6688/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.05.2021
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Anfrage

 

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser,

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Megaskandal um PCR-Tests in Tirol und Österreich

 

 

Unter dem Titel „Lücken im System? Corona-Tests als Geschäftsmodellewurde verdeutlicht, wie in der Corona-Pandemie in Österreich schnelle Profite möglich sind und dass die Aufweichung des Medizinproduktegesetzes der Grund für diesen gefährlichen Wildwuchs ist.

 

Insgesamt 40 Millionen Euro gab allein das Land Tirol von Jänner bis April 2021 für PCR- und Antigen-Tests für COVID-19 aus. Die Kosten dafür sollen vom Bund erstattet werden. Diese enormen Summen ermöglichen gute Geschäfte mit der Pandemie. Kommen die Behörden in einer solchen Gemengelage ihrer Kontrollfunktion nicht nach, kann das unangenehme und sogar gefährliche Folgen haben, wie die aktuellen Vorkommnisse in Tirol zeigen (Ärzte leiten Labore, ohne auf der Ärzteliste zu sein, Finanzdienstleister betreiben tirolweit Teststationen, etc.).  Man muss nur die Folgen bedenken: aufgrund dieser Tests werden Infektionszahlen angegeben, Inzidenzen berechnet, Lockdowns verhängt, Betriebe und Schulen geschlossen, ganze Bundesländer oder Bezirke/Gemeinden abgeriegelt und Menschen in Quarantäne geschickt – oder auch nicht.

 

Mittlerweile prüft auch die Staatsanwaltschaft Innsbruck in beiden oben genannten Fällen, ob sie weitere Ermittlungen einleitet. Das wird sich kommende Woche entscheiden, so ein Sprecher.

 

Es ist davon auszugehen, dass der Hauptgrund für derlei schamlose Geschäftemacherei rund um die Pandemie in überhastet durchgepeitschten Gesetzesnovellen liegt. In einer Nacht- und Nebelaktion, der berühmten Sitzung des Nationalrats am Sonntag (!) den 15. März 2020, wurden zig Gesetze verändert, ohne Prüfung, ohne Begutachtung, ohne Diskussion, aber offenbar länger vorbereitet. Im Fall des Paragraphen 113a Medizinproduktegesetz sollte ein Blanko-Persilschein geschaffen werden, der -wie sich jetzt zeigt- solchen Missbrauch mit COVID-19-Tersts erst möglich machte.

 

 

 

§ 113a MPG

(1) Im Falle einer Katastrophe, Epidemie, Pandemie, terroristischen Bedrohung, kriegerischen Auseinandersetzung oder sonstigen Krisensituation hat der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wenn die notwendige Versorgung der Bevölkerung sonst ernstlich und erheblich gefährdet wäre, durch Verordnung Ausnahmen vom II., III., IV. und V. Hauptstück sowie vom VI. Hauptstück 1. und 2. Abschnitt dieses Bundesgesetzes und der entsprechenden auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen zu treffen, soweit und solange dies auf Grund der besonderen Situation erforderlich ist und der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Mensch und Tier gewahrt bleibt.

(2) Im Falle einer Katastrophe, Epidemie, Pandemie, terroristischen Bedrohung, kriegerischen Auseinandersetzung oder sonstigen Krisensituation kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wenn die notwendige Versorgung der Bevölkerung sonst ernstlich und erheblich gefährdet wäre, durch Verordnung Regelungen über Versorgungs- und Bereitstellungsverpflichtungen für Hersteller, Bevollmächtigte und Abgabestellen von Medizinprodukten erlassen, wenn und solange dies auf Grund der besonderen Situation erforderlich ist.

(3) Eine Verordnung gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 gilt höchstens für sechs Monate.

 

Damit ist es nun prinzipiell möglich, dass seit Beginn der Pandemie nicht geprüfte Tests, die womöglich nicht valide sind, zur Anwendung kommen und/oder Test-Labore und Test-Straßen nicht die erforderlichen Qualitätsstandards erfüllen. Es sei nicht auszuschließen, dass es schwarze Schafe gebe, sagen dazu Experten der Ages und des BAGS. Doch sollte es zu Auffälligkeiten kommen, so sollen diese angeblich von den Anwendern umgehend gemeldet und die BAGS tätig werden. Mit anderen Worten: die Anwender kontrollieren sich selber, ohne jegliche Kontrolle des Gesundheitsministeriums.  Dass diese Selbstkontrolle der Anwender nie funktionieren kann und utopisch ist, zeigen die massiven Vorfälle in Tirol sowie die Tatsache, dass nicht beantwortet werden kann, wie oft das BASG bei fragwürdigen COVID-19-Tests bisher tätig geworden ist.  Nach bisherigen Informationen noch nie.

