Eingelangt am 12.05.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Julia Herr, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Massensteuern für die Ärmsten, statt Vermögenssteuern für die Reichsten?
Ein geleakter Regierungsentwurf zum Klimaschutzgesetz sorgt seit Tagen für große Aufregung und Verwunderung. Im Gesetzesentwurf ist ein Automatismus vorgesehen, der zu einer Erhöhung von Mineralölsteuer und Erdgasabgabe um 50 Prozent führen würde, sollte die Regierung die Klimaziele verfehlen.
Die automatischen Massensteuererhöhungen im Entwurf zum Klimaschutzgesetz kommen einer Selbstaufgabe der Regierung gleich: Wenn die Politik versagt, gute Klimapolitik zu machen und die Klimaziele nicht einhält, wird die Bevölkerung durch Preiserhöhungen bestraft! Die Mineralölsteuer und die Erdgasabgabe sind zweifelsohne Massensteuern, die – das zeigen sämtliche Studien – Gering- und MittelverdienerInnen besonders hart treffen würden. Im Klimaschutzgesetz ist für diese Haushalte kein sozialer Ausgleich vorgesehen, keine Spur von Öko-Bonus.
Wie hoch die Belastung wäre, zeigt eine einfache Rechnung für einen Durchschnittshaushalt mit Diesel-PKW und Gasheizung:
Mineralölsteuer Diesel: 39,7 Cent pro Liter x 0,5 plus Umsatzsteuer = 23,8 Cent
Erdgasabgabe: 6,6 Cent pro m3 mal 0,5 plus Umsatzsteuer = 3,96 Cent
Auto: 13.000 km a 7,5 l/100 km mal 23,8 Cent/Liter = 232,05 Euro Mehrkosten im Jahr
Heizung:15.000 kwh a 10 kwh/m3 mal 3,96 Cent = 59,4 Euro Mehrkosten im Jahr
Summe Belastungen: 291,5 Euro pro Jahr
Eine jährliche Steuererhöhung von 300 Euro ist vielleicht für jemanden wie Ihren guten Freund Thomas Schmid mit einem Jahresgehalt von 600.000 Euro und auch für Sie als Bundeskanzler, leicht zu schlucken, für viele Familien – die bereits von der Wirtschaftskrise hart getroffen werden – aber kaum zu stemmen.
Gleichzeitig gibt es kaum ein Land in Europa, in dem Millionenerbschaften nicht besteuert werden. Nur in Österreich leistet sich die türkis-grüne Regierung diesen Luxus. Hängt dies vielleicht damit zusammen, dass eine Erbschaftssteuer auf Millionenerbschaften praktisch alle ÖVP-SpenderInnen, treffen würde?
Eine Klimapolitik auf dem Rücken derer, die ohnehin mit geringen Einkommen zu kämpfen haben, ist das Schlechteste aus beiden Welten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Verfügen Sie über einen Dienstwagen?
2. Wie hoch waren die Anschaffungskosten für Ihren Dienstwagen?
3. Wie hoch waren die Spritkosten für Ihren Dienstwagen im Jahr 2020 und wie hoch war die darin enthaltene bezahlte Mineralölsteuer?
4. Sieht Ihr Regierungsprogramm eine automatische Erhöhung von Mineralölsteuer und Erdgasabgabe, bei Nicht-Erreichung der Klimaziele vor?
5. Falls Ja, aus welcher Passage im Regierungsprogramm lässt sich diese Maßnahme ableiten?
6. Falls Nein, wie kann es sein, dass dazu nun ein Gesetzesvorschlag des Koalitionspartners in den Medien kursiert?
7. Würden Sie im Ministerrat einer Regierungsvorlage, die eine Erhöhung der Mineralölsteuer enthält, die Zustimmung erteilen und diese als Gesetzesinitiative auf den Weg bringen?
8. Würden Sie im Ministerrat einer Regierungsvorlage, die eine Erhöhung der Erdgasabgabe enthält, die Zustimmung erteilen und diese als Gesetzesinitiative auf den Weg bringen?
9. Werden Sie in der laufenden Regierungsperiode – auch zur gerechten Finanzierung der Kosten der Corona-Krise – eine Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Millionenerbschaften einführen?
10. Werden Sie in der laufenden Regierungsperiode – auch zur gerechten Finanzierung der Kosten der Corona-Krise – eine Millionärssteuer einführen?
11. Gibt es Berechnungen, welche zusätzlichen Kosten bei einer Erhöhung von Mineralölsteuer und Erdgasabgabe um 50 Prozent, auf die SteuerzahlerInnen zukommen würden?
a. Wenn ja, wie lauten diese und deren Ergebnisse?
