6620/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.05.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Werbesendungen im ORF

 

Gleich dreimal trat ÖVP-Bundesministerin Magarete Schramböck im Jahr 2020 in einer jeweils fast einstündigen Belangsendung im ORF auf. Diese Sendungen waren als "Sondersendungen" getarnt. Was klingt wie der Beitrag einer Satirezeitschrift, ist leider tatsächlich Realität: Im Juni, Oktober und November 2020 wurde im ORF jeweils eine Sondersendung mit dem Titel "ORF III Spezial Digital Austria" ausgestrahlt. In der Juni-Folge gab darin auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz ein Statement ab. Dies ist auf vielen Ebenen problematisch, u.a. weil der Trennungsgrundsatz von Redaktion sowie Verlags- und Geschäftsangelegenheiten missachtet wird. 

Der Juni Beitrag:  www.youtube.com/watch?v=fcvjLXlPfLg  (Wrabetz Statement ab Minute 47) (Wrabetz Statement ab Minute 47). Dort (und nur dort) findet sich im Abspann „Hergestellt durch ORF-Radiokulturhaus“.

Im Oktober war Wirtschaftsministerin Schramböck selbst als Hauptgast geladen. Am Ende der Sendung wird ersichtlich, dass die Produktion im BMDW erfolgte.

Der Oktober Beitrag: https://youtu.be/ekJj6pL4Lds

In der Novemberausgabe dreht sich dann alles um das Kaufhaus Österreich. Neben Wirtschaftskammerpräsident Haraald Mahrer, der gemeinsam mit Bundesministerin Magarete Schramböck eine Hohelied auf das Kaufhaus singt, ist es dann Bundeskanzler Kurz, der es sich nicht nehmen lässt, ein paar Worte zu sagen.

Der November Beitrag: https://www.youtube.com/watch?v=J2gmWzvPmyo&t=1s (Statement des Bundeskanzlers ab Minute 20)

Selbst wenn man davon absieht, dass der Inhalt dieser Beiträge Infosendungen zum Kaufhaus Österreich beinhalten, dessen – wir erinnern uns – einziger Erfolg die Verschwendung von Steuergeld war (https://www.derstandard.at/story/2000124088381/experte-zu-kaufhaus-oesterreich-studenten-haetten-das-fuer-wenige-tausend), dürfen solche Sendungen keinesfalls vom ORF produziert und/oder im ORF ausgestrahlt werden! Um Parteipolitik vom öffentlich-rechtlichen ORF fernzuhalten, gibt es Gesetze. Im §4 des ORF-Gesetz heißt es beispielsweise: "Insbesondere Sendungen und Angebote in den Bereichen Information, Kultur und Wissenschaft haben sich durch hohe Qualität auszuzeichnen. Der Österreichische Rundfunk hat ferner bei der Herstellung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen sowie sonstigen Angeboten auf die kulturelle Eigenart, die Geschichte und die politische und kulturelle Eigenständigkeit Österreichs sowie auf den föderalistischen Aufbau der Republik besonders Bedacht zu nehmen." 

Es mag für manche zur "kulturellen Eigenheit" gehören, wenn der Trennungsgrundsatz missachtet wird und Belangsendungen von Regierungsmitgliedern im ORF ausgestrahlt werden, ohne, dass klar ausgeschildert ist, dass es sich dabei um eine Werbeeinschaltung handelt. Im §6 des ORF-Gesetzes heißt es dann weiter: "Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys."

Die Pflicht der Unabhängigkeit ist mit dieser Art von Showsendung wohl mehr als nur angekratzt. Zumal es Dokumente gibt, die zeigen, dass der ORF wohl kaum Mitspracherecht hatte: ZackZack liegt ein vollständig aufbereiteter Regieplan vor, der in 17 Einzelschritten die fünf Sendungsblöcke komplett durchorchestriert – offenbar mit eindeutiger Handschrift der zum Wirtschaftsministerium zugehörigen Digitalisierungsagentur. (https://zackzack.at/2021/05/14/wie-sich-schramboeck-orf-sendungen-vom-ministerium-produzieren-liess/) Auch die Diskussionsteilnehmer_innen wurden nicht vom ORF ausgewählt. Was also eher wirkt wie eine Werbesendung wird am 21. Oktober vom ORF via Aussendung als eine redaktionell zu verantwortende Sondersendung angekündigt: „Bereits am Vormittag stellt der der Digitale Aktionsplan Austria des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort in „ORF III Spezial“ um 11.00 Uhr digitale Lösungen für eine krisensichere Zukunft vor.“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wer war Auftraggeber_in für die drei Sendungen? ORF, BMDW oder jemand Dritter?

2.    Der medialen Berichterstattung zufolge kamen Idee sowie Inhalte von Ihrem Ministerium. Von wem kam die Idee zur Produktion dieser Sendungsreihe?

a.    Wann wurde die Idee geboren und wie sahen die Schritte bis zur Umsetzung?

