8077/J XXVII. GP

Eingelangt am 30.09.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Investitionskontrolle: Wie Bürokratie den Zufluss von Risikokapital abwürgt

 

Experten, Unternehmensvertreter und NEOS hatten von Anfang an große Bedenken zum Investitionskontrollgesetz (InvKG). Im Zentrum der Kritik stand vor allem die von vielen als unnötig hart empfundene Umsetzung der zugrundeliegenden EU-Verordnung, der sog. FDI-Screening-Verordnung (2019/452). Obwohl den EU-Mitgliedsstaaten eine Anpassung ihrer Regelungen bzgl. Investitionskontrollen frei steht, hat sich die Bundesregierung angesichts der Pandemie und daraus resultierender protektionistischer Tendenzen für eine sehr weitgehende Regulierung von Investitionen aus Drittstaaten in Österreich entschieden. Dies erschien umso beachtlicher, da die Bundesregierung und vor allem die Bundesministerin Schramböck sich in den letzten Jahren vehement gegen "Gold Plating", also der überschießenden Umsetzung von EU-Vorgaben, ausgesprochen haben. 

Ziel des InvKG war es, Gefährdungen der Sicherheit und öffentlichen Ordnung, die aus der kontrollierende Einflussnahme von Investoren aus Drittstaaten an wirtschaftlich wesentlichen österreichischen Unternehmen entsteht, effektiver prüfen und abwehren zu können. Während die Intention durchaus verständlich ist, gab es legitime Kritikpunkte an der Vorgangsweise. Zum Beispiel wurde die EU-Verordnung größtenteils ohne nötiger Klarstellungen direkt übernommen. Der Begriff der "Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" ist weder im Unionsrecht noch im nationalen Recht hinreichend definiert und stellt Antragsteller und Vollziehung vor großen Herausforderungen. Kontrollen ab einem Erwerb von Anteilen iHv 10% vorzusehen, ist mangels kontrollierenden Einflusses durch eine solche Beteiligung für viele nicht nachvollziehbar. Wirtschaftskammer wie Industriellenvereinigung warnten, dass dieser überschießende Eingriff zu einer weitgehenden Einschränkung von Eigentumsrechten führt. (1) Angesichts des harten internationalen Wettbewerbs wurde befürchtet, dass eine solche Überregulierung den Investitionsstandort Österreich im internationalen, aber auch im europäischen Vergleich unattraktiver macht. Die neuen Hürden könnten für viele Investoren aus Drittstaaten zu abschreckend sein, was letztlich zu weniger Investitionen in Österreich führen würde.

Außer Acht gelassen wurde bei der Gesetzgebung, dass gerade kleinere und mittlere Unternehmen in Wachstumsphasen oft Geld - und daher Investoren - brauchen, eben nicht den "Schutz" vor Investitionen. Schließlich ist die schwache Ausprägung des Risikokapitalmarktes in Österreich lange bekannt. Die gelebte Praxis der Vollziehung des InvKG durch das BMDW deutet allerdings darauf hin, dass auch Investitionen in kleinere Unternehmen der vollen Strenge des InvKG unterworfen werden, auch wenn weder Sicherheit noch öffentliche Ordnung gefährdet sind.

Seit dem In-Kraft-Treten am 11.10.2020 beschweren sich immer mehr Unternehmensvertreter über die unklare Gesetzeslage, zu lange Verfahren und steigendem Desinteresse bei Investoren aus Drittstaaten. Private Equity Fonds disktutieren intern bereits darüber, durch Absiedelung der Holding der rigiden österr. Umsetzung des InvKG zu entgehen. Diese Anfrage dient dazu, anhand von mehr Informationen zum Ablauf von Verfahren Verbesserungspotenzial transparent darzulegen. Mangels öffentlicher Informationen über anstehende Evaluierungen und Gesetzesänderungen stehen berechtigte Fragen über Ausmaß und Zeitplan für die notwendige Schließung aktueller Gesetzeslücken im Raum. Zudem besteht auch Unklarheit darüber, wie sich das Gold Plating bei der Umsetzung der FDI-Screening-Verordnung zu den Aussagen der Bundesministerin hinsichtlich der Vermeidung von überschießender Umsetzung von EU-Vorgaben passt und wie vonseiten der Bundesministerin damit in Zukunft umgegangen werden soll.

