7760/J XXVII. GP
Eingelangt am 07.09.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Dänische populistische Spielchen im Bereich Asylverfahren- und Interesse Österreichs daran
Im Juni beschloss das dänische Parlament ein Gesetz zur Auslagerung der dänischen Asylverfahren. Demnach sollen Asylwerber_innen, die in Dänemark ankommen, in einen Drittstaat geschickt werden, wo in neu eingerichteten Aufnahmezentren die Asylverfahren durchgeführt werden sollen. Bei einem positiven Asylbescheid sieht das dänische Gesetz jedoch nicht die Aufnahme in Dänemark, sondern eine Übergabe der Person an den UNHCR, welcher diese dann - je nach Möglichkeit - bei ihrer Integration in dem jeweiligen Drittstaat unterstützen oder in einem Flüchtlingslager des UNHCR unterbringen soll. Dänemark möchte die Drittstaaten sowie das UNHCR hauptsächlich finanziell unterstützen. Bisher hat sich jedoch noch kein Drittstaat zur Übernahme der dänischen Asylverfahren bereit erklärt. Aufgrund mangelnder europa- und völkerrechtlicher Grundlagen, die ein solches Vorhaben zulassen würden sowie aufgrund menschenrechtlicher Bedenken, was die Fairness und Rechtsstaatlichkeit der Asylverfahren sowie menschenwürdige Unterbringung und Behandlung der Asylwerber_innen angeht, wurde das Projekt bereits von der EU-Kommission sowie vom UNCHR kritisiert.
Am 16. Juni reisten Sie, Herr Innenminister Nehammer, nach Dänemark und haben dort Ihren Amtskollegen, den dänischen Integrationsminister Mattias Tesfaye, getroffen, um mit ihm über Asyl- und Migrationspolitik zu sprechen. Medienberichten zufolge interessieren Sie sich für das dänische Vorhaben und unterstützen eine Externalisierung der europäischen Asylverfahren. Laut einer APA-Meldung vom 16. Juni 2021 (siehe https://www.tt.com/artikel/30794090/innenminister-nehammer-studierte-daenische-migrationspolitik) haben Sie Journalist_innen gegenüber folgende Aussage getätigt: "Dänemark führt mit den Plänen für Asylzentren in Drittstaaten das Asylrecht wieder auf den ursprünglichen Gedanken der Genfer Flüchtlingskonvention zurück. Denn es geht darum, dass es ein Recht auf Schutz vor Verfolgung gibt, aber kein Recht, sich das Land, in dem man leben will auszusuchen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen können Impulsgeber für Europa sein und Debatten einer neuen Asyl- und Migrationspolitik maßgeblich vorantreiben." Die Genfer Flüchtlingskonvention besagt jedoch, dass alle Vertragsstaaten verpflichtet sind, Menschen, die vor Verfolgung fliehen, Schutz zu bieten, und ihnen eine Reihe an Rechten zu gewährleisten, wie z.B. die Religions- und Bewegungsfreiheit sowie das Recht, zu arbeiten, das Recht auf Bildung und das Recht auf den Erhalt von Reisedokumenten. Anerkannte Flüchtlinge in einem Flüchtlingslager unterzubringen, verletzt daher auf jeden Fall die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention.
Während Ihrer Reise haben Sie sich außerdem die dänischen Ausreisezentren angesehen, wo Menschen ohne Aufenthaltsrecht untergebracht werden, auch wenn diese nicht zeitnah in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden können. Eine dänisch-österreichische Kooperation beim Grenzschutz in Tunesien stand Medienberichten zufolge ebenso auf Ihrer Tagesordnung (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/2108767-Daenemark-Das-linke-Vorbild-der-OeVP.html).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. die Asylverfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU), insbesondere Art. 9, 18, 20, 22 und Art. 38 Abs. 2 lit. a?
ii. die Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU), insbesondere Art. 7, 8, 9, 10, 11, 14, 15, 19 sowie Art. 21ff und Art. 26ff?
i. die menschenrechtlichen Verträge, insbesondere die EMRK, eingehalten werden?
ii. europarechtliche Vorgaben eingehalten werden?
1. die Asylverfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU), insbesondere Art. 9, 18, 20, 22 und Art. 38 Abs. 2 lit. a?
2. die Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU), insbesondere Art. 7, 8, 9, 10, 11, 14, 15, 19 sowie Art. 21ff und Art. 26ff?
iii. die Genfer Flüchtlingskonvention inkl. aller Rechte, die anerkannten Schutzberechtigten zustehen, eingehalten wird?
i. In welchem Verfahren wurden diese zu welchem Zeitpunkt durch wen identifiziert?
ii. Welche besonders vulnerable Gruppen waren konkret in den Ausreisezentren untergebracht?