749/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.02.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Michael Seemayer,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

 

betreffend:Seeuferzugänge - ein Privileg der Reichen?

 

 

 

In Österreich werden die öffentlichen See(ufer)zugänge immer weniger. Die Erholung an unseren Seen steht zu großen Teilen lediglich einer privilegierten und vermögenden Elite zu. Die betroffene Bevölkerung wehrt sich dagegen, ohne Erfolg. Obwohl bei der Verwaltung der öffentlichen Seen - insbesondere der freien See(ufer)zugänge - die öffentlichen Interessen in besonderer Weise zu berücksichtigen sind, ist dies jedoch in der tatsächlichen Verwaltungspraxis kein Kriterium. Insbesondere ist die Wahrung der öffentlichen Interessen kaum gegeben, wenn die Seen von einer Gesellschaft, die in erster Linie privatwirtschaftliche Interessen verfolgt, verwaltet wird, wie dies etwa am Beispiel der Österreichischen Bundesforste-AG deutlich erkennbar ist. Die Nichtbeantwortung von Anfragen in Zusammenhang mit den Österreichischen Bundesforsten ist insofern besonders verwunderlich, da Sie im Regierungsprogramm als zentralen Punkt vereinbart haben, die Amtsverschwiegenheit abzuschaffen und durch die Informationsfreiheit zu ersetzen. Obwohl in § 4 Abs 5 Bundesforstegesetz die Voraussetzungen und Ziele für eine gesetzmäßige Verwaltung der Seen bzw. Seeuferflächen genau festgelegt wird, werden immer wieder Geschäfte getätigt, die diesen gebotenen Zielen diametral entgegenlaufen, Seeuferflächen der Öffentlichkeit zu entziehen und Seeuferzugänge einschränken.

 

Wir stellen diese Parlamentarische Anfrage, um Auskünfte hinsichtlich der Vorgehensweise der Regierung generell in dieser Materie, im Speziellen betreffend jene Seeuferflächen, die sich im Besitz der Österreichischen Bundesforste befinden, zu erhalten. Leider war es hier in der letzten Gesetzgebungsperiode Usus, sich unangenehmen Fragen, die besonders die Österreichischen Bundesforste AG betrafen, mit dem Hinweis, dass die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Österreichischen Bundesforste AG nicht vom parlamentarischen Interpellationsrecht erfasst ist, zu entziehen. Wie man dem entgegentreten kann, werden (hoffentlich) die Antworten auf untenstehende Parlamentarische Anfrage klären, denn es ist jedenfalls Aufgabe der Politik, die letzten freien Seeuferzugänge für alle zu erhalten und nicht nur für jene, die es sich leisten können!

 

 


Auszug aus dem Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes „Österreichische Bundesforste“ (Bundesforstegesetz 1996), BGBl. Nr. 793/1996idgF

 

§ 4 Aufgaben (Verfassungsbestimmung)

Der Gesellschaft obliegt

1.

die Fortführung des Betriebes „Österreichische Bundesforste“,

2.

die Durchführung von Liegenschaftstransaktionen nach § 1 Abs. 2 und 3,

3.

die Verwaltung des Liegenschaftsbestandes im Sinn des § 1 Abs. 1 für den Bund.

(2) Die Gesellschaft hat bei der Produktion und Verwertung des Rohstoffes Holz, der forstlichen Nebenprodukte und allenfalls deren Weiterverarbeitung den bestmöglichen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen.

(3) Der Gesellschaft obliegt weiters die Wahrnehmung von Rechten und die Erfüllung von Aufgaben und Verpflichtungen des Wirtschaftskörpers Österreichische Bundesforste oder der Gesellschaft aus Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG über die Errichtung und den Betrieb der Nationalparks Donau-Auen und Kalkalpen.

