7721/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.09.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Legale Fluchtwege für besonders gefährdete Personen aus Afghanistan

 

Am 15. August 2021 meldeten die fundamental-islamistischen Taliban die Einnahme des Präsidentenpalasts in Kabul, Präsident Ashraf Ghani hatte zuvor das Land fluchtartig verlassen. Afghanistan ist nun de facto wieder unter der Kontrolle einer Organisation, die Frauen aus dem öffentlichen Leben verbannt, Mädchen von Schulbildung und Frauen vom Berufsleben ausschließt und sie als Anhängsel ihrer Väter, dann Ehemänner, dann Söhne ansieht.

Die Machtergreifung der Taliban erfolgte gewaltsam und vertrieb eine von der internationalen Gesellschaft anerkannte und unterstützte Regierung. Die Taliban beweisen bereits jetzt, dass sie – wie in ihrer ersten Periode an der Macht zwischen 1996 und 2001 – gegen international anerkannte Normen und Menschenrechte verstoßen. Es gibt durch Bildaufzeichnungen untermauerte Belege von öffentlichen Hinrichtungen, inklusive Steinigungen von Frauen sowie Auspeitschungen von Frauen für "moralische Vergehen." Vieles deutet darauf hin, dass die Taliban ihre zweite Herrschaftsperiode ebenso grausam, frauenfeindlich und mittelalterlich anlegen werden wie die erste. In der ersten Periode der Taliban-Schreckensherrschaft, die ebenfalls durch einen zerstörerischen Bürgerkrieg eingeleitet wurde, war es der internationalen Gesellschaft klar, dass Menschen, die aus Afghanistan flohen, aufgrund der Brutalität und arbiträren Verfolgung Schutz zustand. 

Aufgrund dieser verheerenden sicherheitspolitischen und menschenrechtlichen Lage haben sich zahlreiche europäische Staaten zur Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen bereit erklärt. Die österreichische Bundesregierung hält als eines von wenigen Mitgliedstaaten der EU weiterhin an ihrer Linie fest, keine Schutzsuchenden aufzunehmen sondern allein durch "Hilfe vor Ort" zu unterstützen. Am 26.8.2021 fand ein erster Terroranschlag der Terrormiliz Islamischer Staat am Flughafen Kabul statt. Eine Flucht aus Afghanistan auf eigene Faust wird für die Menschen dort zunehmend schwieriger. Es ist zu erwarten, dass Menschen, die vorher in Afghanistan mit westlichen Staaten zusammenarbeiteten - ebenso wie andere westlich orientierte Personen wie Künstler_innen, Journalist_innen, Richter_innen oder Verteidiger_innen der Menschen- und Frauenrechte - nun von den Taliban bedroht und für ihre Verbindung mit dem Westen bestraft werden. Ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich aktuell noch Menschen in Afghanistan befinden, die auf die Bearbeitung ihres Antrags auf Familienzusammenführung nach Österreich und in andere EU-Staaten warten.  

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:



  1. Seit wann war nach Ihren internen Informationen absehbar, dass die Taliban in Afghanistan die Macht übernehmen würden?
    1. Von wem erhielten Sie wann diese Informationen?
  1. Planten Sie, seitdem absehbar war, dass die Taliban die Macht in Afghanistan übernehmen würden, Flüchtlingen in Österreich Schutz zu bieten?
    1. Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen planten Sie wann?
    2. Wenn ja, welche Maßnahmen haben Sie bis zur Machtübernahme der Taliban bereits umgesetzt? 
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Haben Sie nun, nachdem die Taliban die Macht übernommen haben und sich die Lage in Afghanistan täglich verschlimmert, legale Fluchtrouten aus Afghanistan nach Österreich geschaffen bzw. werden Sie diese schaffen?
    1.  Wenn ja, wie genau haben Sie welche Maßnahmen umgesetzt bzw. werden dies tun?

                                          i.    Welche legalen Fluchtrouten haben/werden Sie schaffen bzw. welches Verfahren öffnen (z.B. humanitäre Visa, Resettlement)?

1.    Welche Personengruppen sollen jeweils davon profitieren?

2.    Welche Voraussetzungen mussten/müssen die Personen jeweils dafür erfüllen?

3.    Welche Kontingente haben Sie umgesetzt/geplant?

4.    Wie wurde/wird unter den von Ihnen genannten Personengruppen priorisiert?

    1. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gab bzw. gibt es auf EU- oder anderer internationaler Ebene Gespräche zu einem europäischen Vorstoß zur Schaffung legaler Fluchtrouten aus Afghanistan?
    1. Wenn ja, seit wann gab bzw. gibt es Gespräche welchen Inhalts zwischen welchen Entitäten/Personen?
    2. Wenn ja, welche Position vertrat bzw. vertritt die österreichische Bundesregierung warum in welchen Gesprächen jeweils?
    3. Welche Ergebnisse hatten die Gespräche jeweils?
  1. Haben Sie sich einer europäischen Lösung der Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Personen aus Afghanistan angeschlossen, indem Sie die Aufnahme eines bestimmten Kontingents zugesagt haben, bzw. werden Sie das tun?
    1. Wenn ja, wann haben/werden Sie die Aufnahme von wie vielen Personen zugesagt/zusagen?
    2. Welche Voraussetzungen müssen diese Personen jeweils erfüllen?
    3. Wann wurden/werden diese Personen evakuiert und nach Österreich gebracht?
    4. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wie viele Personen, die einen Antrag auf Familienzusammenführung zu einem in Österreich lebenden Familienmitglied gestellt haben, warten zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung noch in Afghanistan auf die Bearbeitung ihres Antrages oder Durchführung der Familienzusammenführung?
    1. Wie viele davon sind Kinder?

                                          i.    Wie viele davon sind Mädchen?

    1. Wie viele davon sind Frauen?
  1. Bis wann planen Sie wie genau, die ausstehenden Familienzusammenführungen durchzuführen?