Eingelangt am 22.09.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Helmut
Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Videokonferenz mit
Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan
Am 30. August berieten
sich vier europäische Staaten auf Initiative Österreichs mittels
einer Videokonferenz mit den drei zentralasiatischen Nachbarländern
Afghanistans, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Teil nahmen
Außenminister Alexander Schallenberg und Innenminister Karl Nehammer, der
griechische Migrationsminister Notis Mitarakis und sein dänischer
Kollege Mattias Tesfaye, sowie der deutsche Staatssekretär im
Innenministerium, Helmut Teichmann. Die zuständige Kommissarin der
Europäischen Kommission, Ylva Johansson, sagte dem Treffen ab.
Die österreichische
Position war laut Medienberichten auf Grenzschutz und humanitäre Hilfe
ausgerichtet. Abschiebezentren, wie von Innenminister Nehammer in der
jüngeren Vergangenheit wiederholt medial aufgebracht, sollen nicht
diskutiert worden sein (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2118531-Oesterreich-beraet-mit-Nachbarstaaten-ueber-Hilfsangebote.html).
Minister Schallenberg gab laut Standard (https://www.derstandard.at/story/2000129280353/europaeische-und-zentralasiatische-staaten-beraten-ueber-afghanistan)
drei Ziele aus: (1) Ein Lagebild aus Sicht der drei nördlichen
Nachbarstaaten bekommen; (2) eine Situationseinschätzung durch die
Behörden der drei zentralasiatischen Staaten erhalten; und (3) den
humanitären Bedarf eruieren. Vor allem letzteres ist in Hinblick
darauf wichtig, weil Österreich nach Griechenland unter massivem medialen
Rummel 50 Tonnen an Hilfsgütern geschickt wurden, die dort nicht gebraucht
und/oder nicht verwendbar waren.
Innenminister
Nehammer sagte, Österreich richte klare Angebote statt
Worthülsen in den Bereichen Grenzschutz, Terrorbekämpfung und
sicherheitspolitische Ausbildung an die drei zentralasiatischen Staaten.
Außenminister Schallenberg sprach von einem konkreten Hilfsangebot,
benannte aber keine Organisationen neben UNHCR und UN Women, um dieses konkrete
Angebot umzusetzen.
Von den Resultaten der
Konferenz wurde nichts bekannt. Die Webseite des BMEIA bewirbt die Konferenz
und die Aussagen der österreichischen Minister, schweigt aber zu den
Resultaten und Erkenntnissen. Auch zum Thema 18-Millionen-Euro Hilfspaket
gibt es auf der BMEIA Seite keine Details, obgleich die Videokonferenz der
Erstellung eines Bedarfskatalogs gedient haben soll.
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1.
Warum wurde die Konferenz mit
den drei zentralasiatischen Nachbarländern
Afghanistans, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan, abgehalten,
während andere Nachbarn nicht eingeladen wurden? Welche Besonderheiten
weisen diese drei Staaten im Vergleich zu den anderen beiden Nachbarn, die eine
große Zahl von Afghan_innen beherbergen und mögliche Zielländer
für Flüchtlingsbewegungen sind – also Pakistan und dem Iran
– auf?
- Wird mit Iran und
Pakistan, aber auch mit dem verbleibenden Nachbarn, China, separat
konferiert werden?
- Welchen Lagebericht erhielten
Sie von den Ministern der drei Staaten? War dieser Bericht einheitlich,
oder evaluieren die drei Staaten die Situation unterschiedlich?
- Welche Schlüsse
zogen die vier europäischen Teilnehmerstaaten aus der
Konferenz?
- In welchen Fragen waren
die vier europäischen Staaten einer Meinung, welche Differenzen gab
es?
- Welche Probleme in der
Sicherheitslage wurden von den drei Nachbarstaaten angesprochen?
- Bei welchen dieser
aufgezeigten Problemen kann Österreich bilateral von Hilfe sein, und
wie?
- Die drei
zentralasiatischen Konferenzteilnehmerstaaten kooperieren eng mit dem
Militär Russlands beim Grenzschutz, und werden dabei auch aktiv
unterstützt. Ergab die Konferenz neue Kooperationsmöglichkeiten,
in denen österreichisches Know-how im Grenzschutz Mehrwert für
die drei zentralasiatischen Partner bieten könnte? Wenn ja, welche?
