Eingelangt am 05.07.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Douglas
Hoyos-Trauttmansdorff, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend App "Grüner
Pass"
Ursprünglich war die Idee und der
Anspruch, den Österreicherinnen und Österreichern noch vor allen
anderen die Möglichkeit eines Grünen Passes zu bieten, um ihnen mit
der Bestätigung darüber, genesen, getestet oder geimpft zu sein, mehr
Freiheiten zu ermöglichen. Der Grüne Pass kam, allerdings bedeutend
später als geplant, vorerst nur für Getestete und Genesene1 und
jetzt, wo es sogar eine App gibt ist das Endergebnis vor allem eines: Ein
weiteres gescheitertes Digitalisierungsprojekt dieser Regierung. Was als pdf-
Datei mit QR-Code zum Download begonnen hat ist jetzt eine App, die nur auf iOS
verfügbar ist und für die man mindestens zwei Geräte oder einen
Drucker braucht, um sie zu nutzen: In der App werden zwei
Möglichkeiten genannt, den Grünen Pass hinzuzufügen: ausdrucken
und QR-Code scannen oder downloaden und QR-Code scannen. Erst wenn man ein
wenig Zeit mit Nachlesein im Internet oder mit Herumprobieren verbringt,
erfährt man, dass es auch eine dritte Möglichkeit gibt, die mit dem
Grünen Pass als PDF funktioniert: Dafür muss man ganz einfach das PDF
downloaden, die gespeicherte Datei am Handy suchen und öffnen, dann
(für ios) links unten auf das Teilen-Symbol klicken, bei den angebotenen
Apps auf "Mehr" und dort kann man die Grüne Pass App
auswählen.
Wir haben es letztes Jahr schon mit der
Stopp Corona App erlebt; 806.250,00 € 2 hat uns
diese App gekostet - obwohl es technisch nicht ideal gelöst ist, es
keine ordentliche Ausschreibung gab und auf Ebene der Vermarktung so viel
schief gegangen ist, dass die App im Endeffekt von niemandem genutzt wurde.3 Vergleichbar
mit einem weiteren Meilenstein der Digitalisierungsgeschichte; dem Kaufhaus
Österreich. Schon im Jänner gab es reihenweise App-Konzepte für
Test- und Impfnachweise, das wäre für die Regierung schon ein guter
Zeitpunkt gewesen, mit ersten Fachgesprächen zur Abwicklung zu starten.
Die meisten davon sind auch Open Source,
genauso wie die des Bundesamts für Informatik und Telekommunikation in der
Schweiz, auf dessen Basis diese App jetzt funktioniert. Zudem hat ein
mittlerweile bekannter österreichischer Entwickler und Twitter-User es
innerhalb weniger Stunden geschafft, eine Anwendung zu entwickeln, den
Grünen Pass in der Smartphone-Wallet zu speichern. Drei Habenberger
Student_innen haben zudem noch vor der Regierung eine App veröffentlicht, die
auf allen Smartphones funktioniert, die eine Wallet-Funktion beinhaltet, es in
der ganzen EU ermöglicht, seine eigenen Zertifikate vorzuweisen als auch
die von anderen gemäß aktuellen Regelungen des jeweiligen Landes zu
überprüfen. Der eigene 3G-Nachweis lässt sich außerdem mit
anderen teilen und Eltern können nicht nur ihren eigenen, sondern auch den
Impfpass ihrer Kinder dort abspeichern. Auch diese App ist Open Source.4
Betrachtet man die von Privatpersonen umgesetzten Lösungen wirkt es fast
so, als würde die Regierung nicht mit maximaler Effizienz arbeiten.
(1) https://futurezone.at/netzpolitik/gruener-pass-oesterreich-ohne-geimpfte/401404854
(2) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00268/index.shtml
(3) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200325_OTS0093/uniqa-stopp-corona-app-fuer-ganz-oesterreich
(4) https://www.heute.at/s/studenten-entwickeln-app-fuer-den-gruenen-app-100150420
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Gab es zur Entwicklung dieser App
Rahmenverträge mit Vertragspartnern? Wenn ja,
- um welche Rahmenverträge handelt es
sich?
- zu welchen Konditionen wurden diese
Rahmenverträge geschlossen?
- wann wurden diese Rahmenverträge
abgeschlossen?
- mit welchen Vertragspartnern wurden diese
Rahmenverträge geschlossen?
- gab es diesbezügliche Ausschreibungen?
Wann und was wurde genau ausgeschrieben?
- bitte um Übermittlung der im
Pflichtenheft des Auftragnehmers genannten Realisierungsvorhaben.
- Wurden die Leistungen von den
Vertragspartnern dieser Rahmenverträge selbst erbracht oder wurden
weitere Subauftragnehmer beauftragt?
- Wenn ja: welche Unternehmen waren das?
i. Welche konkreten Leistungen wurden erbracht und welche Gegenleistung
wurde vereinbart?
ii. Nach welchen Kriterien wurden diese Subunternehmer ausgewählt?
