6840/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.05.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Chronologische Übersicht über die Ermittlungen der "SoKo Tape"

 

Die im Bundeskriminalamt des Innenministeriums eingesetzte „SoKo Tape“ hat seit ihrer Einsetzung infolge der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ am 17. Mai 2019 unterschiedlichste Ermittlungsverfahren gegen verschiedenste Beschuldigte durchgeführt. Manche dieser Stränge stehen in einem engeren Zusammenhang mit dem „Ibiza“-Themenkomplex- wie etwa das „Video“-Verfahren, andere in einem weiteren- wie beispielsweise das Verfahren wegen einer im Frühjahr 2019 abgeschlossenen Wette auf Neuwahlen.

Hinzu kamen die Causa „Casag“ und das „Verein“-Verfahren, von dem die Ermittlungen wegen des Verdachts auf illegale Parteienfinanzierung durch das ÖVP-nahe Alois-Mock-Institut abgetrennt wurden, sowie das „Schellenbacher“-Verfahren, in dem es um einen mutmaßlichen FPÖ-Mandatskauf durch ukrainische Oligarchen geht. Außerdem wird unter anderem noch wegen des Verdachts auf schweren Betrug gegen Heinz-Christian Strache in der Causa „Kappel“ ermittelt; und auch im Zusammenhang mit möglichen Drogendelikten in St. Pölten liefen unseres Wissens nach noch bis zuletzt Untersuchungen.

Man erkennt: Die Liste der verschiedenen Ermittlungsstränge der „SoKo Tape“ ist lang und vielseitig. Sachverhalte, Verdachtsmomente, Anzahl der Ordnungsnummern und Verfahrensdauer variieren stark von Fall zu Fall, weshalb sich hier die Frage nach Priorisierung der Ermittlungen, Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und der Verteilung von Ressourcen stellt.

So wurden beispielsweise die Untersuchungen in der „Schredder“-Affäre Anfang Februar 2020 schon wieder eingestellt, nachdem erst ein halbes Jahr zuvor eine kurze freiwillige Nachschau bei einem Mitarbeiter des Bundeskanzlers stattgefunden hatte, der entgegen der Vorgaben für Datenvernichtung im Bundeskanzleramt unter falschem Namen, Festplatten aus den Kabinetten mehrfach schreddern ließ und den Staub mitnahm. Diese Nachschau wurde vom damaligen SOKO Mitglied Niko R. durchgeführt, dessen "Kopf-hoch SMS" an HC Strache und dessen Gemeinderatskandidatur für die ÖVP die Frage nach einer Befangenheit aufwarfen. In den Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter einer SPÖ-nahen PR-Agentur – der verdächtigt worden war, mit seinem vermeintlichen Wissen von der Existenz des „Ibiza“-Videos bei einem kommerziellen Wettanbieter erfolgreich auf Neuwahlen gewettet zu haben –, kam es hingegen gleich zu vier Hausdurchsuchungen am 3. September 2019 und einer Verfahrensdauer von rund zehn Monaten (Einstellung am 28. Juni 2020).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    In wie vielen und welchen Ermittlungsverfahren ist die "SoKo Tape" seit ihrer Gründung eingesetzt geworden (mit der Bitte um chronologische Auflistung von Zeitpunkt des Beginnes der Ermittlungen wegen welcher Verdachtslage (inkl. Zeitpunkt des Hinzukommens weiterer bzw. Wegfallens welcher Verdachtslage jeweils) sowie Inhalts der jeweiligen Verfahren)?

2.    Bei welchen Verfahren kam es bisher durch wen jeweils wann zu Verfahrenstrennungen und dies jeweils mit welcher Begründung durch wen?

a.    Bei welchen dieser Verfahren wurde bzw. wird auch die "SoKo Tape" für die Ermittlungen über welchen Zeitraum jeweils eingesetzt?

b.    Wenn nicht die "SoKo Tape": welche andere SoKo jeweils?

3.    Welche dieser Ermittlungsverfahren (die in der Antwort zu Frage 1 und 2 aufgelistet sind) wurden bereits eingestellt und wann (mit der Bitte um chronologische Auflistung)?

a.    Womit wurde die Einstellung jeweils begründet?

b.    Welche Einstellungen erfolgten wann auf Anregung der SOKO?

4.    In wie vielen und in welchen Fällen eingestellter Ermittlungsverfahren erfolgte eine Veröffentlichung nach § 35a StAG?

a.    Wann erfolgten die Veröffentlichungen jeweils, und wie viel Zeit verging jeweils zwischen Einstellung und Veröffentlichung nach § 35a StAG?

b.    In jenen Fällen, wo Verfahren eingestellt wurden, aber keine Veröffentlichung nach § 35a StAG erfolgte: warum unterblieb dies jeweils?

5.    Welche dieser Ermittlungsverfahren (die in der Antwort zu Frage 1 und 2 aufgelistet sind) laufen aktuell noch (mit der Bitte um chronologische Auflistung)?

6.    Wann und aus welchen Anlass wurden diese Ermittlungsverfahren jeweils eröffnet?

7.    Wann kam es in diesen Verfahren (bitte um Auflistung nach Verfahren und in chronologischer Übersicht) zu

a.    wie vielen Zeug_inneneinvernahmen?

b.    wie vielen Beschuldigtenvernehmungen?

c.    wie vielen und welchen Zwangsmaßnahmen?

                                  i.    Wann wurden diese jeweils durch welche StA angeordnet, durch welches Gericht genehmigt und wann jeweils umgesetzt?

                                ii.    Wie viele der Zwangsmaßnahmen wurden in den jeweiligen Verfahren auf Anregung der SOKO gesetzt, wie viele auf Anregung welcher zuständiger Staatsanwaltschaft?

8.    Wann kam es in diesen Verfahren (bitte um Auflistung nach Verfahren und in chronologischer Übersicht) zu

a.    Vorhabensberichten?

b.    Berichten aufgrund der Drei-Tages-Berichtspflicht?

c.    Weisungen durch wen mit welchem Inhalt?

9.    In welchen Verfahren war Niko R. (jener ehemalige SOKO-Beamte, der Strache anlässlich des Ibiza-Videos eine "Kopf-hoch SMS" übermittelte) ermittelnd tätig?

10. Wann kam es in welchen Verfahren jeweils zu Gerichtsentscheidungen, die Unverhältnismäßigkeit welcher Zwangsmaßnahme bzw. die Verletzung welcher Verfahrensrechte feststellte?

11. In welchen Verfahren kam es vor der Einstellung Monate lang zu keiner Ermittlungsmaßnahme?

12. In welchen Verfahren kam es vor der Einstellung zu keiner Einvernahme des/r Beschuldigten? 

a.    Warum nicht?

b.    Entspricht es den Tatsachen, dass der Beschuldigte im Verfahren im Zusammenhang mit der "Neuwahl-Wette" niemals einvernommen wurde? 

                                  i.    Wenn ja: Wieso wurde er niemals einvernommen? 

                                ii.    Wenn nein: Wieso ist seine Einvernahme bisher nicht dem Untersuchungsausschuss geliefert worden?

13. Woraus ergab sich die verhältnismäßig lange Dauer des Verfahrens im Zusammenhang mit der "Neuwahl-Wette"? 

a.    Gab es in diesem Verfahren Anregungen betreffend Ermittlungsmaßnahmen seitens der SOKO?

                                  i.    Wenn ja: welche, durch wen und aus welchen Gründen wurden diese Anregungen aufgegriffen/verworfen?