719/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.02.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Kosten für Rechtsberatung im Asylverfahren und Kündigung der Verträge mit NGOs

 

 

Aus den Anfragebeantwortungen 2578/AB vom 11.3.2019 zu 2592/J (XXVI. GP) und 2567/AB vom 8.3.2019 zu 2565/J (XXVI. GP) die Sie als Abgeordnete im Jahr 2019 eingebracht haben, geht hervor, dass die Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Inneres sowie den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (Anm. vormals Zuständigkeit des Bundeskanzlers), im Oktober 2011 einen Rahmenvertrag mit der ARGE Rechtsberatung, bestehend aus Diakonie Flüchtlingsdienst und Volkshilfe Oberösterreich, sowie dem Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) für die Rechtsberatung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren sowie im zweitinstanzlichen Verfahren abgeschlossen hat.

 

Die Höhe der Entgelte und die konkreten vertraglichen Leistungen werden gemäß Anfragebeantwortung 2578/AB vom 11.3.2019 zu 2592/J (XXVI. GP) wie folgt dargestellt:

„Die Höhe der Entgelte für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetscherkosten wurde betreffend die Fälle der Rechtsberatung in Verfahren vor dem BFA von der Bundesministerin für Inneres und betreffend die Fälle der Rechtsberatung in Verfahren vor dem BVwG vom Bundeskanzler (BGBl. II Nr. 320/2011 und BGBl. II Nr. 457/2013) verordnet. Als Entgelt sind – wertgesicherte – Pauschalbeträge pro beratenem Asylwerber bzw. Fremden für jede der in sogenannten „Teilkategorien“ (siehe Frage 4.) angeführten Leistungen vorgesehen. Im Falle der Vertretung von Asylwerbern bzw. Fremden fällt ein zusätzliches Pauschalentgelt an.

 

Darüber hinaus bestehen zwei Reduktionsstufen dergestalt, dass sich ab dem 4.001 zu bezahlenden Pauschalentgelt der Betrag um 25 % und ab dem 7.001 zu bezahlenden Pauschalentgelt der Betrag um weitere 10 % verringert. […]

 

[…] Auf Grundlage der im Jahr 2011 abgeschlossenen Rahmenvereinbarung können die abrufberechtigten Stellen jeweils die Leistungen einzelner in den ‚Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen‘ der Rahmenvereinbarung und den Adaptierungen aufgelisteter diverser Dienstleistungen in verschiedenen (asyl- und fremdenrechtlichen) Verfahrensarten und Stadien, die in so genannten ‚Teilkategorien‘ zusammengefasst wurden, abrufen. Die Teilkategorien stellen sich zusammengefasst wie folgt dar:

 

-) Teilkategorie 1: Rechtsberatung im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für

Fremdenwesen und Asyl (BFA) gemäß § 49 BFA-VG (BFA)

-) Teilkategorie 2 und Teilkategorie 3/B 2. Instanz: Rechtsberatung für Fremde oder Asylwerber im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gemäß § 52 BFA-VG

-) Teilkategorie 3/A 1. Instanz: Rechtsberatung für Fremde bei einer Festnahme aufgrund eines Festnahmeauftrages gemäß §§ 34 Abs. 3 Z 1 iVm 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG im Rahmen der sonstigen Rechtsberatung gemäß § 51 BFA-VG

-) Teilkategorie 4: Rechtsberatung im zugelassenen Verfahren vor dem BFA gemäß § 50 BFAVG (optional) Die in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht von den Rechtsberatern zu erbringenden Leistungen sind § 52 Abs. 2 BFA-VG zu entnehmen.“

 

Die Rahmenvereinbarung wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann nach einem dreijährigen Kündigungsverzicht von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist von jeder Vertragspartei gekündigt werden. Gemäß Medienberichten vom Dezember 2019 wurde die Rahmenvereinbarung noch nicht gekündigt:

„Türkis-Blau schaffte eine staatliche Agentur. Sie soll die Rechtsberatung für Flüchtlinge übernehmen. Dafür hätte Justizminister Clemens Jabloner die Verträge mit den NGOs kündigen sollen. Tat er nicht. Nun muss Türkis-Grün entscheiden.“

(Quelle: https://www.diepresse.com/5744183/bleibt-rechtsberatung-fur-fluchtlinge-bei-ngos)

 

Sehr wohl wurde aber eine Fristverkürzung von beiden Seiten vereinbart:

„[…] Nun jedoch gibt es eine Denkpause, um der kommenden Bundesregierung die Möglichkeit zu eröffnen, die Änderung nochmals zu prüfen: Auf Initiative des Justizministerium wurde die Kündigungsfrist für die NGOs gekürzt – sodass sie nicht wie ursprünglich vorgesehen Ende Dezember, sondern erst Ende Februar beginnt. […]“

(Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000112714084/denkpause-fuer-verstaatlichte-rechtsberatung-von-asylwerbern)

 

Im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen wurde die von Türkis-Blau initiierte Umsetzung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungleistungen (BBU) wie folgt niedergeschrieben:

„Umsetzung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) mit den Tätigkeitsfeldern Grundversorgung, Rechtsberatung, Rückkehrberatung, Dolmetschleistungen, Menschenrechtsbeobachtung“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie hoch waren die Kosten für Ihr Ressort, die auf Basis dieser Rahmenvereinbarung angefallen sind, aufgeschlüsselt nach den Jahren 2011 bis 2019 und den einzelnen Teilkategorien?

2.    Wie viele Rechnungen wurden im Zeitraum 2011 bis 2019 an Ihr Ressort, aufgeschlüsselt nach ARGE Rechtsberatung und VMÖ, gestellt?

3.    Kam eine Reduktion des Pauschalbetrages zur Anwendung?

4.    Wie hoch waren die Kosten für Ihre Ressort, aufgeschlüsselt nach den Jahren 2011 bis 2019 für Rechtsberater, die nicht nur beraten haben sondern Asylwerber auch vertreten haben?

5.    Wie viele Rechnungen wurden im Zeitraum 2011 bis 2019 in dieser Sache an Ihr Ressort, aufgeschlüsselt nach ARGE Rechtsberatung und VMÖ, gestellt?

6.    Wie hoch waren die Kosten für Ihr Ressort, aufgeschlüsselt nach den Jahren 2012 bis 2019, für Dolmetscher?

7.    Wie viele Rechnungen für Dolmetscher wurden im Zeitraum 2011 bis 2019 an Ihr Ressort, aufgeschlüsselt nach ARGE Rechtsberatung und VMÖ, gestellt?

8.    Wird Ihr Ressort den Rahmenvertrag rechtzeitig kündigen, sodass die BBU ab 2021 die Agenden der ARGE Rechtsberatung und VMÖ übernehmen kann?

9.    Wenn nein, wie ist Ihr aktueller Fahrplan, um eine rasche Etablierung der BBU hinsichtlich der Rechtsberatung und Vertretung von Asylwerbern in der aktuellen Gesetzgebungsperiode zu gewährleisten?

10. Wie viele offene Beschwerdeverfahren von Fremden und Asylwerbern gibt es derzeit vor dem Bundesverwaltungsgericht?

11. Wie viele offene Verfahren im Asylbereich gibt es derzeit beim Verfassungsgerichtshof?

12. Wie viele offene Verfahren (Revision oder außerordentliche Revision) im Asylbereich gibt es derzeit beim Verwaltungsgerichtshof?