7039/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.06.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Neuausrichtung der ADA
Am Management der Austrian Development Agency gab es in letzter Zeit Kritik, aber auch Erneuerung. Eine externe Evaluierung aus dem Jahr 2019 befand, dass die Expertise der Mitarbeiter_innen in den field offices in Wien nicht ausreichend geschätzt würde, und Sparvorgaben stärkere Berücksichtigung fänden als Wirkungsanalyse. Die Fluktuation bei der ADA sei überdies hoch, weil sie im internationalen Vergleich relativ niedrige Gehälter bezahle. Auch werden Posten verspätet nachbesetzt, was zu einem Verlust von mühsam erworbener Expertise führe. Bei Besetzungen auf Führungsebene verdünnt sich der Frauenanteil. Im Feld ist das Geschlechterverhältnis noch mehrheitlich weiblich, doch die Spitzenpositionen werden dann zur Männerdomäne. In Summe sei die Moral beim Personal ausbaufähig.
Die OECD DAC Review von 2020 kritisiert unter anderem dann, dass der ADA die Möglichkeit fehlt, ihre Prioritäten mit anderen Ministerien zu koordinieren. Jedes Ministerium ist für die Implementierung und Evaluierung der in seinen Aufgabenbereich fallenden EZA Projekte zuständig. Der österreichische Zugang zu seiner Entwicklungszusammenarbeit bleibt also kleinteilig und daher weniger effizient, als unter einem whole-government Zugang möglich wäre.
Ein wichtiger Kritikpunkt der DAC Review ist die unklare Erstellung von thematischen und regionalen Prioritäten. So hat Österreich eine Liste mit Schwerpunktländern erstellt. Unter diesen befindet sich das Bürgerkriegsland Äthiopien sowie Uganda mit seiner ständigen Verschlechterung der demokratischen Situation. Nicht auf der Schwerpunktliste steht die Türkei; diese bekommt aber die meiste Unterstützung weltweit. Der Grund scheint eher österreichischer Innenpolitik (Wichtigkeit von Immigrationsverhinderung im politischen Tagesdiskurs) geschuldet zu sein, als den offiziellen ADA Prioritäten (Armutsbekämpfung, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Umweltschutz, Friedenssicherung und die Schaffung von inklusiven Gesellschaften und Geschlechtergleichstellung).
Die ADA ist im internationalen Vergleich eine kleine Organisation. Es fragt sich, ob ein derart breiter Themenbereich dazu angetan ist, die ADA als Experte in irgendeinem dieser Betätigungsfelder zu etablieren. Ein Alternativzugang wäre – statt in einer Liste von (oft volatilen) Schwerpunktländern auf breiter Basis zu arbeiten – einen spezifischen Entwicklungsbereich mit ausreichenden Mitteln auszustatten, um darin führend zu werden und diese Expertise dann weltweit auch anderen Entwicklungsagenturen zur Verfügung zu stellen. Dieser Zugang würde es erlauben, hochqualitatives Humankapital zu schaffen und dann auch zu halten, und auch mehr Drittmittel zu lukrieren.
2020 wird mit Botschafter Friedrich Stift zugleich ein neuer Geschäftsführer bestellt und ein neuer Dreijahresplan erarbeitet. Dies gibt der ADA die Chance zu einer Rundumerneuerung unter neuem Management. Im Dezember letzten Jahres versprach Minister Schallenberg, das Parlament inklusive Opposition frühzeitig in die Erstellung des neuen Planes einzubeziehen. Dies ist leider nicht geschehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie viele Personen haben sich für die ADA-Geschäftsführung beworben und wie viele von ihnen sind zu einem ersten Hearing eingeladen worden?
a. Wie viele Bewerber_innen waren weibliche, wie viele männlich und wie gestaltete sich das Geschlechterverhältnis dann beim Hearing selbst?
