7402/J XXVII. GP
Eingelangt am 14.07.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit
betreffend Schaffung von Arbeitsplätzen in der Pflege
Seit Jahren wird in Österreich versucht, den Pflegemangel zu bessern und die Versorgung mit Pflegekräften sicherzustellen, allerdings wurden bisher noch keine endgültigen Lösungen gefunden. Eine der Lösungsoptionen bei Personalmangel in einer Branche ist die Akademisierung eines Berufes. Im Gesundheitsbereich wurde 2006 mit der Akademisierung der Hebammenausbildung und von Berufen im medizinisch-technischen Dienst begonnen (1). Im Pflegebereich folgte 2016 durch die GUKG-Novelle die Umstellung, seither kann die Ausbildung zum diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger an Fachhochschulen absolviert werden. Betrachtet man die Liste der Gesundheitsberufe des Ministeriums kann unterschieden werden, welche Berufe an Fachhochschulen gelehrt werden und für welche die Gesundheits- und Krankenpflegeschulen nötig sind (2).
Uneinheitliche Ausbildungswege
So wurden Hebammen, Physiotherapeuten, Labordienstmitarbeiter, Radiologietechniker und der gehobene Dienst für Gesunden- und Krankenpflege an Fachhochschulen akademisiert. Zweifellos eine Reihe wichtiger Gesundheitsberufe, wobei viele Berufsgruppen im Krankenhaus davon nicht erfasst sind. Viele der Ausbildungen für Assistenzberufe, die in Krankenhäusern nötig sind, finden nach wie vor an Gesundheits- und Krankenpflegeschulen statt. Gleichzeitig gibt es für einige dieser Berufe eigene Lehrgänge, teilweise können sie auch berufsbegleitend in Krankenhäusern erlernt werden. Das Ausbildungssystem ist dadurch zersplittert, wie viele Ausbildungsplätze tatsächlich zur Verfügung stehen ist unklar. Einige Spezialisierungen und Pflegeassistenzberufe fallen in diese Kategorie, häufig sind genau diese Berufsgruppen beispielsweise auf Intensivstationen von Personalmangel betroffen. Einzelberichten zufolge müssen in Krankenhäusern sogar immer wieder Ausbildungsstellen gestrichen werden, wodurch der Personalmangel langfristig kaum verbessert werden kann.
Zusätzlich hat sich gezeigt, dass auch die Akademisierung keine endgültige Lösung darstellt. So findet die Ausbildung für die Gesunden- und Krankenpflege an Fachhochschulen statt, wodurch die Bundesländer in der Verantwortung sind. Gesprächen mit Pflegeverbänden zufolge führt das immer wieder zu Problemen bei der gegenseitigen Anrechenbarkeit, weil Ausbildungsmodule nicht genormt sind. Auch der Rechnungshof kritisierte die zersplitterten Zuständigkeiten im Bereich der Pflege (3).
Mangelnde Ausbildungsmöglichkeiten, mangelndes Personal
Offen ist also einerseits eine bisherige Analyse, welche Auswirkungen die Akademisierung auf die Personalzahlen in betroffenen Pflegeberufen hatten. Andererseits ist ebenso unklar, wie die Ausbildung für verbleibende Gesundheitsberufe in Zukunft aussehen wird. Dies ist besonders relevant, wenn die Erfahrungen der vergangenen eineinhalb Jahre berücksichtigt werden und der Personalmangel in Krankenhäusern analysiert wird. So hat sich gezeigt, dass es in der Pflege grundsätzlich zu wenig Personal gibt, zu wenige Mitarbeiter Spezialisierungsausbildungen (beispielsweise für Intensivmedizin oder die Tätigkeit im Operationssaal) haben und ebenso bei Assistenzberufen nicht genug Personal zur Verfügung steht - in weiterer Folge finden sich die Berufe von Pflegeassistenz über Pflegefachassistenz bis zur diplomierten Gesunden- und Krankenpfleger auf der offiziellen Liste der Mangelberufe. Zusätzlich stehen Pflegepersonen aber vor großen Herausforderungen, wenn Sie in die Lehre einsteigen wollen - die Ausbildung zur Lehrtätigkeit verlangt eine Stundenreduktion und ist in weiterer Folge unattraktiv - ohne geeignete Ausbildner, kann die Zahl der Personen in Pflegeberufen aber kaum erhöht werden.
Unklare Lösungsansätze
Auch der Bericht der Taskforce Pflege (4) stellt einige Rahmenbedingungen zur Zukunft der Pflege auf, wie diese erreicht werden sollen, ist allerdings noch fraglich. Den bisherigen Erhebungen zufolge sind aber mindestens folgende Punkte nötig:
· flexibles und dynamisches System für Spezialisierungen auf unterschiedliche Krankheitsbilder und Settings
· Etablierung von Forschungs- und Lehreinrichtungen zu Pflege und Betreuung an Universitäten und Fachhochschulen
· Sicherstellung von Berufsmöglichkeiten für Personen ohne Studienberechtigung
· Ausbau der Ausbildungsangebote (dislozierte Standorte, Testbetrieb von pilotierten BHS-/BMS-Modellen, Implacement-Stiftungen, Fachkräftestipendien, verlängerte Möglichkeiten von Bildungskarenz oder Attraktivierung von berufsbegleitenden Ausbildungen)
Wie genau diese Umsetzungen erfolgen sollen oder wie Vorschläge wie eine Anpassung des Gehalts funktionieren soll, ist allerdings fraglich. Schließlich ist - wie bereits angeführt - sowohl bei Ausbildung, als auch bei Entlohnung und Stellenangebot das Gesundheitsministerium nur bedingt zuständig. Auch das Arbeitsministerium hat bereits mehrere Pressekonferenzen mit dem Fokus auf den Pflegemangel abgehalten. Bisher sind Pläne zur Anerkennung ausländischer Ausbildungen angekündigt worden, weiters wurden Ausbildungen und Weiterbildungen im Rahmen von Stiftungen und der Corona-Job-Offensive angekündigt (5). Alleine über die Pflegestiftung in Wien sollen bis 2024 4.400 Auszubildende erreicht werden (6). Im Burgenland fördert das AMS über die Joboffensive allerdings lediglich 100 Ausbildungsplätze im Pflegebereich (7). Einen umfassenden Überblick der Maßnahmen in allen Bundesländern gibt es bis dato allerdings noch nicht.
