6548/J XXVII. GP
Eingelangt am 06.05.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Dialogforum Sterbehilfe
Laut Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Dezember 2020 muss bis spätestens 31.12.2021 der §78 des Strafgesetzbuches angepasst werden, sodass eine Tötung auf Verlangen unter der Bedingung eines "ernstlichen und eindringlichen Verlangens" nicht länger strafbar ist.
Eine derartige Gesetzesänderung führt allerdings zur Notwendigkeit eines Gesetzesrahmens, beispielsweise hinsichtlich der Frage, was unter ernstlichen und eindringlichen Verlangen auf Tötung zu verstehen sei. Andernfalls ist mit einer Grauzone zu rechnen, die vielen Menschen wiederum keine rechtliche Sicherheit gibt - sowohl Patienten, als auch Ärzten. Die rechtliche Sicherheit ist allerdings notwendig, damit Patienten das vom Verfassungsgerichtshof festgelegte Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben in Würde garantiert wird.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes beinhaltet mehrere Aspekte, die eine eigene gesetzliche Regelung vonnöten machen. So etwa:
· Der Suizidwillige hat das Recht auf selbstbestimmtes Sterben in Würde. Dazu muss er die Möglichkeit haben, die Hilfe eines dazu bereiten Dritten in Anspruch zu nehmen. - Der Gesetzgeber hat also festzulegen, welche Formen der Hilfe in Anspruch genommen werden können
· Der Gesetzgeber hat Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch vorzusehen, damit die betroffene Person ihre Entscheidung zur Selbsttötung nicht unter dem Einfluss Dritter fasst. - Der Gesetzgeber hat also festzulegen, welche Sicherheitsmechanismen zur Verhinderung von Missbrauch eingeführt werden sollen
· Da die Selbsttötung irreversibel ist, muss die entsprechende freie Selbstbestimmung der zur Selbsttötung entschlossenen Person tatsächlich auf einer nicht bloß vorübergehenden, sondern dauerhaften Entscheidung beruhen. Sowohl der Schutz des Lebens, als auch das Recht auf freie Selbstbestimmung verpflichten den Gesetzgeber, die Hilfe eines Dritten bei der Selbsttötung zuzulassen, sofern der Entschluss auf einer freien Selbstbestimmung beruht, diesem also ein aufgeklärter und informierter Willensentschluss zugrunde liegt. - Der Gesetzgeber hat festzulegen, welche Umstände einen Willensentschluss als aufgeklärt und informiert definieren und wie die freie Willensbildung dazu belegt werden kann (1).
Das Justizministerium hat zum Zwecke der Gesetzfindung ein "Dialogforum Sterbehilfe" eingerichtet. In diesem sind Berichten zufolge rund 25 Organisationen von Religionsgemeinschaften bis Ärztekammer, Universitäten und Pflegeeinrichtungen vertreten und sollen Ende April eine Woche über die zukünftigen Regelungen beraten (2). Unklar ist allerdings, auf welcher Basis die Zivilrechts-Sektion die Teilnehmer dieses Dialogforums ausgesucht hat.
(1) https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Erkenntnis_G_139_2019_vom_11.12.2020.pdf
(2) https://www.diepresse.com/5964065/justizministerium-richtet-dialogforum-sterbehilfe-ein
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Welche Organisationen/ Interessenverbände/ Religionsgemeinschaften/ Institutionen etc wurden eingeladen am Dialogforum Sterbehilfe teilzunehmen?
2. Welche Organisationen/ Interessenverbände/ Religionsgemeinschaften/ Institutionen etc haben zugesagt?
3. Welche Organisationen/ Interessenverbände/ Religionsgemeinschaften/ Institutionen etc haben abgesagt?
4. Auf welcher Basis wurden die potenziellen Teilnehmer des Dialogforums ausgesucht?
5. Warum wurden Religionsgemeinschaften eingeladen, an dem Dialogforum teilzunehmen?
6. Wie stellen Sie die Trennung zwischen Staat und Kirche sicher, wenn Sie Kirchen und Religionsgemeinschaften aktiv in die Erarbeitung eines Regelungsentwurfs einbeziehen?
7. Wurden Interessenvertreter wie die Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende oder letzte Hilfe - Recht auf selbstbestimmtes Sterben eingeladen an dem Dialogforum teilzunehmen?
a. Wenn nein, warum nicht?