- Haben die drei anderen
europäischen Teilnehmer (Griechenland, Dänemark und Deutschland)
ebenfalls Assistenz beim Grenzschutz angeboten?
- Wenn ja, welche
Aufgabenteilung wurde vereinbart ?
- Tadschikistan,
Turkmenistan und Usbekistan gelten als drei der repressivsten Staaten
der Welt. Innenminister Nehammer hat Unterstützung in der
Terrorismusbekämpfung angeboten.
- Gibt es in der
Einschätzung der Behörden aus Tadschikistan, Usbekistan und
Turkmenistan Hinweise auf erhöhte Terrorismusgefahr in diesen drei
Staaten aufgrund der Machtübernahme der Taliban? Wenn ja, welche?
- Welchen Mehrwert kann
Österreich in der Terrorismusbekämpfung in diesen Staaten
anbieten?
- Welche Sicherheit gibt
es, dass Hilfe zur Terrorismusbekämpfung nicht zur
Unterdrückung nicht gewalttätiger Oppositioneller eingesetzt
wird?
- Haben die drei anderen
europäischen Teilnehmer ebenfalls Assistenz bei der
Terrorismusbekämpfung angeboten?
- Wenn ja, welche
Aufgabenteilung wurde vereinbart ?
- Welche humanitären
Maßnahmen haben die drei zentralasiatischen Staaten vorgeschlagen?
Gab es eine Priorisierung?
- Usbekistan hat bereits
seine Grenze zu Afghanistan geschlossen. Inwieweit ist humanitäre
Hilfe für Nachbarstaaten angebracht, die keine Aufnahme leisten?
- Österreich bietet
ein Hilfspaket von 18 Millionen Euro zur Soforthilfe an –
zusätzlich zu einer UNHCR Jahresmitgliedszahlung von 10 Millionen
Euro. Schwedens überwies 2020 einen Mitgliedsbeitrag von 125
Millionen Euro. Welche finanzielle Größenordnungen von
Hilfsmaßnahmen wurden bei der Videokonferenz diskutiert?
- Welche finanziellen
Mittel würden der von den drei zentralasiatischen Staaten
vorgeschlagene Bedürfniskatalog zur Erfüllung benötigen?
- Wird Österreich
zusätzliche finanzielle Mittel bereitstellen, um die geforderten
humanitären Hilfen bereitzustellen?
- Mit Bezug auf
Österreichs 18 Millionen Hilfsangebot erklärte Minister
Schallenberg, dass die Projekte und durchführenden Organisationen von
den Bedürfnissen vor Ort abhängen würden. Die
Videokonferenz hatte zu Ziel, diese Bedürfnisse abzuklären.
- Welche Projekte wird
Österreich nach Abklärung der Bedürfnisse mit den drei
Nachbarstaaten unterstützen?
- Welche Organisationen
werden für die Durchführung dieser Projekte ins Auge gefasst?
- Wie wird die Selektion
der Organisation erfolgen?
- Werden diese Projekte
von Österreichs Hilfspaket alleine finanziert, oder beteiligen sich
die anderen an der Konferenz teilnehmenden Länder oder weitere
Staaten daran?
- Was ist der Mehrwert
einer bilateralen Hilfe anstelle eines EU-weiten oder UNO Programms?
- Abschiebungen von
Afghan_innen in Drittstaaten wurden von Innenminister Nehammer oft betont,
dann laut Medienberichten aber nicht diskutiert. Ist diese
Berichterstattung korrekt? Wurden Abschiebungen von Afghan_innen in die
drei zentralasiatischen Staaten angesprochen?
- Wenn nein, warum
nicht?
- Wenn ja, welche
Position haben die drei Staaten eingenommen?
- Gab es zu diesem Thema
bereits einen Austausch im Vorfeld der Videokonferenz? Wenn ja, was waren
die Positionen der drei Staaten?
- Gab es zu diesem Thema
bereits Kontakte mit anderen Staaten? Wenn ja, mit welchen Staaten, und
was waren die Positionen dieser Staaten?