7465/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.07.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Humusaufbau und Zertifikatshandel: Status Quo

Die Klimakrise stellt die wohl größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts für die Republik Österreich dar und sowohl die Anpassung daran als auch die Bekämpfung davon wird die Landwirtschaft in den nächsten Jahrzehnten deutlich prägen.

Jedoch erfordert die Bekämpfung der Klimakrise nicht nur grundlegende Anpassungen und Emissionsreduktionen vonseiten der österreichischen Landwirtschaft, sondern bietet auch eine potenzielle win-win Situation für landwirtschaftliche Betriebe. Denn die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte hat vielfach positive Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima. Es gilt daher, diesen Mehrwert zu definieren und zu honorieren.

Eine Option in diesem Zusammenhang ist die Speicherung von CO2 durch Humus in den Böden, die beispielsweise durch CO2 Zertifikate in den Emissionszertifikatshandel aufgenommen werden könnte. In den vergangenen Jahren hat sich in Hinblick auf eine Quantifizierung des im Boden gebundenen CO2 viel getan. Pilotprojekte, wie beispielsweise die Ökoregion Kaindorf zeigen vor, wie ein CO2-Zertifikatshandel aussehen kann. Doch die Bundesregierung scheint von den Vorteilen und den damit verbundenen innovativen Möglichkeiten für Zusatzeinkommen der Bauern und Bäuerinnen nicht überzeugt: Humusaufbau wird im Regierungsprogramm überhaupt nur als Zielsetzung in Zusammenhang mit dem Agrarumweltprogramm definiert.

Quellen:

       Europäische Kommission, "EU Commission sets the carbon farming initiative in motion" (zuletzt abgerufen am 29.06.2021): https://ec.europa.eu/clima/news/commission-sets-carbon-farming-initiative-motion_en

       BMLRT, Präsentation "Bodenschutz und Humus - Aktivitäten auf EU-Ebene und im BMLRT",

11.05.2021 von Andrea Spanischberger: https://www.haup.ac.at/wp- content/uploads/2021/05/Bodenschutz-und-Humus-Aktivitaeten-auf-EU-Ebene-und-im-BMLRT-Andrea-Spanischberger.pdf

       BMLRT, "Sonderrichtlinie der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus für das österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (Sonderrichtlinie ÖPUL

2015)": https://www.ama.at/getattachment/a0d90e8b-170c-43c3-a82b-3889ede972b8/SRL OEPUL 2015 20180801.pdf

       BMLRT, Fachbeirat für Bodenfruchtbarkeit und

Bodenschutz: https://info.bmlrt.gv.at/themen/landwirtschaft/landwirtschaft-in-oesterreich/bodenschutz/bodenschutz-duengung/Bodenschutz.html

       Ministerium für ein lebenswertes Österreich, "Boden und Klima: Einflussfaktoren, Daten, Maßnahmen und Anpassungsmöglichkeiten", 1. Auflage

2015: https://info.bmlrt.gv.at/dam/jcr:252614ac-f452-4c9a-9534- 8189c71438b9/34 AG Boden Klima.pdf

       Fachbeirat für Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz, "Richtlinien für die sachgerechte Bodenrekultivierung land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen", 2. Auflage

2012: https://www.bfw.gv.at/wp-content/uploads/Rekultivierungsrichtlinien_-2Auflage_-
2012.pdf

       AGES, "Evaluierung von ÖPUL Agrar-Umweltmaßnahmen im Hinblick auf Parameter der Bodenfruchtbarkeit", Jänner 2010: https://info.bmlrt.gv.at/dam/icr:bdafef6e-2079-4d93-b049- 15d75809187b/15 Bodenfruchtbarkeit%20Endbericht.pdf

       Initiative "4 per 1000". https://www.4p1000.org/

       Umweltbundesamt,"Flächeninanspruchnahme": https://www.umweltbundesamt.at/umweltthem en/boden/flaecheninanspruchnahme

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Liegen dem BMLRT aktuelle Zahlen zum durchschnittlichen Humusgehalt in Österreichs Ackerböden sowie in Grünlandböden vor? (Bitte um Auflistung nach Bundesländern bzw. - falls nicht vorhanden - nach Region)

a.    Falls nein, plant das BMLRT eine Studie zur Bodenfruchtbarkeit in Österreich in Auftrag zu geben?

b.    Falls nein, ist dem BMLRT bekannt, ob andere Institutionen, wie beispielsweise die AGES oder die Universität für Bodenkultur Wien, Studien zur Bodenfruchtbarkeit in Österreich derzeit durchführen bzw. planen durchzuführen?

c.    Welche Themen und Vorschläge erarbeitet der Fachbeirat für Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz derzeit?

i.    Wann ist mit der nächsten Veröffentlichung des Fachbeirats für Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz zu rechnen?

2.    Im Regierungsprogramm 2020-2024 wird auf Seite 157 ein Bekenntnis zum Humusaufbau angegeben.

a.    Wie definiert das BMLRT ein "Bekenntnis zum Humusaufbau"?

b.    Strebt das BMLRT einen gewissen Prozentsatz an Humusanreicherung pro Jahr für Österreichs Böden an?

i.    Falls ja, in welcher Höhe?

ii.   Falls nein, warum nicht?

3.    Wie beurteilt das BMLRT die internationale Initiative "4 per 1000", die von Frankreich im Rahmen der COP 21 im Jahr 2015 lanciert wurde, mit dem Ziel den Kohlenstoffgehalt im Boden um 4 Promille pro Jahr zu steigern, um damit den menschengemachten CO2 Ausstoß zu kompensieren?

a.    Ist die Zielsetzung, den Kohlenstoffgehalt im Boden um 4 Promille pro Jahr zu steigern, aus Sicht des BMLRT realistisch?

i.    Wenn ja, welche Maßnahmen gedenkt das BMLRT umzusetzen, um dieses Ziel zu erreichen?

ii.   Wenn nein, warum nicht?