 

Das Gesundheitsministerium hat seit Beginn der Corona-Pandemie von sich aus die gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen und Überwachungen eingestellt. Die Pandemie dient dazu als Ausrede. Das wäre das Gleiche, wenn die Regierung alle KFZ-Überprüfungen („Pickerl“) streichen würde, weil ja sonst eventuell zu wenig Autos in Österreich fahren würden. Oder wenn man alle Lebensmittelkontrollen streichen würde, weil ja sonst vielleicht eine Mangel an gewissen Lebensmitteln drohen könnte. 

 

Dass in Zeiten der größten Pandemie seit 100 Jahren ausgerechnet alle Kontrollen aller COVID-19-Tests, eine der beiden tragenden Säulen der Pandemie-bekämpfung neben den Impfungen, ersatzlos gestrichen wurden, ist de facto eine Selbstaufgabe des Gesundheitsministeriums. Es kam und kommt also nur auf Testzahlen an, man will ja Test-Weltmeister sein.  Die Validität und Qualität der Tests war -und ist- dem jeweiligen Gesundheitsminister (Anschober, Mückstein) offenbar egal.

 

Das ist de facto eine Bankrotterklärung bei der Bekämpfung der Pandemie, denn niemand kann ohne Kontrollen bestätigen, ob die bisher in Österreich durchgeführten COVID-19-Tests -und damit die Infektionszahlen- richtig waren oder reine Luftnummern sind.

 

Formaljuristisch kommt hinzu, dass das Gesundheitsministerium auch nicht so einfach alle Kontrolle der COVID-19 einstellen kann. Dazu braucht es eine Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, die längstens 6 Monate gilt. Und eine solche Verordnung darf auch nur erfolgen, solange dies auf Grund der besonderen Situation erforderlich ist und der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Mensch und Tier gewahrt bleibt. Wann und ob diese erlassen wurde, ist noch Gegenstand einer Anfrage beim Ministerium. Bis dato ist uns jedenfalls keine solche Verordnung bekannt.

 

Auch bei den Selbsttests wird gem. dem erst am 24.3.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlichten neuen § 113b MPG das Gesundheitsministerium „nicht von Amtswegen tätig“.

 

Dass eine fehlende Zulassung und Kontrolle ALLER COVID-19-Tests, also aller PCR-, Antigen- und Selbsttests, dem Missbrauch Tür und Tor öffnet und keine Qualitätskontrollen erfolgen, also niemand kontrolliert ob die Tests falsch sind oder überhaupt je durchgeführt wurden, stellt natürlich per se eine massive Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Österreichischen Bevölkerung dar. Niemand kann ausschließen, dass tausende Menschen unbegründet in Quarantäne geschickt wurden oder dass tausende Infizierte fälschlicherweise weiter herumspazieren -und somit andere infizieren, anstecken und potentiell umbringen- konnten.

 

Um es pointiert auszudrücken: wir befinden uns bzgl. aller COVID-19-Tests in Österreich wie im „Wilden Westen“, und kein Sheriff kontrolliert, ob wann wie viele welche “Outlaws“ herumspazieren und sich mit invaliden und falschen COVID-19-Tests „eine goldene Nase“ verdienen.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage

 

1.    In welcher Verordnung des Gesundheitsministers (in welchem Bundesgesetzblatt veröffentlicht) wurde gem. § 113a MPG das Medizinproduktegesetz außer Kraft gesetzt?

 

2.    Wie und wann wurden in welcher Verordnung des Gesundheitsministers die Zulassungen und Kontrollen aller COVID-19-Tests, der Hersteller der Tests, der Importeure, Vertreiber und Verkäufer der Tests, der Testlabore, der Teststraßen und aller Anwender von COVID-19-Tests außer Kraft gesetzt?

 

3.    Wurde eine solche Verordnung überhaupt jemals erlassen? Oder erfolgte die Einstellung aller Kontrollen bei den COVID-19-Tests ohne rechtliche Grundlage, also auch formaljuristisch illegal?

 

4.    Wenn eine solche Verordnung jemals erlassen wurde, mit welcher Begründung wurde sie erlassen? Wie will der Gesundheitsminister die Validität, Qualität und Sicherheit aller COVID-19-Tests ohne Kontrollen überprüfen, steuern und garantieren?

 

5.    Wie oft wurden gem. § 68 MPG zwischen dem 15.3.2020 und dem 30.4.2021 Organe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen, des Bundesministers für Gesundheit und Frauen oder durch von diesen beauftragte Sachverständige bei Kontrollen von Herstellern, Importeuren, Vertreibern oder Verkäufern COVID-19-Tests aktiv?

 

6.    Wurde überhaupt jemals eine solche Kontrolle durchgeführt?

 

7.    Wenn ja, von wem, bei wem und wann?

 

8.    Wenn nein, warum nicht?

 

9.    Wie oft wurden gem. § 68 MPG zwischen dem 15.3.2020 und dem 30.4.2021 Organe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen, des Bundesministers für Gesundheit und Frauen oder durch von diesen beauftragte Sachverständige bei Kontrollen von Testlaboren, Teststraßen oder anderen Anwendern von COVID-19-Tests aktiv?

