7293/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.07.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl,
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Modernisierung der Verbindungsbahn Hietzing
Seit 2016 stehen die Pläne der ÖBB sowie der Stadt Wien zur Modernisierung der Verbindungsbahn (S-Bahn Linie 80) zwischen Hütteldorf und Meidling fest. Die Modernisierung und teilweise Neugestaltung der Verbindungsbahn führt zu vielen offenen Fragen und Ängsten bei der ansässigen Bevölkerung. Zwischen dem Wiental und dem natürlichen Geländeanstieg auf Höhe der Titlgasse/ Tolstoigasse im Nahbereich des Roten Berges soll die Verbindungsbahn in Hochlage geführt werden. Mitten in dicht bebautem und historischem Stadtgebiet erscheint das in keiner Weise mehr zeitgemäß. Zusätzlich sollen zwei Querungen für den Individualverkehr ersatzlos aufgelassen werden, lediglich anstelle einer dritten aufzulassenden Querung soll es eine Unterführung geben. Dies widerspricht den Alltagsbedürfnissen der Menschen nach kurzen Wegen und einer Durchlässigkeit des Bezirks, auch im Sinne der Sicherheit. Auch Lastenräder und andere zukünftige Fortbewegungsmittel werden hier in den kommenden Jahrzehnten und darüber hinaus nicht passieren können. Durch den Wegfall der Querungen entstehen Umwege, die zu einer vermehrten Verkehrsbelastung führen.
Befürchtet wird neben einer Teilung des Bezirkes Hietzing und dem steigenden Bahnlärm durch die Hochlage auch der großflächige Entfall von Grünräumen sowie ein massiver Wohnqualitätsverlust für Anrainer. Es ist äußerst zweifelhaft, dass das Projekt insgesamt in der vorliegenden Planung allen Kriterien der Nachhaltigkeit entspricht.
Aktuell genießt auch ein konkreter Aspekt in der Diskussion erhöhte Aufmerksamkeit: Derzeit findet eine Umweltverträglichkeitsprüfung statt, welche sich in medialer Kritik im Zusammenhang mit Verfahrensmängeln wiederfindet.[1] Im Speziellen wurde die Objektivität eines durch das Ministerium bestellten Sachverständigen aufgrund seines erst kurz zurückliegenden Dienstverhältnisses mit den ÖBB infrage gestellt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1) Wie wurde die Bestellung der Sachverständigen seitens des BMK im gegenständlichen UVP-Verfahren durchgeführt?
2) War ihnen bei Bestellung der Sachverständigen bekannt, dass bei einem Sachverständigen noch vor wenigen Monaten ein Dienstverhältnis zu den ÖBB bestand?
a. Wenn ja, wie wurde dies seitens des BMK bewertet?
b. Wenn nein, warum nicht?
3) Kann eine Befangenheit des in Frage 2 beschriebenen Sachverständigen seitens des BMK ausgeschlossen werden?
a. Wenn ja, wie hat sich das BMK der Objektivität des Sachverständigen vergewissert?
b. Wenn nein, wieso wurde der betroffene Sachverständige dennoch bestellt??
4) In welchem Austausch steht das BMK mit den Bürgerinitiativen, die mit Sorgen über die Lebensqualität ihrer Heimatregion an Ihr Ressort herangetreten sind?
a. Wurden/werden die Anliegen der Bürgerinitiativen vom BMK mit Vertretern der ÖBB behandelt?
5) Wurde im aktuellen UVP-Verfahren die Corona-Krise wie in vielen anderen Verfahren durch diverse Fristverlängerungen berücksichtigt?
6) In der Umweltverträglichkeitserklärung der ÖBB wird sich unter Punkt 1.2.1.2 Betriebsprogramm 2025+ (Seite 43) auf die Verkehrsprognose Österreich 2025+, welche aus dem Jahr 2009 stammt, berufen. Warum wurden hier keine aktuelleren Studien eingebracht?
a. Wurden vonseiten des BMK weitere Studien in Auftrag gegeben?
i. Wenn nein, warum nicht?
ii. Wann ja, welche?
b. Wurden von den ÖBB im Zuge des UVP- Verfahrens aktuellere Studien verlangt?
i. Wenn nein, warum nicht?
ii. Wenn ja, welche?
c. Wie unterscheidet sich die aktuelle Verkehrsprognose von der Verkehrsprognose 2009?
7) Gibt es Bestrebungen seitens des BMK die massiven Umwelteingriffe (Rodungen und Umwandlung von 3.000m² Grünflächen mit 100 Bäumen in Beton und Asphalt)
durch die Modernisierung der Verbindungsbahn im Bezirk zu kompensieren?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn nein, warum nicht?
8) Wird durch den Wegfall der Querungen und den damit entstehenden Umwegen für den Autoverkehr nicht eine Maßnahme gesetzt, welche direkt zu einer höheren Schadstoffbelastung führt?
9) Wie erklärt sich die Notwendigkeit des Ausbaus einer Bahnstrecke mit erheblicher Güterverkehrsbelastung sowie der Bahngleiserhöhung im Wiener Stadtgebiet, vor allem auch in Hinblick auf den erst 2012 eröffneten Lainzer Tunnel?
10) Ist eine Beurteilung des Projekts in Bezug auf die Nachhaltigkeitskriterien erfolgt?
[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210629_OTS0197/uvp-verfahren-attraktivierung-der-verbindungsbahn-schwere-verfahrensmaengel