6902/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.06.2021
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Michael Schnedlitz

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Ermittlungen gegen ÖVP-Nationalratsabgeordneten Andreas Hanger

 

Anfang Juni 2021 berichtete[1] „Der Standard“ über die vom ÖVP Parlamentsklub einberufene Pressekonferenz mit ÖVP Ibiza-U-Ausschuss-Fraktionsvorsitzendem Andreas Hanger zum Thema "Wird in unserem Rechtsstaat mit zweierlei Maß gemessen?"[2] wie folgt:

 

U-Ausschuss-Fraktionsführer Hanger unterstellt einem WKStA-Ermittler politische Befangenheit und "Fehlleistungen". Justizministerium und Opposition kontern heftig

 

Der ÖVP-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, Andreas Hanger, attackierte am Dienstag bei einer Pressekonferenz den Oberstaatsanwalt Matthias Purkart. Dieser ist in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) etwa für die Ermittlungen rund um Öbag-Chef Thomas Schmid samt Chatauswertungen zuständig.

 

Hanger warf dem Staatsanwalt "unglaubliche politische Befangenheit vor", weil er tausende Chats an den U-Ausschuss liefern lasse, die nicht relevant seien. Das seien bloß Chats, die "irgendwelche Seifenopern beinhalten", meinte Hanger. In den Ermittlungen wegen Falschaussagen gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz – es gilt die Unschuldsvermutung – ortet er eine "falsche Prioritätensetzung". Die WKStA solle sich lieber um Korruptionsbekämpfung als um "Wortklauberei" kümmern, versuchte sich der Abgeordnete mit einer Forderung an die Justiz. Hanger griff Staatsanwalt Purkart auf persönlicher Ebene an, indem er ihm "Fehlleistungen" unterstellte, die auch damit zu tun hätten, dass er "massiv überarbeitet" sei. Purkart habe sich bei seiner Aussage im U-Ausschuss mit Kritik an anderen staatlichen Behörden obendrein "unglaublich generiert" (sic! – gemeint wohl "geriert"), das solle sich die Fachaufsicht genauer anschauen.

[...]

Zudem erklärt das Justizministerium: "Wer den Staatsanwaltschaften politische Motive unterstellt, verdreht die Prinzipien des Rechtsstaats und der Strafverfolgung, wie sie im Gesetz definiert sind". Staatsanwälte seien gesetzlich verpflichtet, bei entsprechender Verdachtslage – etwa nach einer Anzeige – alle Schritte zur Aufklärung eines Sachverhalts zu setzen.

 

Damit wirft Hanger Oberstaatsanwalt Purkart die Begehung einer Straftat vor. Konkret handelt es sich bei den Vorwürfen um den in § 302 StGB geregelte Missbrauch der Amtsgewalt, der mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen ist.

 

Wenn der Vorwurf des Amtsmissbrauches nicht stimmen sollte, erfüllt Hanger jedoch selbst einen Tatbestand des StGB. Denn gem § 297 StGB (Verleumdung) ist die fälschliche Verdächtigung (u.a.) der Verletzung einer Amtspflicht eine Straftat.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Hat die Staatsanwaltschaft bereits Ermittlungen gegen NAbg. Andreas Hanger wegen der getätigten Vorwürfe gegenüber Oberstaatsanwalt Purkart im Rahmen der Pressekonferenz vom 1. Juni 2021 aufgenommen?

a)    Wenn nein, warum nicht?

b)    Wenn ja, aus welchem strafrechtlich relevanten Verdacht wird ermittelt?

2.    Hat die Staatsanwaltschaft aufgrund anderer Zusammenhänge, die NAbg. Andreas Hanger betreffen, Ermittlungen gegen ihn aufgenommen?

a)    Wenn ja, aus welchem strafrechtlich relevanten Verdacht wird ermittelt?

3.    Ist Ihnen bekannt, ob die Staatsanwaltschaft ein Ersuchen auf Auslieferung an den Parlamentspräsidenten stellen wird?

a.    Wenn ja, wann?



[1] Der Standard,  ÖVP attackiert Staatsanwalt, der gegen ÖVP-Politiker ermittelt, https://www.derstandard.at/story/2000127067259/oevp-attackiert-staatsanwalt-der-gegen-oevp-politiker-ermittelt

[2] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210531_OTS0132/einladung-pressekonferenz-zum-thema-wird-in-unserem-rechtsstaat-mit-zweierlei-mass-gemessen