6701/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.05.2021
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Katharina Kucharowits, Robert Laimer, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend das Hissen der israelischen Flagge am österreichischen Bundeskanzleramt und Außenministerium

 

 

Der israelisch-palästinensische Konflikt ist nach Jahrzehnten der Gewalt noch immer nicht gelöst. Immer wieder kommt es, wie gegenwärtig, zu kriegerischen Auseinandersetzungen, zahlreiche Friedensverhandlungen führten nur phasenweise zu einem Waffenstillstand. Offene Streitpunkte sind in erster Linie nach wie vor der Grenzverlauf zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten, die Frage um einen eigenen Palästinenserstaat und der israelische Siedlungsbau.

 

Der anhaltende Konflikt destabilisiert die Region und hat gravierende negative Auswirkungen auf die Sicherheit Europas und der Welt. Angesichts der neuerlichen Eskalation der Gewalt, mit Toten und Verletzten auf beiden Seiten, wäre es gerade jetzt an der Zeit für eine starke, europäische Friedensinitiative. Österreich hätte sich – entsprechend seiner außenpolitischen Tradition – aktiv dafür engagieren können und müssen. 

 

Stattdessen hisste die österreichische Bundesregierung am Freitag, den 14. Mai 2021 die israelische Flagge auf dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium „als Zeichen der Solidarität“ und bezog damit auf einer Seite der beiden Konfliktparteien Stellung. Dieser Schritt stellt einen Bruch mit dem traditionellen Engagement Österreichs im Nahost-Konflikt dar und untergräbt die Glaubwürdigkeit Österreichs als möglicher Vermittler.

 

Der ehemalige österreichische Bundespräsident Heinz Fischer hat in einem Kommentar (Wiener Zeitung vom 18. 5. 2021) Engagement für eine Friedenslösung statt Einseitigkeit im Konflikt Israels mit Palästina gefordert und das Hissen der israelischen Flagge am Bundeskanzleramt und am Außenministerium kritisiert. „Vielleicht hat Europa gerade jetzt eine neue Chance für konstruktive Schritte in Richtung beider Konfliktparteien, nachdem die USA einen neuen Präsidenten gewählt haben. Dadurch könnte es etwas leichter sein, unsere historische Verantwortung für Israel mit der Verantwortung für die Menschenrechte der Palästinenser auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen oder zumindest erste Schritte in diese Richtung zu setzen“.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1.       Gab es für das Hissen der israelischen Flagge als Zeichen der Solidarität am österreichischen Bundeskanzleramt und Außenministerium einen Beschluss der österreichischen Bundesregierung?

 

2.       Wurde jemals zuvor im Verlauf eines bewaffneten internationalen Konflikts die Flagge einer der beiden Konfliktparteien auf dem österreichischen Bundeskanzleramt und/oder Außenministerium gehisst?

 

3.       War das Hissen der israelischen Flagge auf dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium, die wie schon andere Schritt zuvor einen Bruch mit der Tradition der österreichischen Nahostpolitik darstellt, mit dem österreichischen Bundespräsidenten abgesprochen? Wenn nein, warum nicht?

 

4.       Ging die Initiative dafür von Ihnen oder von Bundeskanzler Kurz aus?

 

5.       Gab es eine Aufforderung von Seiten der israelischen Regierung diesen Schritt zu setzen?

 

6.       Haben Sie sich in dieser Frage mit anderen EU-Außenministern abgestimmt? Wenn ja, mit wem?

 

7.       Haben Sie versucht die jüngste Eskalation des Nahostkonflikts zum Anlass zu nehmen, um sich für eine neue Friedensinitiative zu engagieren? Welche Schritte haben Sie konkret gesetzt?

 

8.       Welche konkreten Schritte haben Sie gesetzt, um dafür Bündnispartner in der EU zu gewinnen?

 

9.       Welche Schritte werden Sie setzen, um die Dialogfähigkeit Österreichs in dieser für die internationalen Beziehungen so wichtigen Frage zurück zu gewinnen?

 

10.   Welche Reaktionen gab es nach dem Hissen der israelischen Flagge von Seiten der anderen EU-Mitgliedsstaaten?

 

11.   Wie stehen Sie zu der u.a. vom ehemaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer geäußerten Kritik der Einseitigkeit, die Österreich durch das Hissen der israelischen Flagge zum Ausdruck gebracht hat?

 

12.   Wird das Hissen von Flaggen künftig auch bei anderen internationalen Konflikten zur Anwendung kommen? Wenn ja, nach welchen Kriterien? Wenn nein, warum nicht?

 

13.   Worauf genau bezieht sich die Solidarität, die mit dem Hissen der Flagge zum Ausdruck gebracht werden sollte?

 

14.   Bezieht sich die Solidarität auf alle Schritte des israelischen Premiers Benjamin Netanjahus und die Fehler seiner Regierung in ihrer Politik gegenüber den Palästinensern? Wenn nein, auf welche nicht?

 

15.   US-Präsident Joe Biden hat Israels Premierminister Benjamin Netanjahus zu einer raschen Deeskalation der Lage gedrängt. Unterstützen Sie diese Forderung? Wenn nein, warum nicht?

16.   Wie beurteilen Sie gegenwärtig die humanitäre Lage in Israel, im Gazastreifen und im Westjordanland?

 

17.   Stellt Österreich humanitäre Hilfe zur Verfügung? Wenn ja, durch welche Organisationen? In welchen Städten befinden sich diese Organisationen? Wenn nein, warum nicht?

18.   Welche Position haben Sie bei der informellen Videokonferenz der EU-Außenminister zum Nahostkonflikt am 18.5. vertreten?

 

19.   Wann und auf Grund welcher Entwicklungen wurde die israelische Flagge wieder entfernt?