6901/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.06.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend EU Reglementierung der Massenüberwachung

Die EU-Kommission hat vergangene Woche einen Erstentwurf für eine Verordnung (COM (2021) 206) vorgelegt, die algorithmenbasierte Systeme insbesondere bei der Massenüberwachung im öffentlichen Raum regulieren will (So will die EU Bürger vor Überwachung schützen DiePresse.com,  https://www.derstandard.at/story/2000125884443/regeln-fuer-kuenstliche-intelligenz-ams-algorithmus-auf-dem-eu-pruefstand).

Diese soll ähnlich wie die Datenschutzverordnung zu einem europaweiten Standard unter anderem im Bereich des Einsatzes der Gesichtserkennung werden. Dabei soll ein Augenmerk auf „hochriskante“ künstliche Intelligenz (KI) gelegt werden.

Laut Kommissionsvorschlag soll die biometrische Gesichtserkennung zu Strafverfolgungszwecken im öffentlichen Raum grundsätzlich verboten werden bzw. sollen strenge Auflagen laut Kommission für Werkzeuge zur „biometrischen Fernidentifizierung“ von Menschen etwa per Gesichts- oder Stimmerkennung gelten. Es sollen sohin Systeme, die zur Massenüberwachung eingesetzt werden könnten, stark reglementiert werden.

Für die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum soll es künftig klare Vorgaben für den Einsatz in Ausnahmefällen geben. Dazu zählen bspw. die Suche nach einem vermissten Kind oder die Abwendung einer terroristischen Bedrohung. In so einem Fall muss die Justizbehörde oder eine andere unabhängige Stelle die zeitlich und geografisch beschränkte Nutzung allerdings genehmigen. Auch beim Einsatz künstlicher Intelligenz in der Grenzkontrolle – beispielsweise zur Verifizierung der Echtheit von Pässen – oder im Straßenverkehr sollen strenge Vorgaben vor einer etwaigen Marktzulassung gelten.

Laut einer Anfragebeantwortung aus Ihrem Ministerium (2662/AB) in Beantwortung der Anfrage (2648/J) ist das Gesichtserkennungssystem des Innenministeriums nach einem mehrmonatigen Probebetrieb mit Anfang August bereits in den Regelbetrieb übergegangen. Bei dieser Gesichtserkennungssoftware handelt es sich laut Expert_innenmeinung um eine unausgereifte und zudem missbrauchsanfällige Technologie und fehle für ihren Einsatz außerhalb eines Verdachtes auf schwere Verbrechen die Rechtsgrundlage.

Aus der Anfragebeantwortung (3493/AB) ergibt sich weiters, dass die Verwendung des digitalen Bildabgleichs gestützt auf § 75 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) eingesetzt wird. Diese sei unter der Voraussetzung zulässig, dass der Verdacht einer vorsätzlichen gerichtlich strafbaren Handlung vorliegt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Wird die aktuell in Österreich eingesetzte Gesichtserkennungssoftware in Zukunft unter das geplante unionsrechtliche Verbot biometrischer Gesichtserkennung zu Strafverfolgungszwecken im öffentlichen Raum fallen?

a.    Wenn ja, welche Anweisungen sind für den Einsatz der Gesichtserkennungssoftware geplant?

2.    Ist ein Aussetzen des Verwendung der Gesichtserkennungssoftware aufgrund des Vorschlages der Kommission geplant?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Sind Änderungen bei der aktuell in Österreich eingesetzten Gesichtserkennungssoftware aufgrund des Vorhabens der EU-Kommission für eine neue Verordnung zur Reglementierung der biometrischen Massenüberwachung von EU-Bürgern geplant oder wird der Einsatz der Gesichtserkennungssoftware trotz des geplanten unionsrechtlichen Vorhabens unverändert fortgesetzt?

a.    Wenn ja, wird das geplante unionsrechtliche Verbot irgendeine Auswirkung bei der Anwendung der Software haben?

4.    Nach dem Entwurf der Verordnung  (COM (2021) 206) wird bei der vorgeschlagenen europäischen Regelung eine Überwachung nur in bestimmten Fällen möglich sein. Insbesondere wird auf die notwendige gesetzliche Grundlage abgestellt werden. Wie sich aus der Anfragebeantwortung 3494/AB ergibt, reicht in Österreich bereits der Verdacht des Vorliegens einer vorsätzlichen gerichtlich strafbaren Handlung für die Verwendung des digitalen Bildabgleichs gemäß § 75 SPG aus. Der Einsatz der Gesichtserkennung zu Strafverfolgungszwecken soll jedoch zukünftig unionsrechtlich nur mehr in Ausnahmefällen möglich sein.

a.    Ist vorgesehen die Bestimmung im Hinblick auf diesen Punkt anzupassen?

b.    Ist vorgesehen die Anwendung der Gesichtserkennungssoftware weiterhin beim Verdacht des Vorliegens einer vorsätzlichen gerichtlich strafbaren Handlung einzusetzen?

c.    Welche Folgen wird das geplante unionsrechtliche Verbot dahingehend haben?

5.    Laut der Anfragebeantwortung 3494/AB reicht für den Einsatz der Gesichtserkennungssoftware bereits der Verdacht des Vorliegens einer vorsätzlichen gerichtlich strafbaren Handlung. Wird dadurch der in § 29 SPG verankerte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt?

a.    Wenn ja, warum?

6.    Wird die österreichische Position im Rat der Europäischen Union grundsätzlich für das gegenständliche unionsrechtliche Vorhaben der Reglementierung der Massenüberwachung sein?

a.    Wenn nein, warum nicht?