6931/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.06.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Karin Greiner, Genossinnen und Genossen

an den Bundeskanzler

betreffend Die Sputnik-Lüge – War alles nur ein großes Ablenkungsmanöver?

 

Die Bunderegierung hat bei der Impfstoffbeschaffung schwere Fehler gemacht. Mittlerweile geht aus offiziellen Regierungsdokumenten eindeutig hervor, dass ausgerechnet beim Impfen die Bundesregierung nicht nach dem Prinzip „Koste es was es wolle“ sondern vielmehr nach dem Motto „Geiz ist geil“ gehandelt hat. In Form eines Ministerratsbeschlusses wurde eine Kostenobergrenze von 200 Mio. € für die Beschaffung von Impfstoffen für die österreichische Bevölkerung sprichwörtlich einbetoniert. Dass dies Sparen am falschen Platz ist, wissen mittlerweile alle. Die Österreicherinnen und Österreicher zahlen dafür einen hohen Preis.

Durch den freiwilligen Verzicht der Bundesregierung auf die Lieferung von zusätzlichen Impfstoffdosen wurde das Versprechen des Bundeskanzlers, dass alle, die das wollen, bis Ende Juni eine Erstimpfung erhalten, bereits gebrochen. Um von diesen fatalen Fehlern und den damit verbundenen Problemen abzulenken, wurde offenbar eine der bisher größten Nebelgranaten der Ära Kurz gezündet. Sie haben als Bundeskanzler den Ankauf von 1 Mio. Dosen des russischen Impfstoff Sputniks angekündigt. Im April haben Sie in der FAZ vom 01.04.2021 dazu folgendes angekündigt: „Wenn wir Sputnik bestellen, dann werden wir noch im April 300 000 Dosen, im Mai 500 000 Dosen und 200 000 Dosen Anfang Juni erhalten. Eine sehr zeitnahe Lieferung wäre hier somit möglich.“ Bis heute hat die EMA, aufgrund mangelnder Datenlage, keine Zulassung erteilt. Eine solche ist wohl frühestens für den Spätherbst in Aussicht genommen.

Hinzu kommen neue Enthüllungen: Offenbar wussten – mit der Impfstoffbeschaffung- und Verteilung betraute – höchste Beamtinnen und Beamten der Republik von den Sputnik-Überlegungen nichts, erfuhren davon nur aus Medien. Schlimmer noch: Es dürfte völlig unklar sein, ob ein Kaufvertrag, ein Vorvertrag oder auch nur ein Entwurf eines solchen zur Lieferung von Sputnik Impfdosen existiert. Wie aber kann es sein, dass Sie als Bundeskanzler mehrfach behauptet haben bei Sputnik „auf den letzten Metern zu sein“, wenn es dazu offenbar kein einziges Schriftstück, keinen Vertragsentwurf oder Ähnliches gibt. Für die Beschaffung von Impfstoffen wäre das Gesundheitsministerium – und dort wohl auf Beamtenebene die neu ernannte Impfstoffkoordinatorin – verantwortlich. Lt. Ministeriengesetz ist das BKA jedenfalls nicht für die eigenmächtige Beschaffung russischer Impfstoffe zuständig.

Das permanente Zünden von Nebelgranaten zur Ablenkung von Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker bis hin zum Bundeskanzler oder schwere politische Fehler – wie etwa bei der Impfstoffbeschaffung - ist mittlerweile zum System geworden. Die Menschen in Österreich haben aber ein Recht zu erfahren, ob Sputnik ein reines Ablenkungsmanöver war, um zu verschleiern, dass Österreich etwa freiwillig auf hunderttausende Dosen des bis dato wohl besten Impfstoffes von Biontech/Pfizer verzichtet hat und dadurch Ihr Versprechen eines normalen Sommers für hundertaussende Menschen in unserem Land gebrochen wurde.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.       Wann und warum haben Sie den Entschluss gefasst Sputnik-Impfdosen für Österreich zu beschaffen?

2.       Auf Basis welcher und wessen Expertise haben Sie den Entschluss gefasst, Sputnik-Impfdosen für Österreich zu beschaffen?

3.       Stand die Idee im Zusammenhang mit dem freiwilligen Verzicht Österreichs auf europäische Impfstofflieferungen, die zum Rückzug von Clemens Martin Auer als Impfstoffkoordinator geführt haben?

4.       Haben Sie den geplanten Beschaffungsvorgang mit dem Gesundheitsminister besprochen?

5.       Hat ihr Kabinett den geplanten Beschaffungsvorgang mit dem Kabinett des Gesundheitsministers besprochen?

6.       Haben Sie den geplanten Beschaffungsvorgang mit dem Finanzminister besprochen?

7.       Hat ihr Kabinett den geplanten Beschaffungsvorgang mit dem Kabinett des Finanzministers besprochen?

8.       Ist das Bundeskanzleramt lt. Ministeriengesetz für die Beschaffung von Impfstoffdosen zuständig? Falls Nein, bei welchem Ressort liegt die Zuständigkeit?

9.       Wer hat für Österreich die Verhandlungen über die Lieferung von Sputnik-Impfdosen geführt und welche Ressorts waren an den Gesprächen beteiligt?

10.   Wer waren auf russischer Seite die Gesprächspartner?

11.   Welche Vereinbarungen – wie zum Beispiel Liefermenge, Lieferzeitpunkt, Preis pro Dosis oder Vertragsvoraussetzungen - wurden über die Lieferungen von Sputnik Impfdosen getroffen?

12.   Gibt es bzgl. der Lieferung von Sputnik Impfdosen an Österreich schriftliche Vereinbarungen mit einem Vertragspartner (z.B.: Vertrag, Vorvertrag, Letter of Intent)?

a.       Wenn ja, bitte um Überlieferung aller schriftlichen Dokumente, die in Zusammenhang mit den Verhandlungen rund um Sputnik oder einem etwaigen Beschaffungsvorgang von Spunik stehen.

13.   Sollte ein Vertrag abgeschlossen worden sein: was ist der Vertragsinhalt und ist darin auch eine Kündigungsklausel enthalten?

14.   Haben Sie mit Präsident Putin persönlich über die Lieferung von Sputnik Impfstoffdosen gesprochen und falls ja, was war der Inhalt dieser Gespräche?

15.   Haben Sie im Vorfeld der medialen Ankündigung die Meinung des Gesundheitsministeriums – insbesondere der neuen Impfstoffkoordinatorin – bzgl. der Lieferung von Sputnik Impfstoffdosen eingeholt? Falls Ja, was wurde Ihnen seitens des Gesundheitsministeriums empfohlen?

16.   Ist Österreich verpflichtet 1 Mio. Impfdosen von Sputnik zu kaufen, auch wenn die Zulassung durch die EMA er zu einem Zeitpunkt erfolgt, zudem dieser Impfstoff nicht mehr benötigt wird?

17.   Während für die SPÖ stets das Prinzip galt, wonach in Österreich Vakzine nur zur Anwendung gelangen sollen, wenn sie auch von der obersten europäischen Arzneimittelbehörde, der EMA, zur Anwendung zugelassen wurden, überraschten Sie, mit Ihrem Alleingang in Puncto Sputnik: Kann man sich in Österreich weiterhin darauf verlassen, dass hierzulande nur Vakzine zum Einsatz kommen, denen zuvor von Seiten der EMA eine Zulassung erteilt wurde und deren Einsatz auch vom österreichischen nationalen Impfgremium (NIG) empfohlen wurde?