7378/J XXVII. GP
Eingelangt am 09.07.2021
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ANFRAGE
des Abgeordneten, Mag. Gerhard Kaniak, Mag. Christian Ragger
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Betrugsverdacht bei Tests schlägt Wellen
Am 30. Mai 2021 berichtete der ORF in seinem Online-Medium folgendes:
„Betrugsverdacht bei Tests schlägt Wellen
In Deutschland schlagen Berichte über fragliche Abrechnungen bei Coronavirus-Testzentren hohe Wellen. Wegen Betrugsverdachts ermitteln die Behörden bereits gegen die Betreiber mehrerer Teststraßen. Für Montag hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Vertreter der Bundesländer zu einem Krisengespräch geladen.
Spahn kündigte bereits am Wochenende „stichprobenartig mehr Kontrollen“ an. „Egal ob bei Masken oder beim Testen – jeder, der die Pandemie nutzt, um sich kriminell zu bereichern, sollte sich schämen“, schrieb der Minister im Kurznachrichtendienst Twitter. Am Montag berät sich Spahn mit den Gesundheitsministern der Länder über die weitere Vorgangsweise.
„Gerade bei den privaten Dienstleistern (…) braucht es offenkundig noch zusätzliche Kontrollen“, sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“. Aus Berlin heraus könne man die Testzentren nicht kontrollieren. Das sei nur durch die Gesundheitsämter an Ort und Stelle möglich, so Spahn.
Für 70 Tests 1.000 abgerechnet?
Wie viele andere Länder setzt auch Deutschland im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie auf ein niedrigschwelliges und unbürokratisches Testangebot. Konkret sieht die Coronavirus-Testverordnung der deutschen Regierung seit Anfang März „Bürgertests“ vor. Der Bund übernimmt die Kosten für mindestens einen Schnelltest pro Bürgerin bzw. Bürger und Woche. Die Teststellen erhalten 18 Euro pro Test.
Die relativ geringen Anforderungen für die Zulassung hat in den vergangenen Wochen zu einer schnell wachsenden Zahl neuer Teststationen geführt. Eine mangelnde Kontrolle könnte aber auch ein Einfallstor für Abrechnungsbetrug bieten, wie WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) zuletzt berichteten.
Stichproben hätten etwa an einer Teststelle in Köln ergeben, dass statt 70 wirklich genommener Proben fast 1.000 abgerechnet worden seien. Ähnliches hätten Stichproben unter anderem in Essen und in Münster zutage gefördert. Der Bericht verweist auf mangelnde Kontrollmöglichkeiten seitens der Behörden.
Verdachtsfall auch in Bayern
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität in Bochum nahm Ermittlungen auf wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs. Das bestätigte am Samstag ein Sprecher der Behörde in Düsseldorf. Ermittelt werde gegen zwei Verantwortliche eines in Bochum ansässigen Unternehmens, das an mehreren Standorten Teststellen betreibe. Laut „SZ“ sei seit Sonntag zudem auch in Bayern „konkret ein Fall bekannt, in dem die Behörden ermitteln“.
„Gute Arbeit, aber (…)“
Das Kölner Gesundheitsamt befürchtet, dass es sich nur um die Spitze des Eisbergs handelt. Man habe die große Sorge, dass dies nicht der einzige Fall sei, „sondern dass noch weitere Fälle uns in Zukunft beschäftigen werden“, sagte Behördenleiter Johannes Nießen in der ARD. Laut „Tagesschau“ befürchten Gesundheitsämter zudem, dass falsche Testmeldungen die Datenlage über den Pandemieverlauf verfälschen könnten. So seien von drei Teststandorten, an denen WDR, NDR und „SZ“ recherchiert hätten, innerhalb von einer Woche 25.000 Tests gemeldet worden, darunter aber kein einziger positiver Fall.
Geht es nach dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, müsse „rasch geklärt werden, wie Kontrollen verstärkt und ob Abrechnungsverfahren verändert werden müssen“. Ein dichtes Netz an Testmöglichkeiten sei wichtig, weil es in der aktuellen Phase der Pandemie mehr Normalität ermögliche.