Quellen:
(1) https://www.fh-krems.ac.at/fachhochschule/medienportal/news/gelungene-akademisierung-der-pflegeberufe-2018-02-01/
(2)https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:e8c34dd6-725e-465a-a213-b4f1ba9b2b64/Gesundheitsberufe%20in%20%C3%96_2020_pdf.pdf
(3) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/004.682_Pflege_Oesterreich.pdf
(4) https://jasmin.goeg.at/1576/1/TF_Pflege_Ergebnisbericht_bf.pdf
(5) https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2093370-Aus-7500-Arbeitslosen-sollen-Pflegekraefte-werden.html
(6) https://www.diepresse.com/5939354/arbeitslose-sollen-pfleger-werden
(7) https://www.ams.at/regionen/burgenland/news/2021/02/corona-joboffensive--ams-foerdert-100-ausbildungsplaetze-im-pfle
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Welche Berufe zählt das Ministerium zu Pflegeberufen, in denen ein Personalausbau nötig ist?
2. Welche Berufe zählt das Ministerium zu Berufen, durch die pflegendes Personal unterstützt wird (beispielsweise Reinigungs- oder Verwaltungskräfte in Krankenhäusern oder Sozialarbeitern im mobilen Bereich)? (Bitte um Aufschlüsselung nach Betreuungssetting wie Krankenhaus, mobile Pflege etc)
3. Welche Pläne gibt es seitens des Ministeriums, Unterstützungsberufe in den Krankenhäusern auszubauen?
4. Welche Pläne gibt es seitens des Ministeriums, die Anzahl der Ausbildner in Pflegeberufen zu erhöhen?
5. Welche Konzepte hat das Ministerium in Kooperation mit dem Gesundheitsministerium erarbeitet, um die Zahl der Personen in Pflegeberufen zu erhöhen?
6. Wie viele Arbeitsstiftungen gibt es für Pflegeberufe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und Gründungsjahr)
a. Wie viele dieser Arbeitsstiftungen werden vom Arbeitsministerium beziehungsweise dem AMS unterstützt?(Bitte um Angabe der Stiftung inklusive jeweiliger Fördersumme für die vergangenen drei Jahre)
b. Wie viele dieser Arbeitsstiftungen fördern den Neueinstieg in Pflegeberufe (beispielsweise über Entlohnung von Praktikumszeiten) und mit welchen Maßnahmen und Budgets?
c. Wie viele dieser Arbeitsstiftungen fördern den Quereinstieg in Pflegeberufe (beispielsweise mit Selbsterhalterstipendien während eines Studiums) und mit welchen Maßnahmen und Budgets?
d. Wie viele dieser Arbeitsstiftungen fördern die Weiterbildung in Pflegeberufen (beispielsweise mit Kostenersätzen für reduzierte Arbeitszeiten) und mit welchen Maßnahmen und Budgets?
7. Welche Formen der Ausbildungsfinanzierung sind vorgesehen, um den Einstieg in Pflegeberufe attraktiver zu machen?
8. Für welche Gesundheitsberufe wird die Möglichkeit eines Bildungsbonus für Quereinsteiger geschaffen?
9. Wie vielen Personen soll eine Ausbildung zur Pflegeassistenz durch das angekündigte Fachkräftestipendium beginnen?
a. Werden für die Stipendiaten eigene Ausbildungsstellen/ zusätzliche Plätze an Gesunden- und Krankenpflegeschulen geschaffen?
b. Falls ja: Wie verteilen sich diese in Österreich?
c. Welches Maximalbudget ist für dieses Fachkräftestipendium eingeplant?
10. Für welche weiteren Gesundheitsberufe ist die Einführung eines Fachkräftestipendiums ebenfalls denkbar?
11. Welche Ausbildungsformen für Pflegeberufe werden über das AMS zukünftig angeboten, um dem Personalmangel entgegenzuwirken? (Bitte um Aufschlüsselung der Ausbildungen nach Fachrichtung, Ort und Laufzeit der Ausbildung und Anzahl der erwarteten Absolventen pro Jahr)
12. Welche Maßnahmen seitens des AMS sind vorgesehen, um berufsbegleitende Ausbildungen zu unterstützen? (Bitte um Aufschlüsselung der einzelnen Maßnahmen inklusive Budget je Landesstelle des AMS)
13. Welche Maßnahmen seitens des AMS sind vorgesehen, um die Anzahl der Ausbildungsplätze in Krankenhäusern und/ oder Pflegeheimen zu erhöhen? (Bitte um Aufschlüsselung der einzelnen Maßnahmen inklusive Budget je Landesstelle des AMS)