7089/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.06.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend EU-Konformität des Medizinproduktegesetzes
Die Erneuerung des Medizinproduktegesetzes wurde durch die Umsetzung der EU Verordnung 2017/745 nötig, diese gilt nach pandemiebedingten Verzögerungen seit 26. Mai 2021. Trotz der langen Vorlaufzeit hat die Regierung es allerdings nicht rechtzeitig geschafft, sich auf die notwendigen Änderungen vorzubereiten und erst am 13. April ein Gesetz in die Begutachtung geschickt. In weiterer Folge wurde die kurze Begutachtungsfrist kritisiert, diese endete bereits am 4. Mai. Mit dem nächsten Plenum am 19. Mai war der Umsetzungszeitraum also ausgesprochen knapp bemessen. Aufgrund der Vielzahl von Kritikpunkten an dem Gesetz wurde dieses komplett überarbeitet, anstelle eines transparenten Prozesses wurde das Gesetz aber mittels eines Abänderungsantrags weniger als 24 Stunden vor dem zugehörigen Gesundheitsausschuss Anfang Juni versandt.
Einige Kritikpunkte wurden dabei angepasst, starke Einschnitte gab es besonders bei der Herstellung und Verwendung von Medizinprodukten im Rahmen der sogenannten In-House-Verwendung. Die (Wieder-) Aufbereitung von Medizinprodukten stellt allerdings einen Kernpunkt der Verordnung 2017/735 dar und ist auch ein relevanter Wirtschaftsfaktor für Krankenhäuser und das Gesundheitssystem. So werden bestimmte Medizinprodukte wie Operationsbesteck wiederaufbereitet, teilweise können auch Einmalprodukte so erneut verwendet werden. Das beeinflusst einerseits die Nachhaltigkeit, wenn es beispielsweise um die Verpackung von Einmalprodukten wie Schrauben geht und ob diese nach Sterilisation immer noch verwendet werden können. Andererseits kann die Wiederverwendung von Operationsbesteck, das nur für den einmaligen Gebrauch gedacht ist, für Patienten ein Sicherheitsrisiko darstellen. Die Haftungsfragen sind in diesen Bereichen kritisch zu bewerten, aufgrund der neuen EU-Richtlinie müssen die Mitgliedsstaaten einige Detailfragen selbst festlegen.
Im Begutachtungsentwurf des Ministeriums wurde diese In-House-Regelung sehr detailliert geregelt, das Ministerium wies in den Erläuterungen zum zugehörigen §9 explizit auf die Sicherheitsaspekte hin:
"Zu § 9: Die in Abs. 1 aufgezählten Medizinprodukte sind Produkte, von denen ein besonderes Risiko für Patientinnen und Patienten ausgeht. Aufgrund dieses Risikos ist die Herstellung und anschließende Verwendung dieser Produkte als sogenannte In-House-Produkte in Gesundheitseinrichtungen grundsätzlich nicht zulässig und darf nur unter Einbeziehung einer Benannten Stelle in das Konformitätsbewertungsverfahren erfolgen.
Durch die Verordnungsermächtigung in Abs. 2 wird ermöglicht, weitere Medizinprodukte dem Verbot der Herstellung und anschließenden Verwendung in Gesundheitseinrichtungen zu unterwerfen. Durch die Verordnungsermächtigung in Abs. 3 können ergänzende Anforderungen für In-House-Produkte definiert werden, um ein ausreichendes Sicherheitsniveau zu erreichen. Durch Abs. 4 wird auch für In-vitro-Diagnostika der Klasse C gefordert, dass die Gesundheitseinrichtung bei der In-House-Produktion Unterlagen erstellt, die die Informationen über die Herstellungsstätte, das Herstellungsverfahren, die Auslegung und die Leistungsdaten der Produkte einschließlich ihrer Zweckbestimmung enthalten und hinreichend detailliert sind, damit sich das BASG vergewissern kann, dass die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 746/2017 erfüllt sind."
Schon die in Abs. 1 aufgezählten Medizinprodukte im Begutachtungsentwurf führten zu einer derartigen Verschärfung der Verordung, dass es seitens einiger Krankenhäuser zu vehementen Einspruch kam. So wurden Einschränkungen in der Versorgungsqualität und finanzielle Mehrkosten befürchtet, weiters wurden Widersprüche zwischen expliziten Erlaubnissen zur Wiederaufbereitung und dem Gesetzesvorschlag kritisiert, ebenso Widersprüche zwischen dem Gesetzesentwurf und der zugrundeliegenden EU-Verordnung.
Anstatt die Kritikpunkte ordentlich auszuräumen wurden diese in der neuen Version des Medizinproduktegesetzes überhaupt nicht mehr angesprochen, der gesamte Themenbereich wird nun zur Verordnungsmaterie:
"§ 9. (1) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz kann zur Abwendung von Risiken und Gewährleistung der Sicherheit von Patienten, Anwendern und gegebenenfalls Dritten durch Verordnung Medizinprodukte benennen, die nicht in Gesundheitseinrichtungen hergestellt und verwendet werden dürfen.
(2) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, kann soweit dies im Hinblick auf die Gewährleistung der medizinischen Leistungsfähigkeit und den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten und zur Abwehr von Risiken erforderlich ist, durch Verordnung nähere Anforderungen für die Auslegung und das Herstellungsverfahren und dessen Dokumentation sowie zum Qualitätsmanagementsystem für die Herstellung von In-House-Produkten erlassen."
Damit ist immer noch unklar, welche Auslegung der EU-Verordnung in Österreich zur Anwendung kommt und bis zu welchem Ausmaß eine Aufbereitung oder Weiterverwendung von Einmalprodukten möglich ist. So kann die vorgeschlagene Regelung so verstanden werden, dass Aufbereitung und Wiederverwendung erlaubt sind, da sie nicht explizit nach nationalem Recht verboten wurden. Nicht eindeutig klar ist allerdings, ob die Aufbereitung durch externe Aufbereiter erlaubt ist, dies müsste auf nationaler Ebene dezidiert erlaubt werden. Entgegen des Auftrages der Verordnung sind in Bezug auf die Wiederaufbereitung allerdings nicht alle Öffnungsklauseln dezidiert abgehandelt, wann und in welcher Ausgestaltung eine zugehörige Verordnung erlassen wird ist unklar.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende