7171/J XXVII. GP

Eingelangt am 30.06.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Transparenz bei der Umsetzung des Aufbau- und Resilienzplans

 

Als Teil des Aufbauprogramms Next Generation EU werden EU Mitgliedstaaten über die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) der EU rund 672,5 Mrd. EUR an Darlehen und Zuschüssen zur Verfügung gestellt mit dem Ziel, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auszugleichen und eine digitale und klimagerechte Transformation der europäischen Wirtschaft anzustoßen.

Dabei wurden die EU Mitgliedstaaten angehalten, unter Einbeziehung aller relevanter Entscheidungsträger_innen und Stakeholder einen nationalen Aufbau- und Reformplan (ARP) zu erstellen, mittels dem die den Mitgliedstaaten zu Verfügung stehenden Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität an geeignete Maßnahmen, Reformen, Projekte und Programme vergeben werden sollten. Wichtig war der Europäischen Kommission neben vielen andere Kriterien, dass es sich dabei um neue Initiativen handeln solle, diese also erst 2020 begonnen wurden. 

Die Brüsseler Initiative "Open Procurement EU Coalition" - eine Zusammenarbeit zwischen den Think Tanks/NGOs Access Info Europe (Spanien), ePánstwo Foundation (Polen), Funky Citizens (Rumänien), K-Monitor (Ungarn), Open Contracting Partnership, Parliament Watch (Italien), Transparency International EU, Transparency International (Litauen) und Transparency International (Portugal) mit dem Ziel das öffentliche Beschaffungswesen fair, transparent und mitteleffizient zu machen - hat die Aufbau- und Resilienzpläne von 22 Mitgliedstaaten auf die darin enthaltene Selbstverpflichtung zu einem transparenten und nachvollziehbaren Berichtswesen über die Umsetzung der Pläne geprüft. Das Ergebnis war für die Autoren der Analyse enttäuschend: Sie stellten einen erstaunlichen Mangel an Transparenzverpflichtungen in den Aufbau- und Resilienzplänen der EU Mitgliedstaaten fest, der die wichtige Kontrollfunktion der Zivilgesellschaft und investigativer Medien bei der Korruptionsbekämpfung unterminiert (https://www.access-info.org/wp-content/uploads/RFF_transparency.pdf).

Kein einziges der 22 analysierten Länder wird Informationen über die EU-Mittel als "open data" - also für jeden offen zugänglich - zur Verfügung stellen. Einen Prüfbericht ("audit report") an die EK über die Vergabe der Mittel kündigt allein Schweden in seinem Aufbauplan an. Sieben Länder haben sich in ihren nationalen Aufbauplänen gleich zu überhaupt keiner Transparenz verpflichtet: neben Österreich, auch Kroatien, Dänemark, Deutschland, Polen, die Slowakei und Slowenien.

Die Österreichische Bundesregierung hat nun angekündigt, die über den ARP vergebenen Mittel in die Österreichische Transparenzdatenbank (https://transparenzportal.gv.at/tdb/tp/startpage) einzuspeisen, womit die Empfänger_innen von Mitteln aus der Aufbau- und Resilienzfazilität für das Bundesministerium für Finanzen (BMF), Abgabenbehörden und Förderstellen abrufbar sind. Für Bürger_innen, NGOs, Medien, Forschungsinstitute und Universitäten sind diese Informationen in der Transparenzdatenbank jedoch nicht verfügbar. Eine offene und transparente Mittelvergabe schaut anders aus! 

Österreich sollte sich beim Thema Transparenz ein Beispiel an der EU nehmen:  Im "Transparency Award Module" (TAM; https://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency/public?lang=en) müssen EU Mitgliedstaaten die Bezieher_Innen von Förderungen von über 100.000 EUR einmelden. Und in der "Transparenzdatenbank EU" (https://www.transparenzdatenbank.at/) sind Informationen über die Bezieher_Innen von  EU Agrarförderungen für alle Bürger_Innen einsehbar.  

