7742/J XXVII. GP

Eingelangt am 03.09.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Finanzamt nicht erreichbar: Arbeitnehmer_innen müssen warten

Seit April dieses Jahres berichten Zeitungsartikel immer wieder von einem Chaos in der Finanzverwaltung, das unter anderem der Umstrukturierung der Finanzämter geschuldet sein soll. Einerseits wird darin von starker Verzögerung in der Abwicklung von Anträgen berichtet. Andererseits bestehen große Schwierigkeiten, Informationen zu erhalten, was wiederum die Erledigung unterschiedlichster Eingaben extrem verzögert. Selbst die Volksanwaltschaft hält fest, dass die personellen Kapazitäten der Hotline des Finanzministeriums völlig ausgeschöpft seien und hält daher eine Verstärkung der Telefonhotline für angebracht, um in Spitzenzeiten eine telefonische Erreichbarkeit des Finanzamtes zu garantieren. 

Angesichts der angespannten finanziellen Situation, in der sich zahlreiche Haushalte seit Ausbruch der Corona-Krise befinden, sollte die Finanzverwaltung bemüht sein, Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagung von Arbeitnehmer_innen in Österreich so rasch wie möglich zu bearbeiten. Auch diesbezügliche Anfragen der Arbeitnehmer_innen und von diesen bevollmachteten Steuerberater_innen sollten rasch und unbürokratisch beantwortet werden. 

Der Rechnungshof (RH) hat bereits 2019 Bedenken wegen der dünnen personellen Ausstattung der Finanzverwaltung geäußert und gewarnt, dass die Finanzämter aufgrund der angespannten Personalsituation die gesetzlich übertragenen Aufgaben nicht ausreichend wahrnehmen könnten. Die Neuorganisation der Finanzverwaltung scheint das Problem eher zur verschärfen als zu lösen. Der Rechnungshof stellte bereits 2019 fest, dass bei der Umstrukturierung die Auswirkungen der geplanten Zuständigkeitsverschiebungen auf die dafür erforderlichen (Personal-)Ressourcen (Mehr/Minderbedarf) vom Gesetzgeber nicht mitbedacht wurden.

Über die aktuelle Lage hinaus stellen ein hohes Durchschnittsalter (Pensionswelle) und eine dadurch verursachte etwaige Qualifizierungslücke im Umgang mit modernen (Informations-)Technologien die Finanzverwaltung vor zusätzliche Herausforderungen.

