756/J XXVII. GP
Eingelangt am 10.02.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend ÖBAG - Status Quo - Follow up
Die Anfragebeantwortung (229/AB) vom 21.1.2020 zeigt, dass die ÖBAG eine Blackbox ist. Berechtigte Fragen wurden von Seiten des Finanzministers gar nicht oder nur sehr oberflächlich beantwortet. Dies ist angesichts der staats- und wirtschaftspolitischen Bedeutung der Österreichischen Beteiligungs AG ein für die Opposition nicht hinnehmbarer Zustand.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Die Höchstgrenzen für Standort-Maßnahmen (Minderheitsbeteiligungen, Kredite, Garantien und sonstige Finanzierungsinstrumente) wurden vom Bundesminister für Finanzen schriftlich im Schreiben vom 25.07.2019 GZ BMF-070138/0002-I/5/2019 festgelegt. Das Limit für das eingesetzte Kapital sowie aufzunehmende Finanzierungen und Garantien, berechnet sich aus dem Durchschnitt der von der ÖBAG (vormals ÖBIB) in den vergangenen beiden Geschäftsjahren an den Bund ausgeschütteten Dividenden, zuzüglich der im Gewinnermittlungszeitraum ausgeschütteten Dividenden gemäß §7a ÖIAG-Gesetz. Wie hoch ist die im Schreiben festgelegte Höchstgrenze für das Jahr 2020?
2. Mit welcher Höchstgrenze kalkuliert das Bundesministerium für Finanzen in seiner Funktion als Kapitalvertreter und Mitglied des Aufsichtsrats für die Jahre 2021 und 2022?
3. In seiner Funktion als Kapitalvertreter kann man von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen bestätigen, dass die Österreichische Beteiligungs AG ohne Rücksprache mit dem Bundesminister für Finanzen ermächtigt ist, Standort-Maßnahmen (Minderheitsbeteiligungen, Kredite, Garantien und sonstige Finanzierungsinstrumente) eigenständig innerhalb dieses Limits durchzuführen?
a. Wenn ja, wie stellt man von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen sicher, dass die Interessen der Republik gewahrt bleiben?
b. Wenn nein, in welcher Form wird der Austausch zwischen dem Bundesminister für Finanzen und der ÖBAG stattfinden?
4. Im Falle von Veräußerungen erhöht sich die Höchstgrenze für Standort-Maßnahmen im Jahr der Veräußerung auf 150 % des Limits. Kann man von Seiten des Bundesministerium für Finanzen in Funktion als Kapitalvertreter bestätigen, dass der ÖBAG im Falle von Veräußerungen mehr als eine halbe Milliarde an Gesamtvolumen für Standortmaßnahmen zur Verfügung stünden?
5. Die ÖBAG errichtete für die Darstellung der Standortmaßnahmen einen eigenen Rechnungskreis, der dem Bundesminister für Finanzen erst Ende April des folgenden Geschäftsjahres vorgelegt wird. Dem Bundesminister für Finanzen wird somit erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt über Einbringlichkeit und Risikogehalt von Krediten, Garantien und sonstigen Finanzierungen berichtet. Wie stellt man von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen in Funktion als Kapitalvertreter sicher, dass die Interessen der Republik gewahrt bleiben?
6. Das 4-Augen-Prinzip im Management und in der Führung von Aktiengesellschaften ist in wirtschaftlicher Praxis ein unumstrittenes Prinzip, welches der präventiven Kontrolle dient und auch lt. Österreichischen Corporate Governance Kodex gefordert wird. Regel 16 des Corporate Governance Kodex sieht vor, dass der Vorstand aus mehreren Personen besteht. Eine Regel, die in sämtlichen Beteiligungen der ÖBAG auf Vorstandsebene auch eingehalten wird. Wieso weicht man hier als Kapitalvertreter vom österreichischen Corporate Governance Kodex - dem 4-Augen-Prinzip - ab?
7. Auch entgegen den Empfehlungen des Rechnungshof verzichtete man bei der Bestellung des ÖBAG Vorstandes auf einen zweiten Vorstand. Dem Rechnungshof schien im Hinblick auf die erforderlichen Vertretungsbefugnisse die Sicherstellung des 4-Augen-Prinzips erforderlich, von Seiten des Bundesministers für Finanzen hielt man jedoch an einem Einzelvorstand fest. Wie begründete man diese Entscheidung gegenüber dem Rechnungshof?
