7615/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.08.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres

betreffend Mangelnder Schutz einer Frau durch die Polizei

Medienberichten vom 27. Juli 2021 zufolge wurde die Angst einer Frau vor ihrem gewaltbereiten Mann seitens der Polizei nicht ernst genommen und sie in der Folge in keiner Form unterstützt (https://www.heute.at/s/frau-flehte-polizei-um-hilfe-an-bekam-200-euro-strafe-100154495, Frau bittet Polizei um Hilfe wegen Ehemann - und erhält Strafe - Kriminalität - derStandard.at > Panorama). Die betroffene Frau hatte ihre Kinder zur Nachbarin gegeben und eine Freundin gebeten, vorbeizukommen, weil sie große Angst vor ihrem Mann hatte, mit dem sie in Scheidung lebte. Auch ihre Freundin hatte die Aggression des Mannes zu spüren bekommen, weil dieser sie anschrie. Abends wurde schließlich die Polizei kontaktiert, die anschließend zur Wohnung der betroffenen Frau kam.

Die Betroffene schilderte den Polizeibeamten, dass sie und ihre Kinder Angst vor ihrem Mann hätten. Doch anstatt zur Hilfe zu kommen hätten die drei Polizeibeamten die Frau kaum zu Wort kommen lassen. Aus Tonbandaufnahmen des Vorfalls, die den Medien vorliegen, geht hervor, wie die Polizeibeamten reagierten:

Einer der Männer erklärte: "Wenn Sie Streit haben, ist mir das prinzipiell egal (...). Es ist mir eigentlich egal, wer wen schlägt (...). Was sollen wir jetzt machen, was stellen Sie sich vor, dass wir ihn rauswerfen?" Die Frau erklärte daraufhin: "Ja, bitte. Wir haben Angst vor ihm. Er trinkt viel Alkohol."

Weiters sagten die Polizisten: "Es haben immer alle Angst. Schauen Sie, Sie wirken auf mich eher bedrohlich als der Mann (...). Sie müssen sich das selbst ausmachen, wer geht und nicht geht. Wir können niemanden aus der Wohnung werfen."

Eine weitere Aussage eines Polizeibeamten war: "Sie werden das jetzt regeln wie erwachsene Leute. Einer von ihnen kann gehen oder muss gehen, wie Sie das regeln, ist mir wurscht. Sie können auch beide hierbleiben, ich glaube die Wohnung ist groß genug oder, dass sie sich aus dem Weg gehen. Wenn sie Streit haben, versteh ich, dass das eine aufwirbelnde Situation ist, aber es ist mir eigentlich egal, wenn sie streiten. Haben Sie mich verstanden?"

Zuletzt äußerte einer der Polizeibeamten: "Ich hab schon Frauen mit Kinder eingesperrt, weil sie nicht aufgehört haben, zu reden. (...). Wenn Sie mit ihrem Mann auch so reden, wundert es mich nicht, dass er irgendwann zum Schreien anfangt. Ich werd auch laut mit ihnen."

Nach rund 20 Minuten wurde der Einsatz der Polizeibeamten ergebnislos beendet. Einige Tage nach dem Vorfall erhielt die Frau eine Geldstrafe wegen Lärmerregung und Anstandsverletzung in der Höhe von € 200. Gegen die Strafe erhob die Rechtsvertretung der betroffenen Frau Einspruch, des weiteren erstattete sie Anzeige wegen Amtsmissbrauchs. Auf Anfragen der Medien zu dem Vorfall gibt die Polizei aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft.

Der Vorfall stellt offenbar keinen Einzelfall dar.

 

Auch im Bericht der Volksanwaltschaft zur öffentlichen Kontrolle für das Jahr 2020 schildert die Volksanwaltschaft einen Fall in dem ein sexueller Übergriff nach dem Notruf der Betroffenen seitens der Polizei bagatellisiert wurde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie war der genaue Hergang der auf Tonbandaufnahmen dokumentierten Amtshandlung?

2.    Wurde eine alternative Vorgehensweise von den durchführenden Beamten erwogen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wieso wurde keine Wegweisung gemäß § 38 SPG erteilt?

c.     Wieso wurde kein Betretungs- und Annäherungsverbot gemäß § 38a SPG erteilt?

3.    Welche Maßnahmen wurden in Ihrem Ressort wann ergriffen, um bestmöglich zu gewährleisten, dass ExekutivbeamtInnen von Gewalt gefährdeten Frauen und Kindern adäquat helfen?

4.    Welche Maßnahmen sind in Ihrem Ressort wann geplant, um bestmöglich zu gewährleisten, dass ExekutivbeamtInnen von Gewalt gefährdeten Frauen und Kindern adäquat helfen?

5.    Welche Maßnahmen wurden in Ihrem Ressort wann ergriffen, um bestmöglich Femizide zu verhindern?

6.    Welche Maßnahmen sind in Ihrem Ressort wann geplant, um bestmöglich Femizide zu verhindern?

7.    Welche Schritte unternahm Ihr Ressort wann zur Aufarbeitung dieses Vorfalls (um eine detaillierte Erörterung wird ersucht)?

8.    Wurden nach Bekanntwerden der Tonbandaufnahmen disziplinarrechtlichen Schritte gesetzt?

a.    Wenn ja, welche gegen wen und wann?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

9.    Weshalb wurde ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die Frau eingeleitet?

a. Wieso wurde das Verfahren nicht iSd § 45 Abs 1 VStG eingestellt?

10. Wurden gegen die an der Amtshandlung beteiligten Polizeibeamten in der Vergangenheit bereits disziplinär- oder strafrechtliche Schritte gesetzt?

a. Wenn ja, wann und in welcher Form?

11. Sollte es bereits in der Vergangenheit Vorwürfe gegen die involvierten Polizeibeamten gegeben haben: Welchem der Vorgesetzten wurden die vorherigen Vorwürfe bzw. Verfehlungen wann bekannt?

12. Welche Maßnahmen wurden in der Folge wann und von wem gesetzt?

13.  Welche Rechtsauffassung vertritt die belangte Behörde

im Rechtsmittelverfahren iZm der Strafe wegen Lärmerregung und Anstandsverletzung?