6533/J XXVII. GP
Eingelangt am 03.05.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Troch,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend das Abstimmungsverhalten Österreichs bei der jüngsten Jahrestagung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen über Resolutionen betreffend den Nahostkonflikt
In einem offenen Brief (siehe unten) an den Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz und den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg haben jüngst zahlreiche UnterzeichnerInnen Fragen an die beiden Regierungsmitglieder gestellt.
Die Resolution lautete wie folgend:
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Sehr geehrter Herr Bundesminister!
Bei der jüngsten Jahrestagung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen in Genf hat das Verhalten Österreichs bei Abstimmungen über israelkritische Resolutionen bei vielen TeilnehmerInnen und BeobachterInnen für Verwunderung gesorgt. Dies betrifft vor allem die Resolution A/HRC/46/L.31 (Action on Resolution on the Human Rights Situation in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem, and the Obligation to Ensure Accountability and Justice).
Hier geht es nach Meinung der UnterzeichnerInnen dieses Schreibens vor allem um zwei aufklärungsbedürftige Prozesse:
1. Das Abstimmungsverhalten bei der zitierten Resolution (Österreich war neben Bulgarien das einzige weitere EU-Land unter den insgesamt sechs Gegenstimmen; mit Ausnahme der Tschechischen Republik, welche sich mit sieben weiteren Staaten der Stimme enthalten hat, haben sämtliche vertretenen EU-Staaten für die Resolution gestimmt) steht in einem krassen Gegensatz zur traditionellen österreichischen Position bei ähnlichen Abstimmungen im Rahmen der Vereinten Nationen. Zieht man auch durchaus vergleichbare Positionierungen Österreichs auf bilateraler und multilateraler Ebene bei nahostpolitischen Themen im Laufe der vergangenen Jahre in Betracht, so ist tatsächlich eine radikale Veränderung der österreichischen Nahostpolitik festzustellen. Die Unterzeichneten erlauben sich daher die Frage, auf welcher Basis und unter Berücksichtigung welcher politischen, völkerrechtlichen und sonstigen Gesichtspunkte dieser außenpolitische Kurswechsel zustande gekommen ist. Informationen der UnterzeichnerInnen zufolge gab es im Laufe der letzten Jahre in der Entwicklung des Völkerrechtes keine Veränderungen, die einen derartig gravierenden Schwenk rechtfertigen würde.
2. In diesem Zusammenhang ist auch das von der überwiegenden Mehrheit der anderen EU-Staaten deutlich abweichende Abstimmungsverhalten bemerkenswert. Wir erlauben uns daher die zweite konkrete Frage, nämlich wie und unter Beachtung welcher sachlichen Beweggründe dieses Abweichen von grundlegenden menschenrechtlichen Position zustande gekommen ist.
Die Unterzeichneten sind der Überzeugung, dass eine derartig gravierende Positionsänderung in einem für Österreich und Europa äußerst wichtigen Bereich der Außenpolitik nur auf Basis einer breiten öffentlichen Diskussion und nach Befassung des außenpolitischen Ausschusses des Nationalrates vorgenommen werden sollte. Wir erwarten daher, dass die von uns formulierten Fragen Anlass zu einer derartigen sachlichen Debatte geben mögen.
ErstunterzeichnerInnen
Karl Blecha, BM a.D.
Fritz Edlinger, Herausgeber der Zeitschrift INTERNATIONAL
Erwin Lanc, BM a.D.
Dr. Eva Nowotny, Botschafterin a.D.
Dr. Wolfgang Petritsch, Botschafter a.D.
Die unterzeichnenden Abgeordneten, die die gegenständliche parlamentarische Anfrage unterzeichnen sind der Auffassung, dass die im offenen Brief gestellten Fragen auch vom parlamentarischen Interesse sind.
In diesem Sinn, stellen die unterzeichnenden Abgeordneten nachstehende
Anfrage
1. Warum hat Österreich bei
der im offenen Brief genannten Resolution abweichend von allen anderen
EU-Staaten – mit Ausnahme von Bulgarien – gestimmt?
2. Warum hat Österreich damit eine radikale Veränderung der bisherigen österreichischen Nahostpolitik vorgenommen?
3. Auf welcher Basis und unter Berücksichtigung welcher politischen, völkerrechtlichen und sonstiger Gesichtspunkte ist dieser außenpolitische Kurswechsel zustande gekommen?
4. Hat es in den letzten Jahren in der Entwicklung des Völkerrechts derart schwerwiegende Veränderungen gegeben, die einen derartig gravierenden Schwenk rechtfertigen würden?
5. Wie und unter Beachtung welcher
sachlichen Beweggründe ist dieses Abweichen von grundlegenden,
menschenrechtlichen Positionen zustande gekommen?
6. Teilen Sie die Auffassung, dass eine derartig gravierende Positionsänderung in einem für Österreich und Europa äußerst wichtigen Bereich der Außenpolitik nur auf Basis einer breiten öffentlichen Diskussion und nach Befassung des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrates vorgenommen werden sollte?