Quellen: 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung wurden in den Jahren 2018-2021 gestellt? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland.
  2. Wie lange dauert die Bearbeitung eines Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung im Durchschnitt je Bundesland? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland für die Jahre 2018 bis 2021.
  3. Wie viele Anfragen werden im Durchschnitt pro Tag von der telefonischen Servicehotline bearbeitet? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland für die Jahre 2018 bis 2021.
  4. Wie lange dauert die durchschnittliche Wartezeit für Anfrager_innen in der Servicehotline? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland für die Jahre 2018 bis 2021.
  5. An welche Stellen können sich Arbeitnehmer_innen mit Fragen wenden, die von der Hotline nicht beantwortet werden können?
    1. An welche Stellen in Wien?
    2. An welche Stellen im Burgenland?
    3. An welche Stellen in Niederösterreich?
    4. An welche Stellen in Oberösterreich?
    5. An welche Stellen in der Steiermark?
    6. An welche Stellen in Kärnten?
    7. An welche Stellen in Tirol?
    8. An welche Stellen in Vorarlberg?
    9. An welche Stellen in Salzburg?
  1. Wie lange dauert die Beantwortung von Fragen durch die soeben erwähnten anderen Stellen im Durchschnitt? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland für die Jahre 2018 bis 2021.
  2. Gibt es eine eigene Stelle, an die sich Steuerberater_innen mit Fragen im Namen ihrer Klient_innen wenden können, die von der Hotline nicht beantwortet werden können?
  3. Wie erklären Sie sich die  Kritik, wonach Finanzämter anscheinend über Monate hinweg schwer erreichbar sind?
    1. Sind Ihnen solche Beschwerden bekannt?
    2. Falls ja, gibt es hier regionale Unterschiede?
    3. Wie viele Beschwerden über mangelnde Kontaktmöglichkeiten mit informierten Mitarbeitern der Finanzverwaltung haben Sie in den Jahren 2018-2021 erhalten? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland.
  1. Ist die kürzlich stattgefundene Umstrukturierung der Finanzämter Grund für die Verzögerung in der Abwicklung von Anträgen und Anfragen?
    1. Falls ja: Wann soll die Umstrukturierung der Finanzämter abgeschlossen sein?
    2. Falls ja: Welche konkreten Zielvorgaben sollen nach Anschluss der Umstrukturierung hinsichtlich der Abwicklung von Anträgen und Anfragen eingehalten werden?
    3. Falls nein: Wie lassen sich die Verzögerungen bei der Abwicklung erklären? 
  1. Weil dieser konkrete Fall an uns herangetragen wurde - warum ist es mit einer Vollmacht ihrer Klienten ausgestatteten Steuerberater_innen nicht möglich, ergänzende Dokumente im Namen ihrer Klient_innen an die Finanzverwaltung zu schicken, auch nicht über Finanz Online?
  2. Laut Angaben des BMF baut das Finanzamt Österreich aktuell an ausgewählten Standorten in ganz Österreich sogenannte „Finanz-Service-Center“ auf, die mit eigens dafür ausgebildeten Mitarbeiter_innen ein neues telefonisches Auskunftsservice bieten sollen.
    1. Was kann man sich genau kann man sich unter diesen "Finanz-Service-Centern" vorstellen?
    2. Werden diese Finanz-Service Center nur telefonisch Auskunft geben oder soll es dort auch die Möglichkeit für Bürger_innen zum direkten Kontakt mit einem qualifizierten Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterin der Finanzverwaltung geben?
    3. Worin genau besteht der Unterschied und die Verbesserung zu bisher bestehenden Kontaktmöglichkeiten mit der Finanzverwaltung?
    4. Um welche ausgewählte Standorte handelt es sich?
    5. Ist hier die Optimierung von Prozessen, z.B. durch Digitalisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz geplant und wenn ja in welcher Form?
  1. Wie ist die personelle Ausstattung der telefonischen Servicehotline? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland für die Jahre 2018-2021.
    1. Wie viele der Beschäftigten sind Mitarbeiter_innen der Finanzverwaltung?
    2. Wie viele der Beschäftigten sind externe Mitarbeiter_innen?
    3. Ist eine personelle Verstärkung der Telefonhotline geplant?
    4. Ist hier die Optimierung von Prozessen, z.B. durch Digitalisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz geplant und wenn ja in welcher Form?
  1. Wie viele Mitarbeiter_innen der Finanzverwaltung sind für die Bearbeitung von Anfragen abgestellt, die über die Servicehotline nicht beantwortet werden können? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland für die Jahre 2018-2021.
    1. Ist hier eine personelle Verstärkung geplant und wenn ja, in welchem Ausmaß?
    2. Ist hier die Optimierung von Prozessen, z.B. durch Digitalisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz geplant und wenn ja in welcher Form?
  1. Wie viele Mitarbeiter_innen der Finanzverwaltung sind für die Bearbeitung von Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagung zuständig? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland für die Jahre 2018-2021.
    1. Ist hier eine personelle Verstärkung geplant und wenn ja, in welchem Ausmaß?
    2. Ist hier die Optimierung von Prozessen, z.B. durch Digitalisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz geplant und wenn ja in welcher Form?
  1. Expert_innen warnen davor, dass rund 48% des Personals im öffentlichen Dienst innerhalb der nächsten 13 Jahre in Pension gehen werden.
    1. Wie hoch ist derzeit das Durchschnittsalter in der Finanzverwaltung?
    2. Mit wie vielen Pensionierungen pro Jahr ist in der Finanzverwaltung bis 2025, bzw. bis 2030 zu rechnen? Bitte um Angabe in Prozent der Mitarbeiter_innen/Planstellen.
    3. Welche Vorkehrungen trifft die Finanzverwaltung auf die bevorstehende Pensionierungswelle?
    4. Ist eine personelle Verstärkung geplant und wenn ja, in welchem Ausmaß?
    5. Ist in Zukunft die Optimierung von Prozessen, z.B. durch Digitalisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz geplant und wenn ja in welcher Form?