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



  1. Welche Stakeholder wurden von Ihnen im Rahmen des Konsultations- und Planungsprozess zum österreichischen Aufbau- und Resilienzplan (ARP) konsultiert? Bitte um vollständige Aufzählung.
    1. Wie oft?
    2. In welcher Form? (Telefonate, E-Mail, Koordinationssitzungen, etc.)
  1. Wie hoch ist das Volumen der von diesen Stakeholdern in den ARP reklamierten Projekte und Maßnahmen? Bitte um Angaben je nach konsultiertem Stakeholder.
  2. Wurden von Stakeholdern vorgeschlagene Projekte und Maßnahmen von Ihnen in den ARP übernommen? 
    1. Wenn ja, welche? Bitte um Aufzählung.
    2. Wenn ja, in welcher Höhe?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurden von Ihnen auch Unternehmen im Rahmen des Konsultationsprozess angehört?
    1. Wenn ja, welche? Bitte um Aufzählung.
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurden von Ihnen, von Unternehmen vorgeschlagene Projekte in den österreichischen ARP inkludiert?
    1. Falls ja, um welche Unternehmen und Projekte handelt es sich? 
    2. Falls ja, in welcher Höhe?
    3. Falls nein, warum nicht?
  1. In welchem Ausmaß waren die Projekte und Maßnahmen, die von Ihnen im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans (ARP) eingereicht wurden, schon geplant und/oder budgetiert und sollen nun durch Zuschüsse der Aufbau und Resilienzfazilität (ARF) finanziert werden? Bitte um Angabe der Anzahl der Projekte/Maßnahmen/Programme und der davon umfassten finanziellen Mittel. Bitte um Angabe in absoluten Zahlen und in Prozent.
  2. Das Bundesministerium für Finanzen hat angekündigt, die Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in die Transparenzdatenbank einzumelden. Diese ist nur für einen eingeschränkten Benutzerkreis einsehbar, nicht aber für Medien, NGOs, Forschungsinstitute oder Bürger_innen.
    1. Hat das BMF vor, darüber hinaus Daten über die endgültigen Empfänger_innen der Zuschüsse aus der ARF in Form einer öffentlich einsehbaren Datenbank zur Verfügung zu stellen?
    2. Hat das BMF vor, darüber hinaus Daten über die endgültigen Empfänger_innen der Zuschüsse aus der ARF in Form eines öffentlich zugänglichen Berichts zur Verfügung zu stellen?
  1. Hat das Bundesministerium für Finanzen vor, die Öffentlichkeit über die Umsetzung des ARP und die finanziellen Auswirkungen dieser Umsetzung zu informieren?
    1. Wenn ja, in welcher Form und wie oft?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Hat das Bundesministerium für Finanzen vor, das Österreichische Parlament über die Umsetzung des ARP und die finanziellen Auswirkungen dieser Umsetzung zu informieren?
    1. Wenn ja, in welcher Form und wie oft?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Hat die Österreichische Bundesregierung vor, die Beschaffungsverträge jener Programme, die durch die ARF gefördert werden, zu veröffentlichen?
    1. Falls ja, in welcher Form?
    2. Falls nicht, warum nicht?
  1. Die NGO-Vereinigung "Open Procurement EU" zählt Österreich in ihrer Transparenz-Rangliste zu jenen sieben Staaten, die im Rahmen des ARP beim Thema Transparenz keinen einzigen Punkt erreicht haben. (Quelle: https://www.open-contracting.org/wp-content/uploads/2021/06/RRF_transparency_report.pdf)
    1. Wie lässt sich das aus Sicht des BMF erklären?
    2. Hat das BMF vor, hier weitere Schritte zu mehr Transparenz bei der Umsetzung des ARP vorzunehmen und wenn ja, welche?
    3. Falls keine weiteren Schritte geplant sind, warum nicht?
  1. Haben Sie vor, Abfragen in der Österreichischen Transparenzdatenbank über den Bezug von Förderungen auch für die Öffentlichkeit (Bürger_innen, Medien, NGOs, Forschungsinstitute, usw.) zugänglich zu machen?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn nein, warum nicht?