt es mit der Abfertigung Neu ein Abfertigungssystem über eine betriebliche Vorsorgekasse (BVK).
Die Abfertigung Neu wird aktuell über acht betriebliche Vorsorgekassen abgewickelt (APK Vorsorgekasse AG, Allianz Vorsorgekasse AG, BONUS Vorsorgekasse AG, BUAK Betriebliche Vorsorgekasse GesmbH, fair-finance Vorsorgekasse AG, Niederösterreichische Vorsorgekasse AG, Valida Plus AG, VBV – Vorsorgekasse AG). Drei der Vorsorgekassen – VBV Vorsorgekasse AG, Valida Plus AG und die Allianz Vorsorgekasse AG – verwalten rund 70 % des Vermögens.
Die Aufsicht über die betrieblichen Vorsorgekassen erfolgt durch die Finanzmarktaufsicht.“ Eine Betriebliche Vorsorgekasse ist ein Unternehmen, welches nach dem Bankwesengesetz dazu berechtigt ist, das Betriebliche Vorsorgekassengeschäft zu betreiben. Es umfasst die Hereinnahme und Veranlagung von Abfertigungs- und Selbständigenvorsorgebeiträgen. Diese Beiträge stehen im Eigentum der Betrieblichen Vorsorgekasse, die diese treuhändig für die Anwartschaftsberechtigen hält und verwaltet. Für diese Tätigkeit ist eine eigene Konzession nach dem Bankwesengesetz erforderlich.“ Ist dazu auf der Seite der FMA nachzulesen.
Einer Studie der GPA zufolge
- verwalteten die Vorsorgekassen Ende 2019 insgesamt ein Vermögen von rund EUR 13,31 Mrd.
- Die Zahl der Anwartschaftsberechtigten lag Ende 2019 bei 3,62 Mio. inklusive der einbezogenen Selbständigen.
- Die Veranlagungserträge in den Veranlagungsgemeinschaften betragen im Zeitraum 2003-2019 EUR 2,36 Mrd.
- Die Verwaltungskosten die den Veranlagungsgemeinschaften in Abzug gebracht werden, summierten sich auf EUR 892,7 Mio. Das heißt, dass die von den Kassen verrechneten Kosten 37,8% der erzielten Erträge ausgemacht haben.
- 2019 beliefen sich die Gewinne der Kassen auf etwa EUR 51,3 Mio. Die durchschnittliche Eigenkapitalrendite aller Vorsorgekassen lag 2019 bei 21,6 %.
- Die Ausschüttungsquote, die die Dividenden an die Eigentümer angibt, lag 2019 bei 24 %.
- Die Verwaltungskosten lagen bei 1,3 % und 2,2 %. Bei den Vermögensverwaltungskosten verrechnen aber noch 4 von 8 Anbietern relativ hohe 0,6 % bzw. 0,7 % des Vermögens (APK, Allianz, Bonus, Valida Plus, VBV). Im Gegensatz dazu gibt es aber einen Anbieter, der auch mit 0,4 % Vermögensverwaltungskosten auskommt: die BUAK – das ist jene Kasse, die keinen Finanzinstitutionen gehört und damit nicht unter Renditedruck seitens der Eigentümer steht.
Der FMA-Jahresbericht 2019 zeichnet zu den betrieblichen Vorsorgekassen folgendes Bild:

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachstehende
Anfrage:
1.
Liegen Ihrem
Ressort Daten vor, wie viele Abfertigungen 2018, 2019 und 2020 ausbezahlt
wurden? Falls ja, bitte um Anführung gegliedert nach Höhe der
Abfertigung (Gesamtbetrag; arithmetisches Mittel; Quartile), nach Zahl der
Beitragsmonate (Gesamtsumme; Durchschnitt) und nach Geschlecht (bitte bei
Auszahlung von Teilbeträgen aus verschiedenen Kassen die ausbezahlten
Gesamtbeträge ausweisen)?
2.
Wie viele ArbeitnehmerInnen hatten 2018,
2019 und 2020 trotz Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses keinen
Anspruch auf Auszahlung bereits erworbener Abfertigungsanwartschaften, weil zum
Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die erforderlichen drei
Beitragsjahre noch nicht erreicht waren bzw. das Dienstverhältnis ohne Auszahlungsanspruch
beendet wurde (bitte gegliedert nach betrieblichen Vorsorgekassen, nach
Bundesländern und Geschlecht anführen)?
3.
