712/J XXVII. GP

Eingelangt am 03.02.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Jobabbau durch Altersteilzeit in der Sozialversicherung

 

Eine Milliarde Euro sollte durch die von Schwarz-Blau beschlossene Sozialversicherungsreform  eingespart werden. Nun ist bekannt, wodurch dies hauptsächlich erfolgen soll: Eine als Altersteilzeit getarnte Frühpension auf Kosten der Versicherten. Am 5. Dezember 2019 berichteten "Die Presse" 1 und "orf.at" 2 über die Maßnahmen der Sozialversicherung.

Laut ÖVP-FPÖ-Ankündigungen sollten die Einsparungen vor allem bei den Funktionär_innen erfolgen ("Funktionärsmilliarde"), bei den Mitarbeiter_innen waren keine Kürzungen vorgesehen - diese bekamen eine Jobgarantie zugesichert. Parallel dazu wurde aber angekündigt, dass innerhalb von zehn Jahren 30 Prozent aller Mitarbeiter_innen über natürliche Abgänge abgebaut werden sollten. Dies geschieht nun über über diese außerordentlich großzügige Altersteilzeitregelung, die nichts anderes als eine verkappte Frühpension auf Kosten der Beitragszahler ist:

Das gesetzliche Pensionsantrittsalter liegt für Männer bei 65 Jahren. Nimmt ein Beschäftigter der das Altersteilzeitmodell der Sozialversicherung in Anspruch, geht er im Extremfall acht Jahre früher außer Dienst, als gesetzlich vorgesehen und kassiert 80 Prozent der Bezüge. 

Für die Dauer des Modells gebühren den Beschäftigten folgende Bezüge des Bezuges vor Inanspruchnahme:

 

Bei 25 anrechenbaren Dienstjahren

75 %

Bei 26 anrechenbaren Dienstjahren

76 %

Bei 27 anrechenbaren Dienstjahren

77 %

Bei 28 anrechenbaren Dienstjahren

78 %

Bei 29 anrechenbaren Dienstjahren

79 %

Ab 30 anrechenbaren Dienstjahren

80 %

 

Damit finanzieren die Versicherten frühzeitige Ruhestände der Sozialversicherungsbeschäftigten. Schon länger ist bekannt, dass Altersteilzeit einen versteckten Weg in die Frühpension darstellt. Dies gilt nicht nur für die gesetzlich geregelte geblockte Altersteilzeit, sondern in viel stärkerem Maße für die betriebliche Altersteilzeit der Sozialversicherung. 

Dieses Modell der "betrieblichen Altersteilzeit" wurde am 22. Oktober von der Trägerkonferenz des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger beschlossen - als "freiwillige" Möglichkeit für die Beschäftigten der Sozialversicherung. Das Modell sieht vor, dass Beschäftigte, die mindestens 25 Jahre Dienstjahre und bei Antragstellung das 52. Lebensjahr vollendet haben, in die geblockte Altersteilzeit gehen können - gegliedert in eine "Arbeitsphase" und eine "Freizeitphase". Anders jedoch, als bei dem regulären geblockten Altersteilzeitmodell, das eine Freizeitphase von maximal 2,5 Jahren vorsieht, erlaubt das Modell der Sozialversicherung eine Freizeitphase von bis zu acht Jahren. Der Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Bernhard Wurzer, argumentiert, dass die betriebliche Altersteilzeit nur genehmigt würde, wenn gleichzeitig ein Dienstposten eingespart wird und spricht von einem "Einsparungsprogramm". Fragwürdig ist jedoch, wie viel tatsächlich eingespart wird und ob es nicht andere Möglichkeiten gegeben hätte, die nicht noch mehr zulasten der Versicherten gegangen wären. 

 

1 https://www.diepresse.com/5733466/sozialshyversicherung-jobabbau-mit-verkappter-fruhpension 

2 https://orf.at/stories/3146576/ 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    War dem Ressort die Altersteilzeitregelung der Sozialversicherung bekannt?

a.    Inwieweit war das BMASGK (XXVI.GP) eingebunden als diese Regelung ausgearbeitet und beschlossen wurde?

b.    Welche Gründe aus Sicht Ihres Ressorts sprechen für diese großzügige Altersteilzeitregelung auf Kosten der Versicherten?

c.    Wie wird die Entscheidung für diese Regelung begründet?

2.    Hat das BMASGK als Aufsichtsbehörde diese Änderung der Dienstordnung genehmigt?

a.    Wenn ja, wann und warum?

3.    Der Generaldirektor der ÖGK spricht von einem "Einsparungsprogramm" - gibt es tatsächlich ein Einsparungspotential durch diese Regelung? 

a.    Wenn ja, wie groß ist das Einsparungspotential durch die Altersteilzeitregelung?

4.    Zahlreiche Experten kritisieren die geblockte Altersteilzeit als Form der Frühpension. Warum hat man sich bei der Sozialversicherung ausgerechnet für diese Variante des Jobabbaus entschieden?

a.    Wurden auch andere Möglichkeiten und Konzepte zur Kosteneinsparung in Betracht gezogen?

b.    Wenn ja, welche Modelle der Kosteneinsparung wurden noch in Betracht gezogen und welche Faktoren sprachen gegen eine Umsetzung?

5.    Wie viele Beschäftigte haben bereits ein Ansuchen auf betriebliche Altersteilzeit gestellt (bitte um Aufgliederung nach Träger)?

a.    Wie viele Antragsteller_innen fallen in Kategorie 6 (siehe Tabelle) und haben somit Anspruch auf 80 Prozent des Bezuges vor Inanspruchnahme?

6.    Wie viele Beschäftigte sollen das Altersteilzeitmodell nach den Plänen des SV-Managements voraussichtlich in Anspruch nehmen (bitte um Aufgliederung nach Träger)?

7.    Wie hoch sind die erwarteten Kosten für dieses Altersteilzeitmodell pro Jahr?

8.    Wie hoch sind die erwarteten Kosten insgesamt?