7308/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.07.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Beweissicherung
Die damalige Bundesregierung bekannte sich im Arbeitsprogramm 2013 – 2018 im Kapitel „Frauen“ zur „Evaluierung und gegebenenfalls Weiterentwicklung der Gewaltschutzgesetze insbesondere forensischer Beweissicherung“. Im Kapitel „Soziales“ war auch die Einrichtung von dauerhaften forensischen 24-Stunden-Ambulanzen vorgesehen.
Zahlreiche Opferschutzeinrichtungen melden, dass die derzeitigen Möglichkeiten der Beweissicherung nach Sexualstraftaten unzureichend sind. Dabei erhöht die rasche und richtige Beweissicherung die Chancen den Täter zu überführen erheblich, auch wenn erst später eine Anzeige erstattet wird. Sie erleichtert die Beweisführung vor Gericht und kann den Betroffenen auch belastende Befragungen ersparen.
Das derzeitige Angebot fällt mager aus:
Österreichweit bestehen vier Institute für Gerichtsmedizin und zwar
in Graz, Innsbruck, Salzburg (mit einer Außenstelle in Linz) und in Wien.
Die vier Gerichtsmedizinischen Institute in Österreich haben teilweise mit
Gewaltopfern selbst gar nichts zu tun – diese werden in
Krankenhäusern untersucht, dort werden Spuren abgenommen und in die
Gerichtsmedizin zur Untersuchung geschickt.
Gerichtsmediziner_innen erstellen Gutachten und sind nicht kurativ tätig. Gewaltopfer werden nur dann untersucht, wenn die Staatsanwaltschaft dazu einen Auftrag erteilt, was dazu führt, dass die tatsächliche Untersuchung in vielen Fällen erst einige Zeit nach der Gewalttat stattfindet. Eine Ausnahme bilden die gerichtsmedizinischen Institute in Graz und in Innsbruck, die Gewaltopfern die zeitnahe Möglichkeit der Untersuchung sowie der Dokumentation der Verletzungen und Spurensicherung auf eigenen Wunsch und ohne Anzeige ermöglichen.
Rund 900 Frauen haben 2019 eine Vergewaltigung angezeigt, im selben Zeitraum kam es nicht einmal zu 100 Verurteilungen. Verfahren werden eingestellt, wenn Aussage gegen Aussage steht und die Beweise fehlen - also Verletzungen nicht oder nur schlecht dokumentiert werden. "Solche Dokumentationen müssen auch vor Gericht standhalten und das können Hausärzte meist nicht leisten", erklärt die Gerichtsmedizinerin Alexandra Meierhofer von der klinisch-forensischen Untersuchungsstelle in Graz im Ö1-Morgenjournal.
Die klinisch-forensische Untersuchungsstelle in Graz ist die einzige Einrichtung in Österreich, an die sich Opfer von Gewalt wenden können, um ihre Verletzungen dokumentieren zu lassen. "Wir untersuchen vollkommen anders als beispielsweise ein Hausarzt. Wir nehmen Befunde auf, wir sichern die Beweise und wir interpretieren die Befunde auch fachgerecht", meint Meierhofer. Selbstgemachte Fotos seien oft als Beweise unbrauchbar, weil Körperstelle, Größe des Hämatome und dergleichen oft nicht erkennbar seien und dann sehr schwer abzuleiten sei, ob es sich nicht auch um ein Sturzgeschehen handeln könne. "In jüngster Zeit haben alle Fälle der häuslichen Gewalt zugenommen. Primär sind es Schläge und alle Formen der körperlichen Gewalt", erläutert die Gerichtsmedizinerin.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Gibt es datenschutzrechtliche Bedenken, die Ihrer Meinung nach die Kommunikation zwischen den einzelnen Stellen erschwert?
i. Sind die beweissichernden Personen speziell dafür ausgebildet, Beweise von häusliche Gewalt bzw von Sexualdelikten aufzunehmen? Entspricht diese Ausbildung den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen?
ii. Sind die beweissichernden Personen verpflichtet, regelmäßig an Weiterbildungen und Seminaren teilzunehmen, um dieser Aufgabe nach dem neuesten Stand der Wissenschaft nachzukommen?
iii. Wird sichergestellt, dass Opfer sexueller Gewalt nur von Personen des gleichen Geschlechts untersucht werden dürfen?
i. Wenn nein, wie wird sonst sichergestellt, dass Beweissicherung bundesweit einem einheitlichen, hohen Standard entspricht?
i. Wenn ja, wieso?
ii. Wenn nein, welche sonstigen Untersuchungen werden vorgenommen?
iii. Gibt es gynäkologische Untersuchungen? Wenn ja, wer nimmt diese vor?
i. Wenn nein, bedeutet das auch, dass ein Opfer auf der Polizeistation Beweise aufnehmen lassen und sich dann zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden kann, ob es Anzeige erstatten will?
ii. Wenn ja, wie lange werden die aufgenommenen Beweise aufbewahrt und wie lange nach der Beweisaufnahme kann das Opfer noch Anzeige erstatten?
iii. Wenn die Aufnahme von Beweisen auf einer Polizeistation zwangsläufig mit einer Anzeige verbunden ist, sind im Sinne des Opferschutzes legistische Änderungen geplant?
i. wurde Anzeige erstattet?
ii. In wie vielen Fällen davon wurde der Täter verurteilt?
i. Wenn ja, bitte beschreiben Sie: Art, Frequenz und Teilnehmer_innen des Austausches; außerdem, ob es einen Leitfaden für den Austausch gibt.
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn nein, wieso nicht?
ii. Wenn nein, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten ist die Beweissicherung möglich?
i. Wird die Qualität der Beweisaufnahme und der Einsatz von Methoden am neuesten Stand der Wissenschaft regelmäßig überprüft?
i. Wenn ja, wieso?
ii. Wenn nein, welche sonstigen Untersuchungen werden vorgenommen?
1. Gibt es gynäkologische Untersuchungen? Wenn ja, wer nimmt diese vor?
i. wurde Anzeige erstattet?
ii. In wie vielen Fällen davon wurde der Täter verurteilt?
i. Wenn nein, bedeutet das, ein Opfer kann auf der Polizeistation lediglich Beweise aufnehmen lassen und sich dann noch in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten entscheiden, ob es Anzeige erstatten will?
ii. Wenn nein, wie lange werden die aufgenommenen Beweise aufbewahrt und wie lange nach der Beweisaufnahme kann das Opfer noch Anzeige erstatten?
i. Dürfen bzw müssen Informationen bzgl der gesicherten Beweise von den beweissichernden Einrichtungen an die Polizei weitergeleitet werden?
1. Wenn ja, in welchen Fällen geben Sie die Kontaktdaten von Opfern an Opferschutzzentren weiter, damit diese die Opfer proaktiv kontaktieren können?
i. Wenn nein, wieso nicht?
ii. Wenn nein, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten ist die Beweissicherung möglich
i. Wenn ja, bitte um Information, in welchem konkretem Stadium die Planung einer solchen Kampagne sich befindet.