Eingelangt am 23.07.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Dr.
Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin
für Justiz
betreffend Überwachung
von Österreicher_innen durch Spionageprogramme wie Pegasus
Seit wenigen Tagen ist
bekannt, dass eine Vielzahl an Presseleuten, Aktivistinnen und Aktivisten
sowie Oppositionsmitgliedern weltweit Opfer missbräuchlicher
Spähangriffe durch Geheimdienste und Polizeibehörden geworden sind.
Genutzt wurde dazu ein Überwachungsprogramm des israelischen Unternehmens
NSO Group namens Pegasus. Die Recherchen eines Journalistenkonsortiums
unter der Führung der französischen Organisation Forbidden Stories
ergaben, dass seit 2016 insgesamt mehr als 50.000 Telefone von
Journalist_innen, Aktivist_innen und Oppositionellen mit Hilfe dieses
Spionageprogramms überwacht worden sein könnten, obwohl Pegasus
ursprünglich dem Kampf gegen Terrorismus und organisierte
Kriminalität dienen sollte. Behörden hatten mit Hilfe von Pegasus
Zugriff auf Telefonate sowie verschlüsselte Nachrichten der Betroffenen
(19.6.2021, orf.at).
Auch die Telefonnummer
eines Österreichers, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE)
arbeitet, war laut Medienberichten unter den 50.000 geleakten Datensätzen
(21.6.2021, derstandard.at).
Doch nicht nur
außerhalb der EU wurden EU-Bürger_innen Opfer der Spähangriffe.
Auch innerhalb der EU soll Pegasus zum Einsatz gekommen sein. In Ungarn soll
es laut der Recherchegruppe mehr als 300 Überwachungsziele - darunter
Journalist_innen und Regierungskritiker_innen - gegeben haben. Nachdem nun
bekannt wurde, dass Ungarn die Cyberwaffe Pegasus zur Überwachung von
kritischen Journalist_innen und Oppositionellen genutzt haben
könnte, wird eine diesbezügliche Debatte innerhalb der EU
notwendig sein (18.7.2021, zeit.de).
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
- Wusste Ihr Ministerium
vor Veröffentlichung der über 50.000 Telefonnummern auf der
Pegasus-Überwachungsliste davon, dass auch ein Österreicher auf
dieser Liste steht?
- Wenn ja, warum
wurde nichts dagegen unternommen?
- Welche legistischen
Maßnahmen wurden von Ihrem Ministerium bisher getroffen, um eine
Überwachung österreichischer Bürger_innen durch
ausländische Spionageprogramme zu vermeiden?
- Nach Bekanntwerden der
Überwachung eines Österreichers durch das Spionageprogramm
Pegasus: Wie wollen Sie die Überwachung von Bürger_innen durch
ausländische Spionageprogramme zukünftig verhindern?
- Nach Bekanntwerden der
Überwachung eines Österreichers durch das Spionageprogramm
Pegasus: Sind weitere Maßnahmen auf EU-Ebene zum Schutz der
Privatsphäre von Österreicherinnen und Österreichern in
Zusammenhang mit Überwachungsprogrammen in Planung?
- Wenn nein, weshalb
nicht?
- Nach Bekanntwerden des
Einsatzes von Pegasus in Ungarn und somit innerhalb der EU: Welche
Position bezieht Ihr Ministerium im Umgang mit dem Einsatz von Spionagesoftwares
durch andere Staaten und im Speziellen durch EU-Mitgliedsstaaten?
- Sind Sie mit Ihren
Amtskolleg_innen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten oder generell auf
europäischer Ebene in Bezug auf die Regelung des Einsatzes von
Spionageprogrammen wie Pegasus im Austausch?
- Wenn ja, welche
Position vertreten Sie dort?
- Wenn ja, was ist der
aktuelle Stand des Austauschs?
- Wenn nein, ist ein
solcher Austausch in Planung?
- Steht/stand Ihr
Ministerium im Austausch mit dem israelischen Unternehmen NSO Group?
- Wenn ja, welcher Zweck
wird mit diesem Austausch verfolgt?
- Wenn ja, was ist der
aktuelle Stand des Austauschs?
- Wenn nein, ist ein
Austausch mit der NSO Group in Planung?
- Die Bundesregierung
strebt eine "strategische Partnerschaft" mit den Vereinigte Arabische
Emirate (VAE) an. Steht/stand Ihr Ministerium in Bezug auf die gesetzliche
Regelung des Einsatzes von Spionageprogrammen wie Pegasus im Austausch mit
den VAE?
- Wenn ja, welcher Zweck
wird mit diesem Austausch verfolgt?
- Wenn ja, was ist der
aktuelle Stand des Austauschs?
- Wenn nein, ist ein
diesbezüglicher Austausch in Planung?
- Steht/stand Ihr
Ministerium in Bezug auf die Regelung des Einsatzes von Spionageprogramme
wie Pegasus im Austausch mit Ungarn?
- Wenn ja, welcher Zweck
wird mit diesem Austausch verfolgt?
- Wenn ja, was ist der
aktuelle Stand des Austauschs?
- Wenn nein, ist ein
diesbezüglicher Austausch in Planung?
- Als Regierungsziel ist
die Schaffung einer verfassungskonformen Regelung zur Überwachung
von verschlüsselten Nachrichten im Internet
festgelegt. Arbeiten Sie an der Umsetzung eines solchen
Bundestrojaners?
- Wenn ja, wann kann man
mit einer Regierungsvorlage diesbezüglich rechnen?
- Wenn ja, wie wird den
verfassungsrechtlichen Problemen Rechnung getragen werden?
- Wenn ja, was ist der
aktuelle Stand der Umsetzung?
- Wenn ja, wie
rechtfertigen Sie, dass Sie, um einen funktionierenden Bundestrojaner zu
schaffen, das bewusste Erhalten von Sicherheitslücken in Kauf nehmen
müssen?
- Wenn ja, gibt es eine
Task Force und wer ist in diese involviert?
- Wenn ja, welche
IT-Expert_innen sind involviert?
- Wenn ja, welche
verfassungsrechtlichen Expert_innen sind involviert?
- Ohne
Sicherheitslücken bewusst offen zu halten, ist die Umsetzung eines
funktionierenden Bundestrojaners nicht möglich. Der Pegasus-Skandal
zeigt deutlich, wie gefährlich diese Sicherheitslücken für
Bürger_innnen sein können und wie anfällig diese
Sicherheitslücken Bürger_innen für ausländische
Spionageangriffe machen. Sollte vor diesem Hintergrund nicht von der
Schaffung und Nutzung eines Bundestrojaners abgesehen werden?