12. Gibt es Studien, wie sich eine solche Erhöhung der Mineralölsteuer und Erdgasabgabe auf Haushalte mit geringem Einkommen auswirken würden?
a. Wenn ja, wie lauten diese und deren Ergebnisse?
13. Gibt es Studien, welche Bevölkerungsgruppen eine solche Erhöhung der Mineralölsteuer und Erdgasabgabe im Verhältnis zu ihrem Einkommen am schwersten treffen würde?
a. Wenn ja, wie lauten diese und deren Ergebnisse?
14. Gibt es Studien oder Berechnungen dazu, wie viele Haushalte zusätzlich unter die Armutsgrenze fallen würden, wenn es zu einer eine Erhöhung der Mineralölsteuer und Erdgasabgabe kommen würde?
a. Wenn ja, wie lauten diese und deren Ergebnisse?
15. Gibt es Studien, wie sich eine solche Erhöhung der Mineralölsteuer und Erdgasabgabe auf den CO2-Ausstoß auswirken würde?
a. Wenn ja, wie lauten diese und deren Ergebnisse?
16. Gibt es Studien, ob eine solche Erhöhung der Mineralölsteuer und Erdgasabgabe auch bei Menschen mit hohem Einkommen und/oder Vermögen zu einem geringeren CO2-Ausstoß führt oder dies nur bei Menschen mit geringem Einkommen der Fall ist, weil diese sich mehr Steuern nicht leisten können?
a. Wenn ja, wie lauten diese und deren Ergebnisse?
17. Sollten Sie eine oder mehr der Fragen Nummer 12 bis 16 mit Nein beantwortet haben: Werden sie eine oder mehrere Studien in Auftrag geben, um obige Fragen beantworten zu können?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, bis wann?
c. Wenn nein, auf welcher Basis werden Sie Ihre Entscheidung für oder gegen eine Erhöhung der Mineralölsteuer und Erdgasabgabe treffen?
18. Rund 80% des Steueraufkommens wird aktuell von ArbeiterInnen, Angestellten, PensionistInnen und KonsumentInnen getragen. Vermögensbezogene Steuern sind in Österreich hingegen, auch im internationalen Vergleich, extrem niedrig. Das führt dazu, dass schlussendlich auch ArbeiterInnen, Angestellte, PensionistInnen und KonsumentInnen die Hauptlast zur Finanzierung der Kosten der Corona-Krise, aber auch des Klimaschutzes, tragen werden. Werden Sie in der laufenden Regierungsperiode diese Schieflage durch eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen ändern und wenn ja, durch welche?
a. Höhere Besteuerung von Großunternehmen und Konzernen?
b. Finanztransaktionssteuer?
c. Besteuerung von Millionen-Vermögen und -Erbschaften?
d. Gerechte Besteuerung von Krisen-Profiteuren (wie Amazon)?
19. Gibt es Berechnungen von Ihrem Ministerium oder Studien, die Ihr Ministerium beauftragt hat, welches zusätzliche Steueraufkommen eine Besteuerung von Millionen-Vermögen und -Erbschaften bringen könnte?
a.
Wenn ja, wie lauten
diese und deren Ergebnisse?
20.
Viele ExpertInnen
und internationale Organisationen, wie etwa die OECD, befürworten eine
Vermögensbesteuerung. Was spricht Ihrer Meinung nach für eine
Besteuerung von Millionenvermögen, was dagegen?
21. Stimmen Sie der Aussage zu, dass vermögensbezogene Steuern für den Wirtschaftsstandort besser sind als höhere Steuern auf Arbeit und höhere Massensteuern?
a. Wenn ja, warum?
b.
Wenn nein, warum
nicht?
22.
Der Anteil der
vermögensbezogenen Steuern am Gesamtsteueraufkommen in Österreich
liegt mit ca. 1,3% weit unter dem OECD-Durchschnitt mit 5,7%. Welches
zusätzliche Steueraufkommen könnte erzielt werden, wenn der
österreichische Anteil der vermögensbezogenen Steuern am
Gesamtsteueraufkommen dem OECD-Durchschnitt entsprechen würde?
23. Gibt es Studien oder Berechnungen dazu, wie sich die Vermögensverteilung in Österreich seit Beginn der Corona-Krise entwickelt hat?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, was ist deren Erkenntnis?
c. Wenn nein, warum nicht?
d. Wenn nein, werden Sie dies erheben?