4.    Wie beurteilt das BMLRT das auslaufende ÖPUL Programm 2015 in Hinblick auf seine Wirksamkeit betreffend Kohlenstoffspeicherung im Boden?

a.    Wurde das Ziel "Beitrag zum Humusaufbau und Klimaschutz durch die erhöhte organische Substanz im Boden" in Maßnahme 6 "Begrünung von Ackerflächen - Zwischenfruchtanbau" erreicht?

i.    Wenn ja, mit welchen Zahlen und Fakten begründet das BMLRT die Erreichung des Ziels?

ii.    Wenn nein, was wird an der Maßnahme im neuen ÖPUL geändert, um die Zielsetzung zu erreichen?

iii.   In welcher Höhe wurden Förderungen für Maßnahme 6 ausgezahlt? (Bitte um Angaben in €)

b.    Wurde das Ziel "Beitrag zum Humusaufbau und Klimaschutz durch die erhöhte organische Substanz im Boden" in Maßnahme 7 "Begrünung von Ackerflächen - System Immergrün" erreicht?

i.    Wenn ja, mit welchen Zahlen und Fakten begründet das BMLRT die Erreichung des Ziels?

ii.    Wenn nein, was wird an der Maßnahme im neuen ÖPUL geändert, um die Zielsetzung zu erreichen?

iii.   In welcher Höhe wurden Förderungen für Maßnahme 7 ausgezahlt? (Bitte um Angaben in €)

c.    Wurde das Ziel "Beitrag zum Klimaschutz durch die Anreicherung von Humus in Ackerböden" in Maßnahme 8 "Mulch- und Direktsaat (inkl. Strip-Till)" erreicht?

i.    Wenn ja, mit welchen Zahlen und Fakten begründet das BMLRT die Erreichung des Ziels?

ii.    Wenn nein, was wird an der Maßnahme im neuen ÖPUL geändert, um die Zielsetzung zu erreichen?

iii.   In welcher Höhe wurden Förderungen für Maßnahme 8 ausgezahlt? (Bitte um Angaben in €)

d.    Wurde das Ziel "Beitrag zum Humusaufbau und Klimaschutz durch das erhöhte organische Material im Boden" in Maßnahme 10 "Erosionsschutz Obst, Wein, Hopfen" erreicht?

i.    Wenn ja, mit welchen Zahlen und Fakten begründet das BMLRT die Erreichung des Ziels?

ii.    Wenn nein, was wird an der Maßnahme im neuen ÖPUL geändert, um die Zielsetzung zu erreichen?

iii.   In welcher Höhe wurden Förderungen für Maßnahme 10 ausgezahlt? (Bitte um Angaben in €)

e.    Wurde das Ziel "Steigerung der Bodenfruchtbarkeit, Etablierung und Erhaltung vielfältiger Fruchtfolgen sowie

Erhaltung des Dauergrünlandes und damit verbundene Reduktion von Treibhausgasemissionen" in Maßnahme 20 "Biologische Wirtschaftsweise" erreicht?

i.    Wenn ja, mit welchen Zahlen und Fakten begründet das BMLRT die Erreichung des Ziels?

ii.    Wenn nein, was wird an der Maßnahme im neuen ÖPUL geändert, um die Zielsetzung zu erreichen?

iii.   In welcher Höhe wurden Förderungen für Maßnahme 20 ausgezahlt? (Bitte um Angaben in €)

5.    Werden im neuen ÖPUL Programm humusaufbauende und -erhaltende Bewirtschaftung gefördert werden?

a.    Wenn ja, in welcher Form, Höhe und für welche Maßnahmen?

b.    Sieht das neue ÖPUL Programm die Aufnahme von Kohlenstoffspeicherung im Boden durch Humusaufbau bzw. -erhalt in den Emissionszertifikatshandel vor, wie dies bereits im Pilotprojekt der Ökoregion Kaindorf umgesetzt wird, vor?

i.    Wenn ja, in welcher Form?

ii.    Wenn nein, warum nicht?

iii.   Wenn nein, sieht das neue ÖPUL Programm anderweitige Schemata für Ausgleichszahlungen betreffend im Boden gebundenes CO2 durch Humusaufbau vor?

6.    Werden CO2-Sequestierungsleistungen der Landwirtschaft in die geplante Ökologisierung des Steuer- und Abgabensystems eingegliedert?

a.    Wenn ja, in welcher Form, Höhe und für welche Maßnahmen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Sicherstellung von CO2 Sequestierungsleistungen ist es, der fortschreitenden Flächenversiegelung Einhalt zur gebieten. Jedoch ist Österreich mit einem Flächenverbrauch von rund 107, Hektar pro Tag im Jahr 2020 vom im Regierungsprogramm definierten Zielpfad mit maximal 2,5 Hektar pro Tag weit entfernt.

a.    Welche Maßnahmen wird das BMLRT setzen, um den im Regierungsprogramm definierten Wert einer maximalen Flächenversiegelung von 2,5 ha/Tag zu erreichen und somit landwirtschaftliche Nutzflächen zu erhalten?

b.    Ist es aus Sicht des BMLRT vorstellbar und zielführend, landwirtschaftlich genutzte Flächen unter besonderen Schutz zu stellen, um deren Umwidmung beispielsweise in Siedlungs- oder Gewerberaum zu verhindern?