7609/J XXVII. GP
Eingelangt am 03.08.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Konsularische Tätigkeit bei der Durchsetzung von Gerichtsurteilen im Ausland
Die Unterstützung österreichischer Staatsbürger_innen im Ausland ist eine wesentliche Aufgabe des BMEIA. Das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen samt Fakultativprotokoll über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten schreibt konsularische Verpflichtungen in § 5 wie folgt fest:
"Die konsularischen Aufgaben bestehen
darin,
a) die Interessen des Entsendestaats sowie seiner Angehörigen, und zwar
sowohl natürlicher als auch juristischer Personen, im Empfangsstaat
innerhalb der völkerrechtlich zulässigen Grenzen zu schützen;
...
i) vorbehaltlich der im Empfangsstaat geltenden Gepflogenheiten und
Verfahren die Angehörigen des Entsendestaats vor den Gerichten und
anderen Behörden des Empfangsstaats zu vertreten oder für ihre
angemessene Vertretung zu sorgen, um entsprechend den Gesetzen und
sonstigen Rechtsvorschriften des Empfangsstaats vorläufig Maßnahmen
zur Wahrung der Rechte und Interessen dieser Staatsangehörigen zu erwirken,
wenn diese wegen Abwesenheit oder aus einem anderen Grund ihre Rechte und
Interessen nicht selbst rechtzeitig verteidigen können;
j) gerichtliche und außergerichtliche Urkunden zu übermitteln und
Rechtshilfeersuchen zu erledigen, soweit dies geltenden internationalen
Übereinkünften entspricht oder, in Ermangelung solcher, mit den
Gesetzen und sonstigen Rechtsvorschriften des Empfangsstaats vereinbar ist; ...
m) alle anderen der konsularischen Vertretung vom Entsendestaat zugewiesenen
Aufgaben wahrzunehmen, die nicht durch Gesetze und sonstige Rechtsvorschriften
des Empfangsstaats verboten sind oder gegen die der Empfangsstaat keinen
Einspruch erhebt oder die in den zwischen dem Entsendestaat und dem
Empfangsstaat in Kraft befindlichen internationalen Übereinkünften
erwähnt sind."
Im Falle einer Entziehung eines Kindes mit österreichischer Staatsbürgerschaft durch die chinesische Mutter hat das BMEIA klargestellt, dass die österreichische Vertretungsbehörde "keinesfalls in Zivil- oder Strafverfahren, die im Ausland anhängig sind, Klage anstatt der betroffenen Person" erstattet, oder "deren rechtliche Vertretung übernimmt. ... "Die Tätigkeit der Botschaft bzw. ihrer MitarbeiterInnen umfasst die Unterstützung der von Ihrem Rechtsvertreter gesetzten Maßnahmen."
Im obigen Fall handelt es sich nicht um eine Prozesseinleitung, sondern um die Durchsetzung von bereits gefällten und rechtsgültigen Urteilen österreichischer Gerichte. Das Außenministerium der VR China teilt mit, dass China "nicht dem Internationalen Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte der Kindesentführung“ beigetreten ist. Allerdings erkennt die chinesische Gesetzgebung das Recht beider Elternteile auf gemeinsames Sorge- und Besuchsrecht an und verpflichtet die "beteiligten Personen und Institutionen, dieses Recht zu unterstützen," und zwar gegebenenfalls auch mit Zwangsmaßnahmen. Im konkreten Fall allerdings wird der österreichischen Seite empfohlen, die Konfliktparteien zu ermutigen sich freundschaftlich zu einigen. Da der österreichische Staatsbürger in diesem Fall auch mit Hilfe seines chinesischen Rechtsbeistandes offensichtlich nicht auf den normalen Rechtsweg in China zählen kann, benötigt er konsulare Unterstützung zur Wahrung seiner Rechte und Interessen.
Es stellt sich über den Einzelfall hinaus die Grundsatzfrage, warum eine österreichische Vertretung – speziell im nicht EU-Ausland, wo es für österreichische Bürger_innen unzumutbar schwierig sein kann, sich selbst ihr Recht zu verschaffen – eine rechtliche Unterstützung des österreichischen Staatsbürgers, dessen Kind widerrechtlich ins Ausland verbracht wurde und nun dort verborgen gehalten wird, ablehnt; und in Folge, wie das BMEIA seine Verpflichtungen gegenüber österreichischen Staatsbürger_innen bei der Durchsetzung von Rechtstiteln im Ausland unter dem Wiener Übereinkommen auslegt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. In welchen Rechtsfragen war dies der Fall?
ii. Welche Drittstaaten waren betroffen?
iii. In wie vielen Fällen ging es um Kindesentziehung?
i. Welche Form von Rechtshilfe hat die chinesische Seite beantragt?
ii. Welche Akte hat die österreichische Behörde in diesen Fällen gesetzt?
i. Welche Form von Rechtshilfe hat die österreichische Seite beantragt?
ii. Welche Akte wurden von den chinesischen Behörden gesetzt?
iii. Welche Akte hat Österreich in diesen Fällen gesetzt?