 

Quellen:

  1. https://kurier.at/wirtschaft/schutz-oder-abschreckung-streit-um-schramboecks-vorstoss/400949765

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



  1. Genehmigungsverfahren nach § 7 InvKG (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme) 
    1. Wie viele Verfahren wurden durchgeführt oder laufen aktuell? 
    2. Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich?
    3. Wie viele Verbesserungsaufträge wurden durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
    4. Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
    5. Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit a InvKG?
    6. Wie viele Verfahren endeten mit einer Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit b InvKG?
    7. Gab es Beschwerden vonseiten der Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?

                                          i.    Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?

                                        ii.    Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen bzw. sind geplant?

  1. Amtswegig eingeleitete Genehmigungsverfahren nach § 8 InvK (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
    1. Wie viele Verfahren wurden durchgeführt oder laufen aktuell? 
    2. Wie viele Aufforderungen nach § 8 Abs. 1 InvKG wurden versendet?
    3. Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich von dem Versenden der Aufforderungen nach § 8 Abs. 1 InvKG  bis zu einer Entscheidung?
    4. Wie viele Verbesserungsaufträge wurden durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
    5. Wie viele amtswegig eingeleiteten Verfahren endeten mit einer Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
    6. Wie viele amtswegig eingeleiteten Verfahren endeten mit einer Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit a InvKG?
    7. Wie viele amtswegig eingeleiteten Verfahren endeten mit einer Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit b InvKG?
    8. Gab es Beschwerden vonseiten der Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?

                                          i.    Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?

                                        ii.    Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen bzw. sind geplant?

  1. Verfahren für Unbedenklichkeitsbescheinigungen nach § 9 InvKG (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
    1. Welche über das gesetzlich Normierte hinausgehenden Kriterien gibt es für die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung?
    2. Wie viele Verfahren wurden durchgeführt oder laufen aktuell?
    3. Wann wurde die letzte Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt?
    4. Wie viele Unbedenklichkeitsbescheinigungen wurden erteilt:

                                          i.    im April 2021?

                                        ii.    im Mail 2021?

                                       iii.    im Juni 2021?

                                       iv.    im Juli 2021?

                                        v.    im August 2021?

                                       vi.    im September 2021?

    1. Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich von der Einreichung eines Antrags nach § 9 Abs 1 InvKG bis zur Entscheidung nach § 9 Abs 3 InvKG?
    2. Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich im Falle einer vertieften Prüfung von der Einreichung eines Antrags nach § 9 Abs 1 InvKG bis zur Entscheidung nach § 7 Abs 3 InvKG?
    3. Wie viele Verbesserungsaufträge wurden durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
    4. Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
    5. Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit a InvKG?
    6. Wie viele Verfahren endeten mit einer Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit b InvKG?
    7. Gab es Beschwerden vonseiten der Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?

                                          i.    Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?

                                        ii.    Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen bzw. sind geplant?

  1. Wurden bereits Strafen nach den Bestimmungen des InvKG verhängt bzw. laufen aktuelle Verfahren dazu? (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
  2. Kooperation in der Europäischen Union:
    1. Wie viele Kommentare von EU-Mitgliedstaaten bzw. Mitteilungen der Europäischen Kommission zu überprüften Direktinvestitionen in Österreich gemäß § 12 Abs. 5 InvKG sind bisher eingelangt? (Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
    2. Wie viele Kommentare von EU-Mitgliedstaaten bzw. Mitteilungen der Europäischen Kommission zu nicht überprüften Direktinvestitionen in Österreich gemäß § 13 Abs. 2 InvKG sind bisher eingelangt? (Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
    3. Wie viele Kommentare bzgl. einer Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung gemäß § 14 Abs. 5 und § 15 Abs. 4 InvKG wurden an EU-Mitgliedstaaten bzw. an die Europäischen Kommission bisher übermittelt? (Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
  1. Zuständige Organisationseinheit:
    1. Welche Organisationseinheit ist für die Abwicklung von Anträgen nach InvKG zuständig?
    2. Wie viele Mitarbeiter_innen (in Vollzeitäquivalenten) sind mit der Abwicklung von Anträgen nach InvKG zuständig?
    3. Welche Qualifikationsprofile haben die Mitarbeiter_innen der/die mit der Abwicklung der Anträge beschäftigt sind? (Akademiker_innen mit wirtschaftswissenschaftlichem, juristischem, mathematischem oder informationstechnologischem Abschluss; Praktikant_innen; nicht-akademisches Fachpersonal)? Bitte zählen Sie die verschiedenen Qualifikationsprofile taxativ auf und die jeweilige Anzahl der Mitarbeiter_innen, die über dieses Profil verfügen (Stichtag: Zeitpunkt der Anfragebeantwortung).
    4. Ist eine Veränderung der Zahl an der Mitarbeiter_innen (in Vollzeitäquivalenten) für das kommende Jahr geplant?
  1. Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Organisationseinheiten:
    1. Inwiefern findet ein Austausch mit anderen Behörden innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW (z.B. Dual-Use-Kontrolle) statt?
    2. Inwiefern findet ein Austausch mit anderen Organisationseinheiten innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW (z.B. Startup Abteilung) statt?
    3. Inwiefern findet ein Austausch mit anderen Behörden außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW statt?
    4. Inwiefern findet ein Austausch mit anderen Organisationseinheiten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW statt?
    5. Wie wird sichergestellt, dass ein rascher Austausch der zuständigen Stellen (z.B. zwischen Investitionskontrollbehörde, Wettbewerbsbehörde und Dual-Use-Behörde) unnötig lange Verfahren verhindert werden?
  1. Komitees für Investitionskontrolle:
    1. Wer sind die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Investitionskontrollausschusses? (Bitte Namen und Organisationseinheit angeben)
    2. Wer sind die Kontaktstellen der Komiteemitglieder nach § 22 InvKG? (Bitte Namen und Organisationseinheit angeben)
    3. Wie viele Sitzungen fanden bisher statt? (Bitte jeweils Sitzungstermine und Teilnehmer angeben)
    4. Über wie viele Mitteilungen gem § 7 Abs 2 Z 2 InvKG sowie Erlassung von Bescheiden gem § 7 Abs 3 InvKG wird pro Sitzung durchschnittlich beraten?
    5. Wie lange dauern Sitzung durchschnittlich?
    6. Wurden bereits Sachverständige der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) nach § 21 Abs. 5 InvKG beigezogen?

