6861/J XXVII. GP
Eingelangt am 02.06.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Präventionsprogramme in Österreich
Die Corona-Pandemie hat zu Beginn nicht nur das Land in einen Lockdown geschickt, sondern auch dazu geführt, dass Menschen den Arztpraxen fernblieben (1). Patienten blieben zu Hause, Routinekontrollen wurden abgesagt, Vorsorgeuntersuchungen wurden verschoben - das zeigten auch die Daten der ÖGK für die erste Hälfte des Jahres 2020.

Der heutige Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein hat auch schon im Sommer 2020 darauf hingewiesen, dass der Bewegungsmangel und die geänderte Lebensweise während des Lockdowns massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben wird und vor einem Anstieg von chronischen Krankheiten gewarnt (2). Zurecht, möchte man meinen, immerhin ist Österreich im internationalen Vergleich besonders schlecht, wenn es um chronische Krankheiten geht. So liegt Österreich im europäischen Vergleich auf Platz 12 der Länder mit den meisten kardiovaskulärbedingten Todesfällen pro 100.000 Einwohner (altersstandardisiert). Betrachtet man die Zahlen im Detail sind das in Österreich 132 Personen - zum Vergleich: Frankreich hat mit 32 Todesfällen pro 100.000 Einwohner die niedrigste Sterblichkeit an kardiovaskulären Erkrankungen (3).
Auch innerhalb Österreichs zeigt sich, dass kardiovaskuläre Erkrankungen die häufigste Todesursache in Österreich darstellen.

Kardiovaskuläre Erkrankungen könnten theoretisch bei der Allgemeinen Vorsorgeuntersuchung leicht kontrolliert werden, ein stärkeres Kontrollnetz von Blutdruck- und Cholesterinwerten oder Diabetesrisiko könnten frühzeitige Behandlungen ermöglichen und den Krankheitsverlauf abmildern. Dennoch nehmen nur 12,4 Prozent der Bevölkerung die Möglichkeit von Vorsorgeuntersuchungen war, durch die dreijährige Routine von Vorsorgeuntersuchungen rechnet die ÖGK damit, so knapp 40% der relevanten Bevölkerungsgruppe zu erreichen (4). Betrachtet man die Vorsorgeuntersuchungen im Detail, sollten zumindest die Untersuchungen bei Allgemeinmedizinern allerdings wohl eher als jährliche Untersuchung gehandhabt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass eher Personen mit einem hohen Bewusstsein für Gesundheit zu Vorsorgeuntersuchungen gehen und Risikopatienten dieses Angebot nur selten nutzen.
Besonders bei der Diabetesversorgung schneidet Österreich aber noch schlechter ab. Obwohl an Diabetes erkrankte Personen nicht mehr einfach mit einem Gesundheitsrisiko leben und deshalb in Präventionsprogramme fallen, sondern aktiv mit einer Erkrankung leben und deshalb in ein Behandlungsnetz fallen sollten, nehmen nur 13 Prozent der Diabetiker an strukturierten Behandlungsprogrammen teil (5). Auch hier schlägt sich das mangelnde Wissen über die Patientenschaft und deren mangelnde Versorgung in erschreckenden Zahlen nieder. So kommt es in Österreich durchschnittlich zu 14,1 Amputationen bei Diabetikern pro 100.000 Einwohnern, in Großbritannien als Vergleichswert sind es nur 2,9 (6).
(1) https://www.krone.at/2184718
(2) https://www.derstandard.at/story/2000118917563/allgemeinmediziner-wir-haben-kollateralschaeden-und-kollateralnutzen
(3) https://ehnheart.org/component/attachments/?task=download&id=2447:Age-standardised-mortality-EU_lowest-to-highest
(4) https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/?contentid=10007.844026&portal=svportal
(5) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/news/news_1/Rechnungshof_Oesterreich_sieht_hohen_Verbesserungsbedarf_.html
(6) https://www.sn.at/leben/gesundheit/studie-zeigt-erhebliche-defizite-bei-versorgung-von-diabetes-patienten-27322018
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie viele Personen wurden in den vergangenen drei Jahren zu Vorsorgeuntersuchungen eingeladen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monat, Art der Vorsorgeuntersuchung und Wohnbezirk der eingeladenen Personen)
2. Wie viele Personen haben in den vergangenen drei Jahren Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monat, Art der Vorsorgeuntersuchung und Wohnbezirk der eingeladenen Personen)
3. Wie viele Personen erhielten in den vergangenen drei Jahren im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung eine Diagnose? (Bitte um Aufschlüsselung nach ICD-Codebereich)
4. Wie viele Patienten sind in Österreich für chronische Erkrankungen wie Hypertonie, Arteriosklerose, COPD, Asthma oder Diabetes in Behandlung?
5. Wie viele Patienten, die unter chronischen Erkrankungen wie Hypertonie, Arteriosklerose, COPD, Asthma oder Diabetes leiden, sind unter ärztlicher Beobachtung (beziehungsweise nehmen mindestens zwei Arzttermine zum Monitoring der Krankheit wahr)? (Bitte um Aufschlüsselung nach Wohnbezirk der Patienten und Anzahl der Arztbesuche pro Jahr)
6. Wie viele Personen sind unter präventiver medizinischer Beobachtung oder Behandlung, um eine chronische Krankheit wie Bluthochdruck, Arteriosklerose, COPD oder Diabetes zu verhindern oder das Erkrankungsrisiko zu senken? (Bitte um Aufschlüsselung nach Wohnbezirk der Patienten und Anzahl der Arztbesuche pro Jahr)
7. Welche Maßnahmen sieht das Ministerium vor, um die Anzahl der Personen, die Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, zu erhöhen?
8. Welche Maßnahmen werden gezielt gesetzt, um neue Zielgruppen (beispielsweise bildungsferne Schichten) dezidiert in Vorsorgeprogramme einzubinden?
9. Welche Maßnahmen werden gesetzt, um die strukturierte Versorgung von chronisch kranken Patienten zu verbessern? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen für die jeweiligen berücksichtigten Krankheiten)
10. Welche Maßnahmen werden gesetzt, um die Anzahl der Patienten in strukturierte Versorgung zu erhöhen? (Bitte um Aufschlüsselung der Maßnahmen für die jeweiligen berücksichtigten Krankheiten)