7626/J XXVII. GP
Eingelangt am 11.08.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Peter Schmiedlechner
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend aktuellen Stand der Verhandlungen von Mercosur-Abkommen
Der Freihandel ist für Österreich und seine Unternehmen sehr wichtig. Freihandelsabkommen dürfen allerdings nicht zu einer Absenkung von nationalen Lebensmittel-, Umwelt- und Sozialstandards führen und damit auf Kosten von Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung gehen. Beim Abbau von Handelshemmnissen muss unbedingt an unsere Werte geachtet werden. Gerade beim Mercosur-Abkommen sind diese in Gefahr.
Gefahr für heimische kleinstrukturierte Rinder-Landwirtschaft
Ein Freihandel mit Südamerika – wie im Mercosur-Abkommen vorgesehen – droht den europäischen Markt mit 100.000 Tonnen an Rindfleisch und weiteren Agrarrohstoffen zu überschwemmen. In der Mercosur-Folgenabschätzung geht man von einer Steigerung der Rindfleischimporte von 30 bis 64 % aus.[1] Das wäre zweifelsohne eine Gefahr für unsere kleinstrukturierte österreichische Rinder-Landwirtschaft. Unsere Bauern leider bereits unter der Corona-Krise, da Gastronomie und Tourismus als Kunden wochenlang weggefallen sind, weitere Belastungen sind für sie nicht tragbar.
Gefahr für unser Klima
Dass lange Transportwege nicht dem Klima zuträglich sind, wissen wir schon lange. Angesichts der Waldbrände in Brasilien wäre es auch fragwürdig, ein Abkommen abzuschließen, das etwa die Abholzung von Regenwald zur Produktion von Wirtschaftsgütern aktiv fördert. Die Standards im Tier- und Pflanzenschutz, unter denen Südamerika aktuell produziert, liegen deutlich unter denen in Europa. Allein in Brasilien sind mehr als 500 Pestizide genehmigt - darunter sind 150, die in der EU verboten sind. Hinzu kommt: Wenn ein Pestizid in Brasilien einmal registriert ist, verfällt die Lizenz nie und ist auch keinen periodischen Neubewertungen – wie in der EU verpflichtend – unterworfen.
Ein Antrag[2] der FPÖ mit der unzweideutigen Formulierung „Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich klar gegen das Mercosur-Abkommen auszusprechen und auf Europäischer Ebene alle Maßnahmen zu ergreifen, um einen Abschluss des Mercosur-Abkommens zu verhindern.“ wurde jedoch von der türkis-grünen Regierungsmehrheit im Nationalrat am 24.02.2021 abgelehnt.
Statt einen Abschluss zu verhindern, einigten sich ÖVP und Grüne auf einen eigenen Antrag[3], mit dem Bekenntnis, das Mercosur-Abkommen weiterverhandeln zu wollen: „Die Bundesregierung wird ersucht, sich gegen das Mercosur-Abkommen in der derzeitigen Form auszusprechen.“
Ein Antrag im EU-Parlament die Referenz zu Mercosur im Jahresbericht zur Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu löschen sowie sich gegen die Ratifizierung von Mercosur auszusprechen, wurde zuletzt ebenso ganz knapp – mit 297 Pro-Stimmen und 303 Gegenstimmen – abgelehnt. Ausschlaggebend war das Abstimmungsverhalten der ÖVP-Fraktion. Hier das Abstimmungsverhalten der österreichischen Mandatare in der EU:

Während die ÖVP-Abgeordneten des Bauernbundes für den Abänderungsantrag stimmten, lehnten diesen jene ÖVP-Abgeordneten, die dem Wirtschaftsflügel und dem ÖAAB zuzuordnen sind, ab.
Dem Bauernbund gelang es einmal mehr nicht sich gegen Wirtschaftsbund und ÖAAB in dieser wichtigen Frage durchzusetzen. Vier Stimmen hätten den Unterschied gemacht und die Löschung des Mercosur-Satzes wäre durchgegangen.[4]
In diesem Zusammenhang berichtet die Kronenzeitung am 25. Juli 2021 „Bauern als Bollwerk gegen leere Regale“; Zitat: „Umso zorniger ist Nemecek wie auch EU-Mandatar Alex Bernhuber auf die Brüsseler Agrar-Lobby: ‚Unbeirrt wird an dem Handelspakt mit Brasilien festgehalten. Und das, obwohl Mercosur unkalkulierbare Risiken und Nachteile für unsere Bauern und Konsumenten in sich birgt.‘“
Da muss man fragen, ist das Landwirtschaftsministerium nicht seit vielen Jahren in schwarz/türkiser Hand? Die Mandatare der ÖVP blockieren den Verhandlungsstopp zu Mercosur, wie das oben genannte Abstimmungsverhalten aufzeigt!
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
Anfrage
1. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen zu Mercosur?
2. Wie sehen der weitere Ablauf und der Zeitplan bei den Verhandlungen zum Mercosur-Abkommen aus?
3. Wie ist die Position des Bundesministeriums in Sachen Mercosur?
a. Ist diese Position im Einklang mit den anderen Bundesministerien?
b. Mit welchen Bundesministern koordinieren Sie ihre Positionen?
4. Werden Sie sich für den Stopp der Verhandlungen zu Mercosur einsetzen?
a. Falls ja, wann und in welcher Form?
b. Falls nein, sind Sie für die Fortführung der Verhandlungen?
5. Bei welchen Gelegenheiten haben Sie sich in der EU gegen das Mercosur-Abkommen ausgesprochen?
6. Welche Position für/gegen Mercosur vertreten andere EU-Länder?
7. Wird es zu der Folgenabschätzung für die gesamte EU auch eine Folgenabschätzung für Österreich geben?
a. Falls ja, wann?
b. Falls nein, warum nicht?
8. Wie beurteilen Sie die langen Transportwege und ihre Wirkung auf die Klimaziele?
9. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie gesetzt, um die heimische Rinder-Wirtschaft vor Billigimporten zu schützen?
10. Wie unterscheiden sich die Lebensmittel-, Umwelt- und Sozialstandards in den einzelnen Mercosur-Staaten gegenüber Österreich?
[1] Top Agrar, EU-weite Empörung über Mercosur-Folgenabschätzung, 9.4.2021
[2] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00214/index.shtml#tab-Uebersicht
[3] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00638/fnameorig_884444.html
[4] https://www.topagrar.at/management-und-politik/news/oevpler-wieder-fuer-mercosur-12456460.html