8. Planen Sie Ihr Recht als Eigentümervertreter der ÖBAG zu nutzen, um - wie vom Rechnungshof gefordert - einen zweiten Vorstand in der ÖBAG zu implementieren?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum nicht?
9. Aus welchen konkreten Erwägungen entschied man sich seitens Ressortführung für einen Alleinvorstand in der ÖBAG?
10. Anonyme Quellen belegen mit schriftlichen Unterlagen, dass die Besetzung des Aufsichtsrats zu jenen Agenden gehörte, die führend vom Generalsekretär und Kabinettschef Thomas Schmid betreut wurden. Wohlgemerkt jener Aufsichtsrat, der die Ausschreibung zur Vorstandsposition verfasste, bei der sich in weiterer Folge Thomas Schmid durchsetzen konnte. Ortet man hier von Seiten des Bundesministerium für Finanzen ein Compliance Problem?
a. Wenn ja, welche Konsequenzen wird man von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen setzen?
b. Wenn nein, wie begründet man diese Einschätzung von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen?
11. Die Ausschreibung zum Vorstand der ÖBAG änderte sich gegenüber der OBIB Ausschreibung in vier wesentlichen Punkten: „Erfahrung in Aufsichtsräten staatlicher und teilstaatlicher Unternehmen“, „Erfahrung in Verhandlungsführung mit politischen Stakeholdern“, „Kenntnis der Entscheidungsabläufe der öffentlichen Hand als Aktionär“ und „Führungserfahrung im öffentlichen Sektor“. Vier Punkte, die im Lebenslauf von Thomas Schmid sehr ausgeprägt waren. Wie erklärt man sich im Bundesministerium für Finanzen in Funktion als Kapitalvertreter diese Änderungen in der Ausschreibung?
12. Eine Fähigkeit, die gegenüber der Ausschreibung der Geschäftsführerin nicht mehr zu den Anforderungen gehörte, lautete "Kenntnisse in Fragen der Corporate Governance und der Unternehmenssteuerung". Wie erklärt man sich im Bundesministerium für Finanzen in Funktion als Kapitalvertreter diese Änderungen in der Ausschreibung?
13. Ist es angedacht einen weiteren Vorstand zu bestellen, welcher mehr Unternehmens- und Managementerfahrung in der Privatwirtschaft mitbringt als Thomas Schmid?
14. Die Vorstandsbestellung von Thomas Schmid wurde von Amrop Jenewein begleitet. Es entsteht der Anschein, dass Herr Schmid Einfluss auf die Ausschreibungskriterien genommen hat. Darüber hinaus soll auch ein ehemaliger ÖVP Bezirksparteichef und langjähriger Klubmitarbeiter Ihrer Landespartei die positive Beurteilung von Schmid als „unabhängiger Personalberater“ begleitet haben. Können Sie garantieren, dass es hier zu einem sauberen und unbeeinflussten Verfahren gekommen ist?
a. Wenn ja, wie?
15. Nachweislich haben Sie mit Thomas Schmid von 2009 bis 2011 im Außenministerium und 2013 im Finanzministerium zusammengearbeitet, des weiteren soll Medienberichten zufolge eine sehr gute private Beziehung zwischen Ihnen bestehen. Können Sie die Unabhängigkeit bzw. Unbefangenheit gegenüber Thomas Schmid wahren, obwohl Sie mehrere Jahre eng als Kollegen zusammengearbeitet haben und privat befreundet sind?
a. Kann ein Interessenkonflikt in Bezug auf Ihre Unabhängigkeit und die Beurteilung einer notwendigen Abberufung von Thomas Schmid ausgeschlossen werden?
b. Wie kann die Compliance gewahrt werden, obwohl zwischen Ihnen als Eigentümervertreter und Thomas Schmid als einzigen Vorstand eine solche Nahebeziehung besteht?