(4) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft als Eigentümervertreter des von der Gesellschaft verwalteten Bundesvermögens kann, soweit finanzielle Angelegenheiten des Bundes betroffen sind im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, durch Verordnung die Gesellschaft zu weiteren Maßnahmen, wie sie sich für den Bund auf Grund seines Eigentumsrechtes ergeben, ermächtigen.

(5) Bei der Verwaltung von Seeuferflächen oder Seen ist auf den Erhalt der natürlichen Seeuferteile sowie den freien Zugang zu den Seen besonders Bedacht zu nehmen. Weiters ist besonders Bedacht zu nehmen, dass die Seeuferflächen oder Seen

1.

der Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer,

2.

dem Schutz ufernaher Grundwasservorkommen,

3.

dem Rückhalt von Hochwasser,

4.

der Instandhaltung der Gewässer sowie der Errichtung und Instandhaltung von Wasserbauten und gewässerkundlicher Einrichtungen,

5.

der Erholung der Bevölkerung

dienen. Der Vorstand hat bis zum 31. Dezember 2001 ein Konzept über die Grundsätze der Seeuferpolitik der Gesellschaft vorzulegen. Das Konzept oder dessen Änderung bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats, wobei den in § 10 Abs. 2 Z 1 und 2 genannten Mitgliedern des Aufsichtsrats ein Vetorecht zukommt und diese hiebei an Weisungen des jeweils nominierenden Bundesministers gebunden sind. Dieser Absatz gilt auch für Seeuferflächen oder Seen im Eigentum der Österreichischen Bundesforste AG.

(6) Die Gesellschaft ist zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die im Hinblick auf den Unternehmensgegenstand notwendig oder nützlich erscheinen, insbesondere zur Errichtung von Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im In- oder Ausland sowie zur Beteiligung an anderen Unternehmen.

(7) Der Gesellschaft gebührt für die ihr obliegenden Aufgaben gemäß Abs. 1 und 4 kein gesondertes Entgelt.


 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

 

1.         Wie werden Sie als Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus der zunehmenden Einschränkung des freien (öffentlichen) Seeuferzugangs entgegensteuern?

 

2.         Welcher Maßnahmen bedarf es generell, um die freien Seezugänge zumindest im jetzigen Ausmaß, zu erhalten?

 

3.         Welche Möglichkeit hat die betroffene Öffentlichkeit, um sich gegen eine Einschränkung der freien Seeuferzugänge zu wehren?

 

Ad Österreichische Bundesforste AG:

4.         Seitens der Österreichischen Bundesforste AG werden Naturufer verpachtet. Dieses Vorgehen reduziert den freien Seeuferzugang und generell die Erholungsflächen für die Öffentlichkeit:

            a.         Ist diese Vorgehensweise mit den in § 4 Abs 5  Bundesforstegesetz gebotenen Zielen, insbesondere mit jenem der Bedachtnahme auf freien See-bzw. Seeuferzugang und dem Ziel der Erholung der Bevölkerung vereinbar?

            b.         Wenn die Verpachtung von Naturuferflächen eine Vorgehensweise ist, die den in § 4 Abs 5 Bundesforstegesetz gebotenen Zielen entspricht, mit welcher Begründung ist dies mit den vorab genannten gesetzlichen Bestimmungen vereinbar?

            c.         Wenn diese Vorgehensweise nicht mit den in § 4 Abs 5 Bundesforstegesetz gebotenen Zielen vereinbar ist, welche Schritte werden Sie dem entgegensetzen um hier dem öffentlichen Interesse gerecht zu werden?

            d.         Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um eine derartige Vorgehensweise der Österreichischen Bundesforste AG, welche offensichtlich dem öffentlichen Interesse diametral entgegenwirkt, besser kontrollieren und gegebenenfalls unterbinden zu können?

            e.         Wie kann sich die betroffene Öffentlichkeit gegen solche Vorgehensweisen der Österreichischen Bundesforste AG  wehren?

            f.          Wie viele Naturuferflächen im Besitz der Österreichischen Bundesforste AG sind bereits privat verpachtet?