                                          i.    Wenn ja: Wer und wie oft?

  1. Tätigkeitsbericht nach § 23 InvKG:
    1. Wann wird der Bericht an die Europäische Kommission übermittelt?
    2. Wann wird der Bericht an das österreichische Parlament übermittelt?
    3. Welche Teile dieses Berichts sollen veröffentlicht werden?

  1. Evaluierung/Reformen:
    1. Inwiefern ist eine Evaluierung des InvKG geplant? (Bitte Zeitplan und Beteiligungsprozess angeben)
    2. Sind Änderungen des InvKG geplant?

                                          i.    Wenn ja: Welche und wann?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

    1. Ist eine Änderung der Schwellenwerte gemäß § 2 iVm § 4 InvKG geplant?

                                          i.    Wenn ja: Welche und wann?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

    1. Sind Legaldefinitionen zur Auslegung unklarer Begriffe im InvKG geplant?

                                          i.    Wenn ja: Welche und wann?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

    1. Inwiefern werden begründete Bedenken von Anwälten und der Lehre zu mangelhaften Definition von Begriffen im InvKG (z.B. "Gefährdung der Sicherheit oder öffentlicher Ordnung" im § 3 InvKG) berücksichtigt?
  1. Austausch mit Stakeholdern:
    1. Inwiefern fand seit dem In-Kraft-Treten am 11.10.2020 ein Austausch mit Stakeholdern zu möglichen Verbesserungen des InvKG oder des Genehmigungsverfahrens statt? (Bitte jeweils Sitzungstermine und Teilnehmer angeben)
    2. Wie viele Rückmeldungen hinsichtlich möglicher Verbesserung des InvKG oder des Genehmigungsverfahrens sind bisher eingelangt?
  1. Auswirkungen des InvKG auf Investitionsstandort Österreich:
    1. Wurden die Auswirkung des InvKG auf die Investitionstätigkeit in Österreich aus Drittstaaten untersucht?

                                          i.    Wenn ja: Was war das Ergebnis der Untersuchung?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

    1. Sind (weitere) Untersuchungen Auswirkungen des InvKG geplant?

                                          i.    Wenn ja: Wann und wie soll die Untersuchung konkret aussehen?=

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

  1. Gold Plating (= überschießende Umsetzung von EU-Recht):
    1. Anhand welcher Kriterien wurde bei der Umsetzung der FDI-Screening-Verordnung auf die Vermeidung von Gold Plating geachtet?
    2. Inwiefern wurden/werden bisherige österreichische Gesetze auf "Gold Plating" untersucht?
    3. Welche Gesetzesänderungen wurden/werden vorgenommen, um unerwünschtes "Gold Plating" rückgängig zu machen?
    4. Wird die Umsetzung der FDI-Screening-VO als ein Fall von "Gold Plating" gesehen?
    5. Wird bei der künftigen Umsetzung von EU-Recht durch das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort darauf geachtet, dass "Gold Plating" vermieden wird?