- Wurde die Beauftragung von
Subunternehmern vertraglich ausgeschlossen?
i. Wenn nein, warum nicht?
- Wie hoch waren die Kosten der Erstellung
dieser App? Bitte um genaue Auflistung der Posten.
- Wie viele Arbeitsstunden sind in die
Entwicklung dieser App geflossen?
- Schon die Implementierung des Grünen
Passes hat länger gedauert, als ursprünglich erwartet. Jetzt war
auch der Launch der App verspätet. Die technische Umsetzung der App
erfolgte auf Basis eines adaptierten Open Source Quellcodes des Bundesamts
für Informatik und Telekommunikation der Schweizer Eidgenossenschaft.
Wäre gerade unter diesen Umständen keine frühere Umsetzung
möglich gewesen? Warum nicht?
- Wieso ist die Version noch nicht für
Android verfügbar?
- Welche Kosten werden jährlich für
den laufenden Betrieb und die Wartung der App anfallen?
- Ein mittlerweile sehr bekannter Twitter-User
und Softwareentwickler hat es innerhalb weniger Stunden die
Möglichkeit geschaffen, den Grünen Pass in jede
Smartphone-Wallet zu laden. Wurde diese Möglichkeit auch von Ihnen,
oder den Mitentwickler_innen der App, in Betracht gezogen?
- Wenn ja, wieso wurde diese nicht umgesetzt?
- Wenn nein, warum nicht?
- Auch die Hagenberger Student_innen haben
eine eigene datenschutzrechtlich gesicherte App gelauncht, die noch mehr
Funktionen vereint- ebenfalls Open Source.
- Ist Ihnen die App bekannt?
- Haben Sie sich hinsichtlich der Entwicklung
der App mit den Student_innen ausgetauscht?
i. Wenn ja, wann und worüber genau?
- Sind Ihnen auch österreichische
privatwirtschaftliche Bestrebungen bekannt, solche Apps zu entwickeln?
-
i. Wenn ja, um welche handelt es sich?
ii. Wurden diese Unternehmen in die Entwicklung der App mit einbezogen?
Inwiefern?
iii. Wenn nein, warum wurde dies vor der Entwicklung der App nicht erhoben?
- Wer war bei der App-Entwicklung
Projektleiter?
- Wurde die App vor dem Launch getestet?
- Wenn ja, von wem?
- Wann fand diese Testung statt?
- Welche Komponenten wurden getestet?
- Welche Ergebnisse lieferte diese Testung
insbesondere hinsichtlich Usability für Kund_innen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Hinsichtlich Usability: In der App werden
zwei Möglichkeiten genannt, den Grünen Pass hinzuzufügen:
ausdrucken und QR-Code scannen oder downloaden und QR-Code scannen. Wie
ist es also Menschen, die nur ein Device und keinen Drucker haben,
möglich, die App überhaupt zu verwenden?
- Verbringt man ein wenig Zeit mit
Nachlesein im Internet oder mit Herumprobieren, erfährt man,
dass es auch eine dritte Möglichkeit gibt, die mit dem Grünen
Pass als PDF funktioniert: Dafür muss man ganz einfach das PDF
downloaden, die gespeicherte Datei am Handy suchen und öffnen, dann
(für ios) links unten auf das Teilen-Symbol klicken, bei den
angebotenen Apps auf "Mehr" und dort kann man die Grüne
Pass App auswählen. Wie beurteilen Sie die Usability dieser Funktion?
- Warum wurde kein Button mit Filepicker
implementiert? Bei der aktuellsten Version der Schweizer App ist dieser
integriert.
- Warum wird diese Möglichkeit, das
Zertifikat in die App zu laden, nicht erläutert?
- Wurden externe Agenturen und/oder
Dienstleister_innen eingebunden, die das Projekt bis zum Start begleitet
haben?
- Wenn ja, welche Agenturen und
Dienstleister_innen mit den Leistungsaufträgen in welchem Umfangen
wurden wann von wem beauftragt?
- Wurden externe Agenturen und/oder
Dienstleister_innen eingebunden, die das Projekt ab dem Launch begleiten?
- Wenn ja, welche Agenturen und
Dienstleister_innen mit den Leistungsaufträgen in welchem Umfangen
wurden wann von wem beauftragt?
- Wie hoch war das Werbebudget für das
Projekt vor dem Launch?
- Wie hoch ist das jährliche Werbebudget
für den Vollbetrieb nach dem Launch?
- Welche Marketingmaßnahmen wurden vor
dem Launch der App gesetzt?
- Welches Feedback haben BMSGPK und BRZ bisher
von den Nutzer_innen der App erhalten?
- Wie und wann reagierte man insbesondere auf
die Kritik?
- Welche Konsequenzen wurden und werden in
Bezug auf Verbesserungsmöglichkeiten daraus gezogen?