7765/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.09.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Volksanwaltschaftsbericht: Bagatellisierung eines sexuellen Übergriffs nach Notruf

Im Bericht der Volksanwaltschaft (VA) zur öffentlichen Kontrolle für das Jahr 2020 schildert die Volksanwaltschaft einen Fall in dem ein sexueller Übergriff nach Notruf der Betroffenen seitens der Polizei bagatellisiert wurde. 

Die Betroffene wandte sich an die VA, weil sie sich von der Polizei nach einem sexuellen Übergriff im Stich gelassen fühlte. Sie habe in der Nacht den Notruf gerufen, nachdem sie ein Mann sexuell genötigt habe. Erst durch ihre Gegenwehr habe der Angreifer von ihr abgelassen. Der Notruf ging in der Bezirksleitstelle der PI Neunkirchen um 3.12 Uhr ein. Ein Exekutivbediensteter teilte der Frau am Telefon mit, dass „eh nix passiert sei“ und die Polizei deshalb erst am Vormittag kommen würde.

Das BMI teilte mit, dass der Sachverhalt wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs an das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung und ein Abschlussbericht zur strafrechtlichen Beurteilung des Verhaltens des Exekutivbediensteten der StA Wr. Neustadt übermittelt worden sei. Ungeachtet dessen kündigte das BMI auch eine dienstrechtliche Prüfung durch die LPD NÖ an. Zu der Aussage des Beamten, wonach „eh nix passiert sei“, teilte das BMI mit, dass es zwar keine Tonbandaufzeichnungen von eingehenden Notrufen gebe. Auf Befragung habe der Exekutivbeamte jedoch angegeben, dass er sich an die Verwendung dieser Formulierung nicht erinnern könne, wohl aber, dass er dem Sinn nach eine ähnliche Formulierung verwendet habe. Das BMI konnte das subjektive Empfinden der Frau, in dieser Situation im Stich gelassen worden zu sein, nachvollziehen und bedauerte die Geschehnisse.

Die VA hielt fest, dass die Bemerkung „is eh nix passiert“ oder jede ähnliche Bemerkung unangebracht war. Abgesehen davon, dass diese Aussage geeignet war, das Vorgefallene zu bagatellisieren und das Opfer zu entwürdigen, sind auch eine versuchte Vergewaltigung oder eine sexuelle Belästigung strafrechtlich relevante Delikte, die von der Polizei unverzüglich untersucht werden müssen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Wann war der Abschlussbericht des Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung fertig gestellt?
  2. Wann wurde der Abschlussbericht des Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung an die StA Wr. Neustadt übermittelt?
  3. Zu welchem Ergebnis kam das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung in seinem Abschlussbericht?
  4. Welche Schritte wurden seitens des BMI anderweitig und in der Folge gesetzt (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?
  5. Was hat die dienstrechtliche Prüfung wann ergeben?
  6. Welche disziplinarrechtlichen Schritte wurden wann gesetzt? 
  7. Wurde die Suspendierung eines Polizeibeamten beschlossen?
    1. Wenn ja, wann erfolgte sie wann und aus welchem präzisen Grund?
    2. Wenn nein, weshalb wurde von einer Suspendierung Abstand genommen?
    3. Wenn nein, inwiefern wurde das Ansehen des Amtes nicht als gefährdet eingeschätzt?
    4. Wenn nein, inwiefern wurde kein anderer Grund für eine Suspendierung als gegeben erachtet?
  1. Befindet sich der Polizeibeamte derzeit im Polizeidienst?
    1. Wenn ja, ist er im Außendienst oder im Innendienst tätig?
    2. Wenn er nur mehr im Innendienst tätig sind - für welche Tätigkeiten wird er genau eingesetzt?
  1. Wie viele Misshandlungsvorwürfe, Beschwerden o.ä. lagen bzw. liegen insgesamt (d.h. aus allen möglichen anderen Verfahren) gegen den involvierten Beamten vor?
  2. Sollte es bereits in der Vergangenheit Vorwürfe gegen die involvierten Polizeibeamten gegeben haben: Welchem der Vorgesetzten wurden diese bzw. vorherige Verfehlungen wann bekannt?
  3. Welche Maßnahmen wurden in der Folge wann von wem gesetzt?
  4. Aus dem Bericht der Volksanwaltschaft zur öffentlichen Kontrolle für das Jahr 2020 geht hervor, dass sich 294 Personen über die Polizei beschwerten. Beschwerdegründe waren unter anderem die Nichtentgegennahme von Anzeigen. Was unternahm Ihr Ressort wann gegen fälschlicherweise nicht entgegengenommene Anzeigen und somit einer voreiligen – eventuell nicht rechtmäßigen –Einschätzung seitens der Polizei? Welche Maßnahmen wurden wann ergriffen?