7288/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.07.2021
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Anfrage

 

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Auswirkungen des neuen Standortgesetzes für INGOs und Quasi-Internationale Organisationen

 

Seit 1. Mai 2021 ist das neue Amtssitzgesetz (ASG) in Kraft. Sinn des Gesetzes war – wie der Langtitel, Bundesgesetz zur Stärkung Österreichs als internationaler Amtssitz- und Konferenzstandort, belegt – Wien und Österreich im Allgemeinen für internationale Organisationen attraktiver zu machen. Konkurrenz in Europa ist stark; vor allem Städte wie Genf und Den Haag wetteifern mit Wien um UNO Organisationen, internationale NGOs und Quasi-Internationale Organisationen. 

Für anerkannte internationale Organisationen ist Wien bereits ein beliebter Standort. Probleme gab es eher mit der Anerkennung selbst. Unter welchen Bedingungen wird eine Zivilgesellschaftsorganisation von einer INGO zu einer Quasi-Internationalen Organisation? Laut §16 des neuen ASG "kann Nichtregierungsorganisationen durch Verordnung des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten die Rechtsstellung einer Quasi-Internationalen Organisation zuerkannt werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt sind" (Beilage zur Regierungsvorlage, Seite 11). Diese Verordnung erfolgt im "Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Familie und Jugend, und dem Ministerium für Inneres." An anderer Stelle (Beilagen, Seite 12) ist zu lesen, dass "die Anerkennung ... durch Verordnung des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten [erfolgt], wobei es hier keines Einvernehmens mit anderen Ressorts bedarf." 

Ein Kriterium für die Zuerkennung des Status einer Quasi-Internationalen Organisation ist Gemeinnützigkeit. Diese wird vom Bundesministerium für Finanzen nach einem im ASG ausgelisteten Kriterienkatalog in §17 (2) bis (4) attestiert. Es gibt in diesem Zusammenhang bereits anekdotenhafte Hinweise, in denen das BMEIA INGOs den Status einer Quasi-Internationalen Organisation zugestehen würde, das BMF aber die Bestätigung der Gemeinnützigkeit verweigert. 

Da das ASG das Ziel der Vereinheitlichung von Standards und Vereinfachung von Anträgen, sowie die Zusammenführung der Zuständigkeiten beim BMEIA beabsichtigt, ist die Notwendigkeit, weiterhin bei verschiedenen Ministerien um Bescheide anfragen zu müssen, nicht im Sinne des Gesetzes. Das ASG orientiert sich hier augenscheinlich nicht am ostasiatischen Erfolgsmodell für Investitionslizenzen, dem one-stop shopping, in dem das interessierte Ministerium (Handel & Investitionen) für den gesamten Verlauf des Antrags zuständig ist und sich innerhalb der Regierung mit den verschiedenen anderen Ministerien abspricht. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende 

Anfrage:



  1. Wie viele INGOs waren am 30. April (also unmittelbar vor Inkrafttreten des ASG) in Österreich registriert?
  2. Wie viele Quasi-Internationale Organisationen waren am 30. April (also unmittelbar vor Inkrafttreten des ASG) in Österreich registriert?
  3. Wie viele Neuanträge zum Erhalt des INGO Status wurden seit 1 Mai 2021 gestellt?
    1. Gibt es bereits Genehmigungen unter dem neuen Gesetz? Wenn ja, wie viele?
  1. Wie viele Neuanträge zum Erhalt des Status einer Quasi-Internationalen Organisation wurden seit 1 Mai 2021 gestellt?
    1. Gibt es bereits Genehmigungen unter dem neuen Gesetz? Wenn ja, wie viele?
  1. Das Ziel des neuen ASG ist die "Erhöhung der Attraktivität Österreichs als internationaler Amtssitz- und Konferenzstandort." Gibt es für dieses Ziel ein quantitatives Wirkungsziel? Wie viele neue INGOs und Quasi-Internationale Organisationen werden als Folge des Gesetzes erwartet? Welche Zahl gilt als Maßstab für Erfolg?
  2. Bitte beschreiben Sie die Vereinfachungen, die das neue ASG für NGOs, die den Status der Quasi-Internationalen Organisation erstreben, mit sich bringt. 
  3. Bitte beschreiben Sie, welche Amtswege, Gebühren und Anträge sich eine Organisation bei der Bewerbung für den Status der Quasi-Internationalen Organisation erspart.
  4. Das BMEIA wird als einzige Instanz bei der Vergabe des Status der Quasi-Internationalen Organisation beschreiben ("...wobei es hier [Anerkennung des Status] keines Einvernehmens mit anderen Ressorts bedarf"). Bitte erläutern Sie in diesem Zusammenhang den Passus im Gesetz, der vom "Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Familie und Jugend, und dem Ministerium für Inneres" spricht.
  5. Im Falle dass das BMEIA eine INGO aufgrund der sozialen Mission, des Beitrags zu sozialen Zwecken und/oder internationaler Bedeutung als Quasi-Internationalen Organisation anerkennen will, das BMF aber die Gemeinnützigkeit nicht bestätigt, wie erfolgt die finale Entscheidungsfindung zwischen den beiden Behörden?
    1. Gibt es eine Abwägung zwischen den Interessen des BMF, das Gemeinnützigkeit möglichst eng auslegt, und dem BMEIA, das den Standort stärken und durch das vorliegende Gesetz auch innovative, neuartige Organisationen und Themen fördern will?
  1. Welche Rechtsmittel hat ein Antragsteller im Falle einer negativen Entscheidung
    1. durch das BMLV?
    2. durch ein anderes Ministerium (wie das BMF), dessen Entscheidungen sich auf die Zuerkennung des Status durch das BMLV auswirken?