 

5.         Die Österreichische Bundesforste AG errichtet auf Teilen von bisher öffentlichen Badeplätzen Immobilien, um sie zu vermieten und verringert dadurch den de facto freien Seeuferzugang:

a.         Geht dies konform mit den in § 4 Abs 5  Bundesforstegesetz gebotenen Zielen, insbesondere mit jenem der Bedachtnahme auf freien See-bzw. Seeuferzugeng und dem Ziel der Erholung der Bevölkerung?

b.         Wenn die Errichtung und Vermietung von Immobilien am See samt damit einhergehender Einschränkung der öffentlich zugänglichen Seeuferflächen eine Vorgehensweise ist, die den in § 4 Abs 5 Bundesforstegesetz gebotenen Zielen entspricht, mit welcher Begründung ist dies für Sie mit den vorab genannten gesetzlichen Bestimmungen vereinbar?

c.         Wenn diese Vorgehensweise nicht mit den in § 4 Abs 5 Bundesforstegesetz gebotenen Zielen vereinbar ist, welche Schritte werden Sie dem entgegensetzen, um hier dem öffentliche Interesse gerecht zu werden?

d.         Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um eine derartige Vorgehensweise der Österreichischen Bundesforste AG, das offensichtlich dem öffentlichen Interesse diametral entgegenwirkt, besser kontrollieren und gegebenenfalls unterbinden zu können?

e.         Wie kann sich die betroffene Öffentlichkeit gegen solche Vorgehensweisen der Österreichischen Bundesforste AG  wehren?

 

6.         a.         Welche Kontrollmöglichkeiten und welchen Einfluss haben Sie bei der Österreichischen Bundesforste AG?

b.         Wenn Sie in Bezug auf die Reduzierung von freien Seeuferzugängen, die sich im Besitz der Bundesforste AG befinden, Einfluss nehmen können, warum handeln Sie hier nicht im Interesse der Öffentlichkeit?

c.         Wenn Sie hier keinen Einfluss nehmen können, was werden Sie ändern, damit hier zukünftig wirksame Kontrollmöglichkeiten bestehen?

 

7.         a.         Welche Kontrollmöglichkeiten und welchen Einfluss haben Sie generell, wenn es um die Reduzierung von freien Seeuferzugängen geht ?

b.         Wenn Sie in Bezug auf die Reduzierung von freien Seeuferzugängen Einfluss nehmen können, warum handeln Sie hier nicht im Interesse der Öffentlichkeit?

c.         Wenn Sie keinen Einfluss nehmen können, was werden Sie ändern, damit hier zukünftig wirksame Kontrollmöglichkeiten bestehen?

8.         Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit auch in konkreten Fällen das öffentliche Interesse gewahrt werden kann?

 

9.         a.         Liegen Ihrem Bundesministerium Zahlen und Fakten vor, wie sich die freien Seezugänge und Seeuferzugänge generell in Österreich  seit  1996 verändert haben?

b.         Liegen Ihrem Bundesministerium Zahlen und Fakten vor, wie sich die freien Seezugänge und Seeuferzugänge, die sich im Besitz der Österreichischen Bundesforste befinden,  seit  1996 verändert haben?

 

10.       Werden Sie Maßnahme setzen, damit die gesetzlichen Bestimmungen des Bundesforstegesetzes nicht umgangen werden können und eine Einschränkung des freien Seeuferzugangs de facto nicht mehr möglich wird?

            a.         Wenn ja, welche konkrete Maßnahmen werden Sie ergreifen?

            b.         Wenn nein, warum nicht?

 

11.       Welche konkrete Maßnahmen setzen Sie, damit die letzten öffentlichen Zugänge zum Seeufer an Österreichs Seen erhalten bleiben?

 

12.       Ist Ihrem Bundesministerium bekannt, ob in Zukunft geplant ist, Seeuferzugänge und Seeuferflächen wieder vermehrt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?