 

10. Wurde überhaupt jemals eine solche Kontrolle durchgeführt?

 

11. Wenn ja, von wem, bei wem und wann?

 

12. Wenn nein, warum nicht?

 

13. Wie oft wurden gem. § 68 MPG ab dem 1.5.2021 bis jetzt Organe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen, des Bundesministers für Gesundheit und Frauen oder durch von diesen beauftragte Sachverständige bei Kontrollen von Herstellern, Importeuren, Vertreibern oder Verkäufern COVID-19-Tests aktiv?

 

14. Wurde überhaupt jemals eine solche Kontrolle durchgeführt?

 

15. Wenn ja, von wem, bei wem und wann?

 

16. Wenn nein, warum nicht?

 

17. 8. Wie oft wurden gem. § 68 MPG ab dem 1.5.2021 bis jetzt Organe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen, des Bundesministers für Gesundheit und Frauen oder durch von diesen beauftragte Sachverständige bei Kontrollen von Testlaboren, Teststraßen oder anderen Anwendern von COVID-19-Tests aktiv?

 

18. Wurde überhaupt jemals eine solche Kontrolle durchgeführt?

 

19. Wenn ja, von wem, bei wem und wann?

 

20. Wenn nein, warum nicht?

 

21. Wurde die Firma HG Pharma jemals von einem Organ des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen, des Bundesministers für Gesundheit und Frauen oder durch von diesen beauftragte Sachverständige kontrolliert? Wenn nein, warum nicht?

 

22. Haftet bei allen finanziellen und gesundheitlichen Schäden durch falsche COVID-19-Tests der Gesundheitsminister, wenn ohne eine entsprechende Verordnung einfach alle Kontrollen ersatzlos gestrichen wurden und somit die Sicherheit und Qualität der Tests nicht mehr durch das Gesundheitsministerium überprüft wurde?

 

23. Wurden seit dem 15.3.2020 auch andere Medizinprodukte in Österreich nicht mehr zugelassen und kontrolliert (z.B. Prothesen, Herzschrittmacher, Labortests, etc.)?

 

24. Wenn ja, welche?

 

25. Wurden nur COVID-19-Tests nicht mehr kontrolliert?

 

26. Wenn ja, warum ausgerechnet diese für Österreich kritischen Tests?

 

27. Glaubt der Gesundheitsminister, dass Kontrollen aller Medizinprodukte in Österreich durch Organe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen, des Bundesministers für Gesundheit und Frauen oder durch von diesen beauftragte Sachverständige nicht eine unabdingbare Voraussetzung für die Sicherheit der Bevölkerung darstellen?

 

28. Oder sind nach Meinung des Gesundheitsministers Kontrollen aller Medizinprodukte, also auch aller COVID-19-Tests, ohnehin überflüssig und will er daher den § 68 MPG ersatzlos streichen, also alle Medizinprodukte in Österreich nicht mehr kontrollieren?

 

29. Wie rechtfertigt der Gesundheitsminister die Gefährdung der österreichischen Bevölkerung, da seit Begin der Pandemie alle COVID-19-Tests in Österreich nicht kontrolliert wurden, somit die Qualität dieser Tests nicht gesichert ist?

 

30. Wie rechtfertigt der Gesundheitsminister, dass er durch diese fehlenden Kontrollen nie mehr ausschlissen kann, dass seit über einem Jahr potentiell tausende bis Millionen illegale, falsche und invalide Tests und daher falsche Infektionszahlen produziert wurden?

 

31. War und ist es dem Gesundheitsminister eventuell sogar egal -oder sogar gewollt- dass die COVID-19-Tests ohne jegliche Kontrollen falsche Testergebnisse lieferten?

 

32. Wie will der Gesundheitsminister sicherstellen, dass beim „grünen Pass“ endlich valide und korrekte (und keine falschen) COVID-19-Testergebnisse den Impfungen und abgelaufenen COVID-19-Erkrankungen gleichgestellt werden? Werden wenigstens jetzt alle COVID-19-tests, alle Vertreiber der Tests, alle Testlabore und Teststraßen und alle Anwender dieser Tests kontrollieren?

 

33. Glaubt der Gesundheitsminister unter den gegebenen Umständen, dass die Registrierung von nicht kontrollierten, nicht validierten und daher potentiell falschen und illegalen COVID-19-Tests im Rahmen des „grünen Passes“ tatsächlich dokumentierten Impfungen und überstandenen dokumentierten Erkrankungen gleichgesetzt werden kann?

 

34. Glaubt der Gesundheitsminister, dass eine solche Regelung mit der Gleichstellung von Tests-Impfungen-Genesenen, mit der Verwendung unkontrollierter und nicht überwachter Tests, Labore, Teststraßen etc. vor dem Verfassungsgerichtshof im Falle einer Klage Bestand haben würde?