3.    Welche Personen innerhalb Ihres Kabinetts sind verantwortlich für die in der Begründung verlinkten Sondersendungen "Digital Austria"?

a.    Wieviele und welche Personen haben an der Umsetzung bis zur Ausstrahlung dieser Sendung mitgewirkt?

b.    Wer hat sich mit dem Anliegen einer derartigen Sendung an den ORF gewandt und mit welcher Begründung?

4.    Wie sah der Ablauf von der Idee bis zur Ausstrahlung der oben genannten Sendungen aus? Bitte um genaue Angabe des zeitlichen Verlaufs (Anbahnung/ Befehls,- und Entscheidungskette/ Mitarbeiter_innen, Produzent_innen).

a.    Inwiefern waren die Inhalte im Vorfeld mit dem ORF abgesprochen?

5.    Wie viele Gespräche gab es zwischen Mitarbeiter_innen des ORF, potentiellen externen Produzent_innen und Mitarbeiter_innen Ihres Kabinetts? Bitte um genaue Auflistung nach Datum, anwesenden Personen sowie Grund des Austausches.

6.    Von wem kam schlussendlich der Auftrag zur Produktion und Ausstrahlung dieser Sendungen?

a.    Mit wem aus dem ORF wurden hierzu im Vorfeld Gespräche geführt?

b.    Durch wen wurde eine Ausstrahlung (seitens des ORF, sowie seitens des Ministeriums) genehmigt?

7.    Aus welchem Grund wurde der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk für die Ausstrahlung dieser Sendung herangezogen?

8.    Wurde die Produkte auch anderen TV-Stationen in Österreich angeboten?

a.    Wenn ja, welchen?

9.    Wer produzierte die Sendungen für das BMDW bzw. den ORF?

10. Welche Ziele verfolgte die Ausstrahlung?

a.    Wie wurden diese gemessen?

b.    Wurden sie erreicht?

11. Kennen Sie den § 6 des ORF-Gesetzes?

a.    Wenn ja, weshalb halten Sie die Vereinbarkeit dieses Paragraphen mit der Entwicklung sowie Ausstrahlung solcher Sendungen für gegeben?

12. Wie kam das Statement des ORF Generaldirektors in einer dieser Sendungen zustande?

a.    Wer ist an ihn herangetreten?

b.    Unter welchen Bedingungen wurde dieses Statement abgegeben?

c.    Wie ist die Vereinbarkeit seines Statements und der gesetzlich verpflichtenden Trennung von Redaktionellem und Verlags,- und Geschäftsangelegenheiten möglich?

13. Gibt es weitere Sendungen Ihres Ministeriums, die im Öffentlich Rechtlichen Rundfunk ausgestrahlt wurden?

a.    Wenn ja, welche, wann und zu welchem Thema?

14. Gibt es weitere Sendungen Ihres Ministeriums, die in Zukunft im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk ausgestrahlt werden sollen?

a.    Wenn ja, wie weit ist der Prozess hier fortgeschritten und wie sehen die weiteren Schritte aus?

b.    Wenn ja, welche, zu welchem Thema und wann?

15. Gab es weitere Sendungen Ihres Ministeriums, die jedoch nicht ausgestrahlt wurden?

a.    Wenn ja, welche und wie viele?

b.    Wenn ja, weshalb wurden diese nicht oder noch nicht gesendet?

16. Befinden Sie oder Mitarbeiter_innen Ihres Kabinetts sich im regelmäßigen Austausch mit Mitarbeiter_innen des ORF?

a.    Wenn ja, zu welchen Themen, wann und in welcher Regelmäßigkeit?

b.    Wenn nein, wie kommt so eine Zusammenarbeit wie bei Digital Austria zustande?

17. Wie hoch waren die Kosten für die "Digital Austria" Sendungen? Bitte um Auflistung aller einzelnen Posten.

18. Welche externen Partner_innen, Agenturen, Produzent_innen etc haben an der Konzeption und der Umsetzung mitgewirkt und wie hoch waren die Leistungen dotiert? Bitte um Auflistung aller externen Partner_innen.

19. Wurde dem ORF etwas für die Ausstrahlungen bezahlt?

a.    Wenn ja, wie viel jeweils und an wen ging die Rechnung?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

c.    Wurden diese Sendungen seitens des ORF als Werbeausstrahlung verbucht?

20. Haben weitere Stakeholder Kostenbeiträge geleistet, etwa die Wirtschaftskammer?

a.    Wenn ja, welche Stakeholder und in welcher Höhe?

21. Waren die Produktion und/oder die Ausstrahlungen von „Digital Österreich“ laut MedKF-TG meldepflichtig bzw. wurde sie gemeldet?

a.    Wenn nein, warum nicht?