8043/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.09.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Österreichisches Material im Armenien-Aserbaidschan Konflikt

 

In den Kampfhandlungen zwischen Aserbaidschan und Armenien spielten Drohnen eine entscheidende Rolle, die Kräfteverteilung zugunsten von Aserbaidschan umzukehren. So zeigt ein Video grafisch die Zerstörung angeblich armenischer Kampffahrzeuge durch türkische Bayraktar Drohnen (https://www.youtube.com/watch?v=FOBs-kf5tks). Eine Quelle namens Defense Watch berichtet am 21.10.2020 von der Zerstörung von neun Bayraktar Drohnen durch russische elektronische Systeme über Bergkarabach (https://www.youtube.com/watch?v=jeTTxRn6591). Die Videos finden sich auf youtube und sind nicht verifizierbar.

Es ist bekannt, dass die Türkei Bayraktar Drohnen seit zumindest 2018 in Kampfhandlungen einsetzt. So wurden sie im Nordirak zur Ermordung kurdischer Anführer eingesetzt; auch in Libyen und Syrien gibt es eine Vielzahl von Quellen, die den Einsatz dieser Drohnen bestätigen. Auch hat das aserbaidschanische Militär selbst den Einsatz türkischer Drohnen im Bergkarabach Konflikt bestätigt.

Die Bayraktar Drohne hat einen Österreich-Bezug. Anscheinend ist ihr Motor ein 100 PS Rotax 912 Einspritzer. Die Firma BRP-Rotax ist Teil des Bombardier Konzerns, sitzt aber in Gunskirchen, Oberösterreich, und spezialisiert sich laut ihrer Webseite auf "the development and manufacturing of innovative powertrains for powersports products. As a subsidiary of BRP, world leader in the design, manufacturing, distribution and marketing of motorized recreational vehicles, we are responsible globally for the development and manufacturing of Rotax engines."

Die Produktpalette des Unternehmens inkludiert Motoren für "light and ultralight aircraft." Die Ausfuhr von Kriegsmaterial bedarf nach dem Kriegsmaterialgesetz (KMG) einer Genehmigung durch das Bundesministerium für Inneres, welche im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten nach Anhörung des Bundesministers für Landesverteidigung auszustellen ist, sofern keine völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen. Gegen Aserbaidschan besteht ein OSZE Militärgüterembargo. Österreich war unter den ersten Unterzeichnern des Waffenhandelsvertrags, welcher bei Exportentscheidungen Kriterien wie die Auswirkungen auf Frieden, Sicherheit und Weiterleitungsgefahr berücksichtigt.

Anfragen an BMI, BMEIA und BMLV erbrachten kein klares Bild der Situation oder der Zuständigkeiten zur Exportbewilligung der angesprochenen Motoren. Bundesminister Nehammer verwies auf das Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort als er schrieb: „Die Beantwortung dieser Fragen fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres, da es sich bei dem in der Anfrage genannten Motor nicht um Kriegsmaterial im Sinne des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial handelt. Ob und gegebenenfalls welche außenwirtschaftsrechtlichen Regelungen auf die Ausfuhr dieses Motors anwendbar sind, obliegt der Beurteilung durch das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.

Nun liegt die Annahme nahe, dass Export des Motors der Firma BRP-Rotax unter die EU-Verordnung 2021/821 (am 9. September 2021 in Kraft getreten) fällt. Die Verordnung beinhaltet die für alle EU-Mitgliedstaaten gültigen Kontrollbestimmungen für die Ausfuhr, Vermittlung, Durchfuhr, technische Unterstützung und teilweise für die innergemeinschaftliche Verbringung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (dual-use Güter). Für dual-use Güter gelten verschiedene Genehmigungs-, Melde- und Hinweispflichten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Die Anfragebeantwortungen des BMI (4064/AB), BMEIA (4067/AB), BMLV (4035/AB) ergaben, dass es sich bei den genannten Motoren jedenfalls um kein bewilligungspflichtiges Material im Sinne des §2 KMG handelt. Fällt der Motor der Forma BRP Rotax unter eine Genehmigungs-, Melde- oder Hinweispflicht nach EU-Verordnung 2021/821? Wurde eine derartige Bewilligung vom BMDW als zuständiges Ministerium erteilt?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn nein, weshalb nicht?
  1. Wurde die Bewilligung im Zeitraum der Beschränkungen gegen Ascherbaidschan oder die Türkei erteilt?
  2. Bestehen weitere Bewilligungen für die Firma BRP-Rotax, um auch in Zukunft Motoren dieses Typs oder ähnliche, für militärische Zwecke verwendbare Technologien zu exportieren?
  3. Wie viele Genehmigungsanträge nach der EU Verordnung 2021/821 erhält ihr Ministerium durchschnittlich im Jahr? Wie viele sind es bereits in diesem Jahr?
  4. Wie viele Genehmigung wurden in diesem Jahr im Sinne der EU Verordnung 2021/821 erteilt?
  5. In welchen Staaten werden welche bewilligten Technologien eingesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung?
  6. Wird eine dual-use Bewilligung im Sinne der EU Verordnung 2021/821 auch erteilt, wenn es für den Staat, der die Technologie benutzen wird, ein internationales Waffenembargo besteht?
  7. Wie kommt Österreich der internationalen Verpflichtung, derartige Waffenembargos durchzusetzen, nach?
  8. In Anbetracht der nun bekanntgewordenen Verwendung der Drohne im Bergkarabach Konflikt, würden weitere Lieferungen nach Einschätzung des BMDW gegen bestehende Exportbestimmungen verstoßen?
  9. In Anbetracht der Verwendung der Drohne in Konflikten in Syrien und Libyen, würden weitere Lieferungen an die Türkei nach Rechtseinschätzung des Ministeriums gegen bestehende Exportbestimmungen verstoßen?
  10. Hat die Position der Türkei als Beteiligter in mehreren regionalen Konflikten und als Weiterleiter von Waffen (wie der Bayraktar TB2 Drohne an Aserbaidschan) Einfluss auf die Bewertung von Anträgen für Bewilligung gemäß der EU Verordnung 2021/821 für zivile, aber militärisch verwendbare (dual-use) Produkte?