6544/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.05.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Angekündigte Reformen im Glückspielwesen: Stand der Umsetzung
Am 11. Februar 2021 fand bei Ihnen, Herr Bundesminister, eine Hausdurchsuchung statt. Die in der "CASAG-Affäre" ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vermutet auf Grund einer Vielzahl ausgewerteter Chatnachrichten, dass aus der Sphäre der Novomatic AG eine finanzielle Zuwendung in die Sphäre der ÖVP in Zusammenhang mit einer Unterstützung des Unternehmens betreffend einer Steuernachforderung der italienischen Finanzbehörden erfolgt sein könnte.
Stellvertretend für die vielen bereits medial bekannten Chatnachrichten, die diese Verdachtslage erhärten, sei folgendes SMS von Novomatic-CEO Neumann an Sie, Herr Bundesminister, vom 12. Juni 2017 hier angeführt:
"Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problemes (sic), das wir in Italien haben!"
Sie werden von der WKStA als Beschuldigter geführt. Das gesamte Glückspielwesen liegt damit in der Kompetenz eines Finanzministeriums, an dessen organisatorischer Spitze ein Minister steht, gegen den wegen des Verdachts der Bestechung in Zusammenhang mit Spendenangeboten der Novomatic an die ÖVP ermittelt wird. Es besteht somit der Verdacht fehlender Objektivität und Sachlichkeit genau in jenen Agenden, für welche Sie, Herr Bundesminister, nach dem Bundesministeriengesetz zuständig sind.
Unabhängig von diesem untragbaren Zustand wäre eine Ausgliederung der Glückspielagenden aus dem BMF sinnvoll: Der Bund profitiert einerseits über Steuereinnahmen vom Glücksspiel, ist aber andererseits für den Schutz der Spieler_innen vor Sucht zuständig. Sowohl Steuererhebung als auch Spielerschutz liegen in der Kompetenz und daher Verantwortung des BMF. Der Konflikt zwischen den fiskalischen Interessen des BMF am Glücksspiel und der Einrichtung einer Spielerschutzstelle bei selbigem Ministerium ist offenkundig. Diesbezügliche Fragen (Anfrage vom 24.6.2019 "Reformbedarf und Umgang mit Expertenberichten im Glücksspielrecht", 3879/J XXVI. GP, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/J/J_03789/index.shtml) wurden vom BMF unklar beantwortet, das BMF unter Eduard Müller verteidigte die zweigleisige Kompetenzlage jedoch nicht explizit.
Auch im aktuellen Regierungsprogramm findet sich der Passus:
"Die Bundesregierung strebt eine Entflechtung der unterschiedlichen Rollen des BMF im Bereich des Glücksspiels an."
Weiters wurde medial von Ihrer Seite, Herr Bundesminister, seit Frühjahr letzten Jahres bereits mehrfach die Schaffung einer unabhängigen Glückspielbehörde verkündet - ohne diesen Ankündigungen Taten folgen zu lassen (vgl. etwa: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2052674-Bluemel-will-Austro-Loesung-fuer-Casinos.html).
Nach Bekanntwerden Ihres Beschuldigtenstatus wurde von Ihnen wiederum die Schaffung einer unabhängigen Glückspielbehörde medial angekündigt, ebenso eine Reform des gesamten Glückspielwesens.
Im 49. Ministerrat wurde ein Vortrag zur Neuordnung des Glückspielwesens beschlossen. In diesem ist unter anderem festgehalten: "Die Zuständigkeiten im Bereich der Aufsicht und Lizenzen sollen an eine unabhängige, weisungsfreie und neu geschaffene Aufsichtsbehörde bzw. einen richterlichen Konzessions-Senat übertragen werden."
Prinzipiell begrüßen die Anfragesteller_innen diese Überlegungen und verweisen auch auf eigene eingebrachte Anträge in diesem Zusammenhang wie etwa 446/UEA vom 16.2.2021 "Kompetenzbereinigung im Bereich des Glückspielwesens sowie Zuständigkeitsänderung".
Problematisch erscheint allerdings das mangelnde Tempo der Umsetzung der Ausgliederung der Glückspielagenden vor dem Hintergrund der oben geschilderten im Raum stehenden Situation, in der Sie, sehr geehrter Herr Minister, sich befinden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wann ist mit der angekündigten Ausgliederung der Zuständigkeiten im Bereich der Aufsicht und Lizenzen an eine unabhängige, weisungsfreie und neu geschaffene Aufsichtsbehörde bzw. einen richterlichen Konzessionssenat zu rechnen?
a. Seit wann laufen die diesbezüglichen Vorarbeiten (bitte schildern Sie die Chronologie der gesetzten Schritte im Detail!)?
2. Warum dauert die Umsetzung der bereits im Regierungsprogramm verankerten Kompetenzbereinigung derart lange?
3. Wann soll die neu geschaffene Behörde ihre Arbeit operativ aufnehmen?
4. Wie viele Mitarbeiter_innen sollen für diese Behörde tätig sein?
5. Welche konkreten Verbesserungen im Bereich des Spielerschutzes sind geplant (gemeint: nicht nur IP-Blocking illegaler Anbieter sondern auch im Bereich des Spielangebots der Konzessionäre)?
6. Inwieweit sind Vertreter_innen der Spielerschutz-Stabstelle im BMF in die Reformpläne eingebunden?
7. Inwieweit und wenn ja welche Expert_innen aus dem Bereich Spielerschutz sind in die Reformpläne eingebunden?
8. Ist eine Aufwertung der Spielerschutzstelle im Rahmen der Reformpläne vorgesehen?
a. Wenn ja: wie soll diese im Detail gestaltet sein?
b. Wenn nein: warum nicht?
9. Anlässlich der Berichterstattung vom 24. April 2021: Können Sie bestätigen, dass eine Ausschreibung der Konzessionen der Österreichischen Lotterien GmbH bereits vor 2027 auf Grund der Vertragslage möglich ist?
a. Wenn ja, ist dies angedacht?
b. Wenn ja, wann wurde dies mit wem erstmals, und dann wann weiters in der Folge, in Erwägung gezogen
i. in Gesprächen mit Ihnen?
ii. in Gesprächen mit welcher/r zuständigen Kabinettsmitarbeiter_in?
iii. in Gesprächen mit welcher/r zuständigen Mitarbeiter_in auf Beamt_innenebene?
c. Wenn ja: wer warb für/ersuchte um/sprach sich für eine derartige Ausschreibung wann aus
i. in Gesprächen mit Ihnen?
ii. in Gesprächen mit welcher/r zuständigen Kabinettsmitarbeiter_in?
iii. in Gesprächen mit welcher/r zuständigen Mitarbeiter_in auf Beamt_innenebene?