6906/J XXVII. GP
Eingelangt am 10.06.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Ethnic Profiling in der Polizei
Dass rassistisches Verhalten auch innerhalb von staatlichen Strukturen existiert, ist nicht erst bekannt, seit die Black Lives Matter Bewegung 2020 weltweit ein besonderes Licht darauf geworfen hat. Dass diese Strukturen auch in Europa und Österreich existieren, unterstreicht eine aktuelle Studie der Menschenrechtsagentur der Europäischen Union (FRA) aus dem Mai 2021 einmal mehr. Unter dem Titel „Your Rights Matter: Police Stops“ trägt die in Wien ansässige Agentur dazu Daten zu den Erfahrungen von Gruppen wie schwarzen Personen oder Roma aus der ganzen EU zusammen und zeigt strukturelle Probleme auf, die gerade diese Gruppen zu deutlich häufigeren Zielen von polizeilichen Anhaltungen etc. machen.[1]
Für Österreich zeigt die FRA-Erhebung ein besonders drastisches Bild: In kaum einem EU-Land sind People of Color so überdurchschnittlich oft von Anhaltungen betroffen, wie in Österreich. Wenn es um Ethnic Profiling bei polizeilichen Anhaltungen geht, erlebten ein solches im österreichischen Durchschnitt 25% der Befragten in den vergangenen 12 Monaten – ein EU-weit vergleichsweise hohes Niveau. Die Gruppe von Menschen, mit einer Migrationsgeschichte aus Sub-Sahara-Afrika erlebt dies fast doppelt so oft: 49% der Befragten geben an, in den vergangenen 12 Monaten polizeilich angehalten worden zu sein. Vergleichsweise hohe Unterschiede gibt es nur in Griechenland und Kroatien. In Deutschland erleben Personen mit einer Migrationsgeschichte aus Sub-Sahara-Afrika mit 16% fast genauso viele Anhaltungen wie die Gesamtbevölkerung (17%).
Die meisten polizeilichen Anhaltungen in der Gesamtbevölkerung geschehen, während die Betroffenen im Auto oder auf dem Rad sind (87%). Personen aus ethnischen Minderheiten dagegen werden zu 72% zu Fuß angehalten. Auch den Umgang durch die Polizei bewertet diese Gruppe deutlich schlechter als der Durchschnitt der Bevölkerung. Die Konsequenzen dieser enormen Diskrepanz in Österreich und den Erfahrungen, die Personen mit Migrationsgeschichte daher mit der Polizei machen, fasst die Europäische Grundrechteagentur klar zusammen:
„The police may legitimately stop people for a variety of reasons, ranging from random traffic controls and events relating to public order or security to an individual matching a suspect’s description. But discriminatory profiling – where, for example, race or ethnicity is the police’s sole basis for stopping someone – is unlawful. It also diminishes trust in the police among individuals or groups who perceive that they are disproportionately targeted. How often people are stopped by the police, what happens during the stop, the outcome of the stop, as well as the nature of each stop – including whether people feel treated respectfully – is increasingly coming under scrutiny in relation to the policing of minority groups.” (FRA 2021:3)[2]
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Welche konkreten Schlüsse ziehen Sie aus der deutlichen Diskrepanz im polizeilichen Umgang mit ethnischen Minderheiten verglichen zur Gesamtbevölkerung, die für Österreich aus der aktuellen Erhebung der Europäischen Grundrechteagentur hervorgeht?
2. Sehen Sie ein Problem mit Ethnic Profiling innerhalb der österreichischen Polizei?
a. Wenn ja, welche konkreten Problemstellungen sehen Sie in diesem Bereich?
b. Wenn nein, warum nicht? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.
3. Gab es in den vergangenen fünf Jahren Erhebungen, Studien oder Maßnahmen innerhalb der Polizei in Hinblick auf das Problem von Ethnic Profiling?
a. Wenn ja, welche konkreten Schritte wurden gesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung.
b. Wenn nein, sind zukünftig solche Schritte geplant?
4. Welche konkreten Schritte zur Verbesserung der Situation in diesem Bereich sind seitens Ihres Ressorts geplant? Bitte um detaillierte Auflistung.
5. Wie viele Beschwerden von Bürger*innen hinsichtlich Vorfällen von Ethnic Profiling im Zuge von Amtshandlungen gab es in den vergangenen fünf Jahren bei der Polizei? Bitte um detaillierte Auflistung nach Bundesland.
6. Wie wird das Problemfeld von Ethnic Profiling in der Grundausbildung von Polizist*innen genau behandelt?
a. Ist ein Ausbau derartigen Schulungen geplant? Wenn ja, in welchem Ausmaß und mit welcher konkreten Zielsetzung?
7. Wie wird das Problemfeld von Ethnic Profiling im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Polizist*innen genau behandelt?
a. Ist ein Ausbau derartigen Schulungen geplant? Wenn ja, in welchem Ausmaß und mit welcher konkreten Zielsetzung?
8. Gibt es seitens Ihres Ressorts Austausch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, sowie Selbstvertetungs- und Menschenrechtsorganisationen hinsichtlich des Problemfeldes von Ethnic Profiling?