7889/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.09.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Videokonferenz mit Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan

 

Am 30. August berieten sich vier europäische Staaten auf Initiative Österreichs mittels einer Videokonferenz mit den drei zentralasiatischen Nachbarländern Afghanistans, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Teil nahmen Außenminister Alexander Schallenberg und Innenminister Karl Nehammer, der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis und sein dänischer Kollege Mattias Tesfaye, sowie der deutsche Staatssekretär im Innenministerium, Helmut Teichmann. Die zuständige Kommissarin der Europäischen Kommission, Ylva Johansson, sagte dem Treffen ab. 

Die österreichische Position war laut Medienberichten auf Grenzschutz und humanitäre Hilfe ausgerichtet. Abschiebezentren, wie von Innenminister Nehammer in der jüngeren Vergangenheit wiederholt medial aufgebracht, sollen nicht diskutiert worden sein (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2118531-Oesterreich-beraet-mit-Nachbarstaaten-ueber-Hilfsangebote.html). Minister Schallenberg gab laut Standard (https://www.derstandard.at/story/2000129280353/europaeische-und-zentralasiatische-staaten-beraten-ueber-afghanistan) drei Ziele aus: (1) Ein Lagebild aus Sicht der drei nördlichen Nachbarstaaten bekommen; (2) eine Situationseinschätzung durch die Behörden der drei zentralasiatischen Staaten erhalten; und (3) den humanitären Bedarf eruieren. Vor allem letzteres ist in Hinblick darauf wichtig, weil Österreich nach Griechenland unter massivem medialen Rummel 50 Tonnen an Hilfsgütern geschickt wurden, die dort nicht gebraucht und/oder nicht verwendbar waren. 

Innenminister Nehammer sagte, Österreich richte klare Angebote statt Worthülsen in den Bereichen Grenzschutz, Terrorbekämpfung und sicherheitspolitische Ausbildung an die drei zentralasiatischen Staaten. Außenminister Schallenberg sprach von einem konkreten Hilfsangebot, benannte aber keine Organisationen neben UNHCR und UN Women, um dieses konkrete Angebot umzusetzen. 

Von den Resultaten der Konferenz wurde nichts bekannt. Die Webseite des BMEIA bewirbt die Konferenz und die Aussagen der österreichischen Minister, schweigt aber zu den Resultaten und Erkenntnissen. Auch zum Thema 18-Millionen-Euro Hilfspaket gibt es auf der BMEIA Seite keine Details, obgleich die Videokonferenz der Erstellung eines Bedarfskatalogs gedient haben soll. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Warum wurde die Konferenz mit den drei zentralasiatischen Nachbarländern Afghanistans, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan, abgehalten, während andere Nachbarn nicht eingeladen wurden? Welche Besonderheiten weisen diese drei Staaten im Vergleich zu den anderen beiden Nachbarn, die eine große Zahl von Afghan_innen beherbergen und mögliche Zielländer für Flüchtlingsbewegungen sind – also Pakistan und dem Iran – auf? 

    1. Wird mit Iran und Pakistan, aber auch mit dem verbleibenden Nachbarn, China, separat konferiert werden? 
  1. Welchen Lagebericht erhielten Sie von den Ministern der drei Staaten? War dieser Bericht einheitlich, oder evaluieren die drei Staaten die Situation unterschiedlich?
  2. Welche Schlüsse zogen die vier europäischen Teilnehmerstaaten aus der Konferenz? 
    1. In welchen Fragen waren die vier europäischen Staaten einer Meinung, welche Differenzen gab es?
  1. Welche Probleme in der Sicherheitslage wurden von den drei Nachbarstaaten angesprochen?
    1. Bei welchen dieser aufgezeigten Problemen kann Österreich bilateral von Hilfe sein, und wie?
  1. Die drei zentralasiatischen Konferenzteilnehmerstaaten kooperieren eng mit dem Militär Russlands beim Grenzschutz, und werden dabei auch aktiv unterstützt. Ergab die Konferenz neue Kooperationsmöglichkeiten, in denen österreichisches Know-how im Grenzschutz Mehrwert für die drei zentralasiatischen Partner bieten könnte? Wenn ja, welche?
  2. Haben die drei anderen europäischen Teilnehmer (Griechenland, Dänemark und Deutschland) ebenfalls Assistenz beim Grenzschutz angeboten?
    1. Wenn ja, welche Aufgabenteilung wurde vereinbart ?
  1. Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan gelten als drei der repressivsten Staaten der Welt. Innenminister Nehammer hat Unterstützung in der Terrorismusbekämpfung angeboten.
    1. Gibt es in der Einschätzung der Behörden aus Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan Hinweise auf erhöhte Terrorismusgefahr in diesen drei Staaten aufgrund der Machtübernahme der Taliban? Wenn ja, welche?
    2. Welchen Mehrwert kann Österreich in der Terrorismusbekämpfung in diesen Staaten anbieten?
    3. Welche Sicherheit gibt es, dass Hilfe zur Terrorismusbekämpfung nicht zur Unterdrückung nicht gewalttätiger Oppositioneller eingesetzt wird?
  1. Haben die drei anderen europäischen Teilnehmer ebenfalls Assistenz bei der Terrorismusbekämpfung angeboten?
    1. Wenn ja, welche Aufgabenteilung wurde vereinbart ?
  1. Welche humanitären Maßnahmen haben die drei zentralasiatischen Staaten vorgeschlagen? Gab es eine Priorisierung?
  2. Usbekistan hat bereits seine Grenze zu Afghanistan geschlossen. Inwieweit ist humanitäre Hilfe für Nachbarstaaten angebracht, die keine Aufnahme leisten?
  3. Österreich bietet ein Hilfspaket von 18 Millionen Euro zur Soforthilfe an – zusätzlich zu einer UNHCR Jahresmitgliedszahlung von 10 Millionen Euro. Schwedens überwies 2020 einen Mitgliedsbeitrag von 125 Millionen Euro. Welche finanzielle Größenordnungen von Hilfsmaßnahmen wurden bei der Videokonferenz diskutiert? 
    1. Welche finanziellen Mittel würden der von den drei zentralasiatischen Staaten vorgeschlagene Bedürfniskatalog zur Erfüllung benötigen?
    2. Wird Österreich zusätzliche finanzielle Mittel bereitstellen, um die geforderten humanitären Hilfen bereitzustellen?
  1. Mit Bezug auf Österreichs 18 Millionen Hilfsangebot erklärte Minister Schallenberg, dass die Projekte und durchführenden Organisationen von den Bedürfnissen vor Ort abhängen würden. Die Videokonferenz hatte zu Ziel, diese Bedürfnisse abzuklären.
    1. Welche Projekte wird Österreich nach Abklärung der Bedürfnisse mit den drei Nachbarstaaten unterstützen?
    2. Welche Organisationen werden für die Durchführung dieser Projekte ins Auge gefasst?
    3. Wie wird die Selektion der Organisation erfolgen?
    4. Werden diese Projekte von Österreichs Hilfspaket alleine finanziert, oder beteiligen sich die anderen an der Konferenz teilnehmenden Länder oder weitere Staaten daran?
  1. Was ist der Mehrwert einer bilateralen Hilfe anstelle eines EU-weiten oder UNO Programms? 
  2. Abschiebungen von Afghan_innen in Drittstaaten wurden von Innenminister Nehammer oft betont, dann laut Medienberichten aber nicht diskutiert. Ist diese Berichterstattung korrekt? Wurden Abschiebungen von Afghan_innen in die drei zentralasiatischen Staaten angesprochen?