6644/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.05.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend COVID-Prognosen: Excel-Trendanalyseprognosen genauer als BMSGPK-Prognosekonsortium

 

Das sogenannte “Prognosekonsortium” erstellt für das Gesundheitsministerium (BMSGPK) regelmäßig COVID-Prognosen (7-Tageinzidenz, COVID-Hospitalisierungen) (1). Diese Prognosen sind unter anderem Entscheidungsgrundlage für die Maßnahmen in der Pandemie und werden dem parlamentarischen Hauptausschuss bei Verlängerungen der COVID-Maßnahmen vorgelegt. Der Prognosezeitraum für die 7-Tageinzidenz ist auf acht Tage begrenzt, womit Prognoseabweichungen von der tatsächlichen Entwicklung des Infektionsgeschehens nicht durch gesetzte Maßnahmen im Prognosezeitraum erklärt werden können. Maßnahmen spiegeln sich nämlich laut dem Gesundheitsministerium frühestens mit zehn Tagen Verzögerung in der Infektionsentwicklung wider (2).

Prognosekonsortium-Prognosen überschätzen das COVID-Infektionsgeschehen regelmäßig

In zwölf vorliegenden Prognosen seit Februar hat das Prognosekonsortium die Entwicklung des Infektionsgeschehens zweimal annähernd genau prognostiziert, einmal unterschätzt und neunmal überschätzt. In den meisten Fällen hat das Prognosekonsortium somit das Infektionsgeschehen überschätzt. Zudem hat das Konsortium die Trendumkehr im Infektionsgeschehen Ende März nicht erkannt. So lagen die Prognosen, die dem Hauptausschuss am 30.3. und 6.4. vorgelegt wurden, 19 Punkte (268 statt 249) bzw. 78 Punkte (301 statt 223) über den tatsächlichen 7-Tageinzidenz-Tageswerten. Pikant dabei ist, dass mit diesen überzogenen Prognosen Ausgangssperren begründet wurden. Auf die Prognoseungenauigkeit wurde erstmals im Hauptausschuss am 16.2. hingewiesen (3).

Excel-Trendanalysen schneiden besser ab als Prognosekonsortium-Prognosen

Ein interessanter Fakt dabei ist, dass simple Excel-Trendanalyseprognosen (Trendfortschreibung der vergangenen Woche für die nächsten acht Tage) in der Mehrheit der Fälle weniger von der tatsächlichen Infektionsentwicklung abwichen als die komplexen Prognosen des Prognosekonsortiums. In drei Prognosezeiträumen lagen die komplexen Prognosen und die Excel-Trendanalyseprognosen ähnlich nah beim (bzw. weit weg vom) tatsächlichen Wert. Bei zwei Prognosen schnitten die komplexen Analysen besser ab und in sieben Fällen (!) lagen die Excel-Trendanalysen schlussendlich näher beim tatsächlichen 7-Tageinzidenzwert. Lässt man die Vergleichskategorie "ähnlich nah" weg, schnitten die simplen Excel-Trendanalyseprognosen in neun von zwölf Fällen besser ab als die komplexen Prognosen des Prognosekonsortiums (siehe Grafik).

 

Prognosekonsortium hat Trendumkehr beim Infektionsgeschehen nicht erkannt

Besonders pikant ist zudem, dass das Prognosekonsortium nicht nur die Trendumkehr beim Infektionsgeschehen Ende März nicht vorzeitig erkannte, sondern dass auch die simplen Excel-Trendanalyseprognosen für Ende März bzw. Anfang April deutlich besser abschnitten als die Prognosen des Prognosekonsortiums. Dieser Umstand ist besonders kurios, da man sich gerade beim Erkennen einer Trendänderung vom Prognosekonsortium genauere Vorhersagen erwartet hätte als von einer simplen linearen Trendanalyse. Diese Prognoseungenauigkeit wurde im Hauptausschuss schon mehrfach angesprochen, bisher hat das Gesundheitsministerium aber offensichtlich keine Schritte für genauere Prognosen gesetzt. Womit dem parlamentarischen Hauptausschuss weiterhin nicht die bestmöglichen Prognosen vorgelegt werden.

 

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Quellen:

(1) https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Neuartiges-Coronavirus-(2019-nCov)/COVID-Prognose-Konsortium.html

(2) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20201111_OTS0213/hauptausschuss-verlaengert-covid-19-ausgangsregelungen

(3) https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2021/PK0153/index.shtml

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie hoch waren bisher die Aufwände für das "Prognosekonsortium", welches die COVID-Prognosen erstellt? (nach Monat und Konsortiumsmitglied)

2.    Das Prognosekonsortium hat Ende März die Trendumkehr im COVID-Infektionsgeschehen nicht einmal ansatzweise erkannt. Sogar simple Excel-Trendanalyseprognosen waren in 9 von 12 Fällen genauer (siehe Grafik). Diese Prognoseungenauigkeit wurde im Hauptausschuss zudem schon mehrfach angesprochen. Seitdem hat sich die Prognosegenauigkeit gegenüber Excel-Trendanalyseprognosen jedoch nicht verbessert:

a.    Welchen Nutzen stiften die teuren Prognosen des Prognosekonsortiums, wenn simple Excel-Trendanalyseprognosen regelmäßig treffsicherer sind?

b.    Wieso haben Sie bisher keine Schritte gesetzt, um die Prognosen zu verbessern?

c.    Welche Schritte setzen Sie, um die Prognosen zu verbessern?

d.    Gibt es einen regelmäßigen Austausch mit dem Prognosekonsortium, um die Prognosequalität zu verbessern?

3.    Wie bewerten Sie die Prognosen des Prognosekonsortiums in Hinblick darauf, dass diese das COVID-Infektionsgeschehen in der Vergangenheit regelmäßig überschätzt haben und somit zu unnötig harten COVID-Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen beigetragen haben?