16. Nach den medial kolportierten Vorwürfen rund um Thomas Schmid sowie den veröffentlichten Chatprotokollen sind viele Experten der Ansicht, dass mit einem Alleinvorstand Thomas Schmid in der ÖBAG ein Geschäftsrisiko besteht. Welche Schritte haben Sie bis dato unternommen, um die Vorwürfe rund um Thomas Schmid (Strafverfahren bei der WKStA) zu klären?
a. Wie wird von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen in seiner Funktion als Kapitalvertreter sichergestellt, dass die Führung der ÖBAG ausschließlich zum Wohle der Republik agiert?
17. Genießt Thomas Schmid trotz der gegen ihn erhobenen Vorwürfe als Vorstand der ÖBAG nach wie vor Ihr vollstes Vertrauen?
a. Wenn ja, erläutern Sie Ihre Ansicht im Lichte der medialen Berichterstattung in dieser Causa?
b. Wenn nein, welche Schritte planen Sie zu setzen?
18. Der Standard berichtete, in Berufung auf einen Kenner, im Zusammenhang mit der Genese des ÖBAG-Gesetzes, dass dieses in wesentlichen Teilen von Thomas Schmid selbst geschrieben wurde. Dieser erschuf sich somit unter Finanzminister Löger eine - wie viele Experten behaupten - "Allmachtsposition" in jener Staatsholding, die ein Milliardenvermögen für die Republik verwaltet. Entspricht es den Tatsachen, dass Thomas Schmid wesentlich an der Genese des neuen ÖBAG-Gesetzes mitgewirkt hat?
a. Wenn ja, wurde die Idee des Alleinvorstands von Thomas Schmid forciert?
19. Trotz der selbstverständlich auch für Thomas Schmid geltenden Unschuldsvermutung liegt der Verdacht nahe, dieser habe sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Generalsekretär und Kabinettschef nicht immer lediglich am Wohle der Republik orientiert. Eine weitere Belassung Schmids in diesem Amt ist folglich zumindest bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe absolut untragbar. Werden Sie von Ihrem Recht Gebrauch machen, eine Hauptversammlung der ÖBAG einzuberufen und dort Thomas Schmid gegenüber das Misstrauen aussprechen, um damit den Aufsichtsrat aufzufordern Schmid abzubestellen und einen neuen Vorstand zu bestellen (zumindest interimistisch)?
a. Wenn ja, wann planen Sie dies zu tun?
b. Wenn nein, warum nicht?
20. Weshalb erfolgte bisher noch keine Abberufung des ÖBAG-Alleinvorstandes Thomas Schmid - analog der Abberufung von Peter Sidlo? Inwiefern unterscheidet sich der "Fall Peter Sidlo" vom "Fall Thomas Schmid" hinsichtlich der Abberufungsgründe?
21. Befürchtet man von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen einen weiteren Imageschaden und Reputationsschaden der ÖBAG?
a. Wenn ja, was werden Sie tun, um einen solchen bestmöglich abzuwenden?
b. Wenn nein, warum nicht?
22. Gibt es von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen in seiner Funktion als Kapitalvertreter einen Plan für den Fall des Rücktritts des Alleinvorstands?
a. Wenn ja, was sieht dieser Plan vor?
b. Wenn nein, wie garantiert man in diesem Krisenfall die Handlungsfähigkeit der ÖBAG?
23. Gibt es von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen in seiner Funktion als Kapitalvertreter Bedenken dahingehend, welche Rolle ein in einem Korruptionsverfahren als Beschuldigter geführter Vorstand als Eigentümervertreter der Casinos Austria AG einnehmen kann?
24. Es war erklärtes Ziel des Bundesministeriums für Finanzen, die Casinos Austria Anteile nicht mehrheitlich an einen ausländischen Eigentümer zu verlieren. Nun droht dieses Szenario. Kann Ihrer Ansicht nach Thomas Schmid hier noch weiterhin der richtige Eigentümervertreter der österreichischen Staatsanteile sein, obwohl es laut Medienberichten klare Differenzen zwischen ihm und den tschechischen Investoren gibt?
25. Wie beurteilen Sie die Vorbildwirkung des ÖBAG Vorstandes, welcher gleichzeitig auch Eigentümervertreter und Aufsichtsratsmandatar in den wertvollen österreichischen Staatsunternehmen ist?