Die Testzentren leisten gute Arbeit, so Dedy gegenüber der dpa, „klar ist aber auch: Jedem Betrugsverdacht muss nachgegangen werden. Wenn sich jemand mit dem Betrieb eines Testzentrums bereichern will, müssen strafrechtliche Konsequenzen gezogen werden.“
„Überstürzt und chaotisch“
Vertreter der Opposition sehen indes auch bei der deutschen Regierung und bei Gesundheitsminister Spahn eine Mitverantwortung für den mutmaßlichen Abrechnungsbetrug in Deutschlands Coronavirus-Schnelltestzentren. Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow kritisierte laut „Tagesschau“ die Einführung des Schnelltestsystems etwa als „überstürzt und chaotisch“.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, sagte dem „Handelsblatt“, Spahn müsse „unverzüglich die Testverordnung nachbessern und die Lücken schließen“. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte die Einsetzung eines Sonderermittlers, um den mutmaßlichen Abrechnungsbetrug aufzuklären.
„Nach den Masken jetzt die Schnelltests“
„Nach den Masken jetzt die Schnelltests. Das Managementversagen im Gesundheitsministerium hat inakzeptable Ausmaße angenommen“, zitiert die dpa schließlich auch den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, dem zufolge Spahn auch Warnungen und Hinweise von Abgeordneten der Koalitionsfraktionen für die Testbedingungen ignoriert habe.
Der CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel wies im „Handelsblatt“ darauf hin, dass aus Datenschutzgründen keinen Daten von Getesteten erhoben würden, „sodass die abgerechnete Anzahl an Tests kaum kontrolliert werden kann“.
Spahn: Nachträgliche Kontrollen vorgesehen
Spahn wies indes darauf hin, dass die allermeisten Anbieter von Teststellen „das mit großem Engagement, sehr professionell und auch sehr ordentlich machen“. Die Bürgertests seien sehr pragmatisch in einer Situation möglich gemacht worden, in der ein schneller Aufbau gewollt gewesen sei, sagte der Minister am Samstag in Pretoria während eines Südafrika-Besuchs.
Bereits vorgesehen sei laut Spahn eine nachträgliche Kontrolle. Demnach müssten Anbieter von CoV-Schnelltestzentren damit rechnen, dass Unterlagen bis Ende 2024 überprüft werden können. Ohnehin geplant gewesen sei, die Vergütung angesichts des größeren Angebots auf dem Markt demnächst zu senken.“
https://orf.at/stories/3215315/
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
ANFRAGE
1. Wie viele Teststationen in Österreich haben die Kosten für Covid-19-Testungen mit dem Bund abgerechnet?
2. Wie viele abgerechnete Testungen wurden in den jeweiligen Teststationen durchgeführt?
3. Gibt es nach derzeitigem Stand Hinweise auf Missbrauch hinsichtlich falsch abgerechneter Testungen?
4. Hat es nach derzeitigem Stand missbräuchliche Abrechnungen von Testungen gegeben?
5. Wird gegen Personen, die Testungen falsch abgerechnet haben, bereits ermittelt?
6. Wie schätzen Sie in Hinsicht auf die Abrechnung von Testungen das missbräuchliche Bereicherungspotential ein?
7. Können Sie einen möglichen, bereits entstandenen Schaden für die Republik durch falsch abgerechnete Testungen in Teststationen beziffern?
8. Wenn ja, wie verteilt sich dieser Schaden auf die einzelnen Bundesländer?
9. Wenn nein, warum nicht?
10. Wenn nein, liegen Schätzungen zum bereits entstandenen Schaden für die Republik durch falsch abgerechnete Testungen in Teststationen vor?
11. Welche Maßnahmen haben Sie bisher ergriffen, um dem Missbrauch bei der Abrechnung von Testungen vorzubeugen?
12. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um dem Missbrauch bei der Abrechnung von Testungen vorzubeugen?
13. Wie finden Kontrollen zur Vorbeugung von Missbrauch bei der Abrechnung von Testungen (u. a. auch hinsichtlich Mitarbeiteraufwand und Stichprobe) statt?
14. Wie viele Kontrollen zur Vorbeugung von Missbrauch bei der Abrechnung von Testungen haben bisher stattgefunden?
15. Welche Konsequenzen bestehen bei einer missbräuchlichen Abrechung von Testungen?
16. Welche Konsequenzen bzw. Strafen gab es bisher in diesem Zusammenhang?
17. Welche Rolle spielen Datenschutzrichtlinien bei der Kontrolle der Anzahl an Testungen in Österreich?