7357/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.07.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Österreichs Abstimmungsverhalten bei der Wahl zum UNO Frauen-rechtsausschuss – Nachfolgeanfrage 

 

Am 30. Juni beantwortete Bundesminister Schallenberg die Anfrage 6479/J der Ab-geordneten Henrike Brandstötter mittels Anfragebeantwortung 6413/AB. In dieser Beantwortung verwies der Minister größtenteils auf 6403/AB vom Vortag. Es wurden jedoch weder in 6413/AB noch in 6403/AB alle Fragen beantwortet.

Der Bundesminister schrieb, dass geheime Abstimmungen gewahrt werden müssen, um die Ausübung von Druck (vermeintlich von großen auf kleinere Staaten) zu ver-hindern. Gleichzeitig beschreibt der Bundesminister aber das übliche Prozedere, in dem sich die Staaten einer Region gemeinsam auf eine slate of candidates einigen, die dann durch Akklamation bestätigt werden. Dass in einem derartigen Regionalfo-rum weit mehr Druck ausgeübt werden kann, als in einer Abstimmung im Rahmen     der UNO, ist offensichtlich.

Bundesminister Schallenberg hat auf die Frage nach der Art der Entscheidungsfin-dung geantwortet, dass die Befassung des Ministerrats in Abstimmungen in VN-Gremien nicht vorgesehen ist. Die Frage, ob der Koalitionspartner mit der Entschei-dung einverstanden war, blieb unbeantwortet. Weiters wurde gefragt, ob dem Minis-terium der Antrag der Grünen (damals Opposition, heute aber Koalitionspartner) be-treffend der Wahl Saudi Arabiens aus dem Jahr 2017 bekannt war. Der Bundesmi-nister antwortete, dass Österreich damals nicht im ECOSOC vertreten und daher   nicht stimmberechtigt war. Die Frage nach Österreichs Einsatz für mehr Transparenz bei UNO Abstimmungen blieb unbeantwortet. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Nachfolgeanfrage:



  1. Laut 6413/AB, "obliegt die zusammenfassende Behandlung und Koordination sämtlicher Aspekte der österreichischen Kandidaturen der diesbezüglichen Fachabteilung des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA)." Derartige Entscheidungen können bedeutende Auswirkungen auf die Außenpolitik eines Landes haben. Vor vier Jahren ent-schuldigte sich der damalige belgische Premier, Charles Michel, öffentlich für die Unterstützung Saudi Arabiens.
    1. Ist es zutreffend, dass die Bundesregierung einer Fachabteilung die   volle Verantwortung über oft (wie in diesem Fall) heikle außenpolitische Debatten vollinhaltlich überlässt?

                                          i.    Wenn ja, bedeutet dies, dass die jeweilige Fachabteilung des BMEIA in diesen Fällen die alleinige Entscheidung über Öster-reichs Stimmverhalten trifft?

                                        ii.    Wenn ja, bedeutet dies, dass keine Abstimmung mit den ande- ren Regierungsmitgliedern stattfindet?

                                       iii.    Wenn dem nicht so ist, beschreiben Sie bitte den Koordinations-prozess zwischen Fachabteilung, Außenminister und den ande-ren Mitgliedern der Bundesregierung.

  1. Vor vier Jahren brachte die Grüne Fraktion einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, auf UN Ebene eine Allianz zu bil-den, die Saudi Arabien zum Rückzug aus dem Gremium bewegt. Da die Grü-nen nun ein Teil der Regierungskoalition sind: 
    1. Waren dem BMEIA und dem Ministerrat der Antrag der Grünen zur    Saudi Arabien Wahl bekannt?
    2. Wenn ja, wurde dieser in der Entscheidungsfindung berücksichtigt?
    3. War der grüne Koalitionspartner mit dem österreichischen Stimmverhal-ten einverstanden?
  1. Welche Fachabteilung hat das österreichische Abstimmungsverhalten erarbei-tet? Welche_r Mitarbeiter_in war federführend?  
  2. War dem BMEIA die Kontroverse um das Abstimmungsverhalten Belgiens vor vier Jahren bekannt, für das sich die belgische Regierung auch entschuldigt hat?
    1. Wenn ja, wie wurde diese Erfahrung in der Entscheidungsfindung be-rücksichtigt?
  1. Setzt sich die österreichische Vertretung für Transparenz bei Abstimmungen ein? Gibt oder gab es Bestrebungen, Abstimmungen dieser Art nicht länger geheim zu halten?
  2. Der Bundesminister schreibt in der Beantwortung, dass die Wahl in ein Gre-mium wie ECOSOC oftmals das Verhalten eines Staates positiv beeinflusst. 
    1. Kann der Bundesminister Beispiele nennen, in dem der Iran sein Ver-halten (spezifisch in kulturellen und religiösen Fragen) durch die Wahl   in ein UNO Gremium merkbar verändert hätte?
    2. Wird sich das BMEIA aufgrund dieser Philosophie vermehrt für die          Wahl der Türkei in internationale Gremien einsetzen?