2. Wie viele Kandidat_innen haben im Zuge ihrer Bewerbungen für die ADA-Geschäftsführung ein Konzept erstellt?
3. Bitte um Übermittlung der Executive Summaries der Kandidat_innen, und des Gesamtkonzepts des erfolgreichen Kandidaten, Botschafter Stift.
4. Der neue Geschäftsführer tritt seinen Dienst erst knapp vor Fertigstellung des neuen Dreijahresplans an. Werden Aspekte seines Konzepts noch in den Dreijahresplan eingehen?
a. Wenn ja, bitte um zusammenfassende Erläuterung der Programmpunkte, die aus dem Konzept in die neue Strategie einfließen.
5. Botschafter Stift hat eine lange und erfolgreiche diplomatische Karriere mit wichtigen Posten hinter sich, aber keine fachliche Erfahrung in seinem neuen Betätigungsfeld, internationale Entwicklungsarbeit. Warum wurde wieder ein Quereinsteiger gegenüber Kenner_innen des Fachs bevorzugt?
6. Im Zuge der Erstellung des Dreijahresplans 2016-18 initiierte das BMEIA einen Koordinationsprozess mit Stakeholdern zur Verbesserung des whole-government Zugangs der österreichischen EZA. Gibt es auch dieses Mal einen derartigen Prozess?
a. Wenn nein, weshalb nicht?
b. Wenn ja, wer ist eingebunden? Befinden sich auch Stakeholder aus den Schwerpunktländern am Tisch?
c. 2016 wurden die Vorschläge im Nachhinein vom BMEIA in Hinblick auf tagespolitische Themen (Flucht und Migration) überarbeitet (Quelle: Kommentar von Michael Obrovsky und Werner Raza, ÖFSE). Die Kritik der innenpolitischen Vereinnahmung der EZA Politik wird auch in der 2020 DAC Review wiederholt. Gibt es im gegenwärtigen Prozess der Planerstellung Sicherheitsmechanismen, die eine Vereinnahmung des Dreijahresplanes durch die Tagespolitik verhindern?
7. Zur Neugestaltung des Dreijahresplans ist die Anhörung des Beirats für Entwicklungspolitik verpflichtend, seine Meinungen haben allerdings nur Empfehlungscharakter. Welche Rolle spielt der Beirat für Entwicklungspolitik in der Entwicklung des Dreijahresprogramms?
8. Der Geschäftsbericht 2020 verdeutlicht die DAC Review Kritik, dass nur ein kleiner Teil der Mittel in der Projektdurchführung durch lokale Partner vor Ort implementiert werden (15,9%, und davon mehr als die Hälfte durch öffentliche Stellen wie Ministerien, statt Zivilorganisationen). Gibt es Pläne, den Verbesserungsvorschlag der DAC Review umzusetzen und einen höheren Anteil der Mittel durch lokale Zivilorganisationen fließen zu lassen?
9. Die DAC Review stellt fest, dass Österreich als kleiner Geber seine Effizienz durch Pooling von Ressourcen erhöhen kann.
a. Gibt es Überlegungen einen höheren Anteil der EZA Mittel in internationale Projekte einzubringen?
i. Wenn ja, wie schlagen sich diese Überlegungen im neuen Dreijahresplan nieder?
ii. Waren solche Überlegungen in einem oder mehreren der Kandidat_innen-Konzeptpapiere zu finden, und wenn ja, in welchem/welchen?
b. Gibt es Überlegungen, die österreichische Strategie von Schwerpunktländern auf eine kleine Anzahl von Schwerpunktthemen umzustrukturieren, um in diesen Themenbereichen Weltklasse zu erlangen?
i. Wenn ja, wie schlagen sich diese Überlegungen im neuen Dreijahresplan nieder?
ii. Waren solche Überlegungen in einem oder mehreren der Kandidat_innen-Konzeptpapiere zu finden, und wenn ja, in welchem/welchen?
10. Gibt es Pläne, das Parlament (in Form des EZA Unterausschusses) doch noch in die Erstellung des Dreijahresplans einzubinden?
a. Wenn ja, wann und in welcher Form?