Geringe
Veranlagungserträge, hohe Kosten auf Beiträge und verwaltetes
Vermögen und der bescheidene Beitragssatz von 1,53 Prozent bewirken, dass
die Leistungshöhe der Abfertigung Neu deutlich unter der alten Abfertigung
bzw deutlich unter den Erwartungen bei Schaffung der „Abfertigung
neu“ bleibt. Liegen Ihrem Ressort dazu statistische Erhebungen oder
Untersuchungen vor? Wenn ja, was besagen diese? Wenn nein, werden Sie entsprechende
Erhebungen in Auftrag geben?
4.
Welche
Möglichkeiten sieht Ihr Ressort, damit die Höhe der Abfertigung Neu
an die Höhe der Abfertigung Alt herangeführt bzw den
ursprünglichen Erwartungen gerecht wird? Ist die Erhöhung der
Arbeitgeberbeiträge in die betrieblichen Vorsorgekassen z.B. auf 2,5%
geplant?
5.
Arbeiterkammern,
der ÖGB aber auch die GPA fordern schon seit längerem die
Überarbeitung der gesetzlichen Regelungen, um eine kostengünstigere
Administration der „Abfertigung neu“ sicherzustellen. Welche Schritte
sind diesbezüglich seitens Ihres Ressorts geplant, damit von
Effizienzverbesserungen bei einer Reform des Systems auch die ArbeitnehmerInnen
als Anwartschaftsberechtigte deutlich profitieren?
6.
ArbeitnehmerInnen,
die öfter den Dienstgeber wechseln, haben ihre Abfertigungsanwartschaften
bei mehreren betrieblichen Vorsorgekassen liegen. Ist geplant, die
Anwartschaften nach dem „Rucksack-Prinzip“ bei der jeweils
aktuellen Kasse zusammenzuführen?
7.
Nach
geltender Rechtslage (§ 26 BMSVG) dürfen betriebliche Vorsorgekassen
von den eingenommenen Abfertigungsbeiträgen Verwaltungskosten abziehen.
Die gesetzliche Bandbreite ist zwischen 1,0 % und 3,5 % der
Abfertigungsbeiträge festgesetzt. Wie hoch waren die verrechneten
Verwaltungskosten 2018, 2019 und 2020 bei den einzelnen betrieblichen
Vorsorgekassen? Welcher Prozentsatz wurde durchschnittlich im Kalenderjahr
2018, 2019 und 2020 veranschlagt?
8.
ArbeitnehmerInnen-Interessenvertretungen
fordern die Herabsetzung der gesetzlichen Obergrenzen für die Verrechnung
von Verwaltungskosten durch die betrieblichen Vorsorgekassen; vor allem wird
– vor dem Hintergrund des massiven Anstiegs des verwalteten
Vermögens – eine Reduktion der höchsten gesetzlich
zulässigen Verrechnung von Vermögensverwaltungskosten von 0,8% auf
0,5 % gefordert. Welche Position nimmt Ihr Ressort zu dieser Forderung ein?
9.
Ist es
geplant, bei den betrieblichen Vorsorgekassen durch die verpflichtende
Ausweisung der Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio) für mehr
Transparenz bei den Kosten der eingesetzten Veranlagungsprodukte zu sorgen?
10.
In den
letzten Jahren steigen die Einnahmen der betrieblichen Vorsorgekassen aus
verrechneten Verwaltungskosten deutlich stärker als deren real anfallende
Betriebsaufwendungen. Diese Differenz vergrößert sich mit steigendem
Veranlagungsvolumen laufend, was zu steigenden Eigenkapitalrenditen
geführt hat. Ist geplant, die verrechenbaren Gebühren bzw.
Kostensätze gesetzlich enger zu limitieren und zu senken, damit die
Abfertigungskassen nicht nur ein Geschäft für ihre Eigentümer
sind, sondern auch eine positive Realverzinsung für die ArbeitnehmerInnen
bringen?
11.
Die
Coronakrise hat zu massiven Verwerfungen am Arbeitsmarkt geführt.
Zahlreiche Menschen sind arbeitslos und würden zur Überbrückung
finanzieller Engpässe gerne auf ihre Abfertigungsansprüche
zurückgreifen – was aufgrund geltender Rechtslage aber nur für
jene möglich ist, die bereits mindestens drei Einzahlungsjahre erreicht
haben. Unterstützen Sie die Forderung, dass die Auszahlung der Abfertigung
Neu unabhängig von der Beitragsdauer bei Arbeitgeberkündigung
möglich sein wird?
12. Ende 2019 gab es 3,62 Mio Anwartschaftsberechtigte (siehe oben). Wie viele Anwartschaften entfielen auf Unselbständige bzw Selbständige und zu wie vielen bestehenden Anwartschaften wurden jeweils laufende Beiträge gezahlt?