8158/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.10.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Anfrage gemäß § 91 GOG-NR

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl

Kolleginnen und Kollegen

an die Frau Bundesminister für Justiz

betreffend die journalistischen Anfragen an die Neue Österreichische Volkspartei über die Durchführung von Hausdurchsuchungen

Die stellvertretende Generalsekretärin der Neuen österreichischen Volkspartei (ÖVP) hat in einer Pressekonferenz am 28. September 2021 berichtet, dass viele Journalisten in den vergangenen Tagen in der ÖVP-Bundesparteizentrale angefragt hätten, ob eine Hausdurchsuchung in der ÖVP-Zentrale stattgefunden habe oder stattfinden werde. Bis zu zehn Anrufe und mehr sollen es pro Tag gewesen sein. Auch sie persönlich habe täglich mehrere diesbezügliche Anfragen erhalten. Darüber hinaus werde sie bei Terminen regelmäßig gefragt, ob sie noch ihr Mobiltelefon besitze.

Da es aufgrund dieser Vorfälle nicht auszuschließen ist, dass derartige Informationen aus dem Bereich der Justiz weitergegeben wurden, steilen die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesminister für Justiz folgende

Anfrage

1.         Unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Zeitpunkt ist es möglich, dass Personen, die Ihrem Ressort zurechenbar sind und über entsprechendes Wissen verfügen, Journalistinnen oder Journalisten über geplante Hausdurchsuchungen informieren?

2.         Welcher Zweck könnte damit verfolgt werden, wenn Personen, die Ihrem Ressort zurechenbar sind und über entsprechendes Wissen verfügen, Journalistinnen oder Journalisten darüber informieren, dass möglicherweise Hausdurchsuchungen geplant sind?

3.         Ist es denkbar, dass durch eine derartige Informationsweitergabe Druck ausgeübt oder gezielt Personen und Institutionen diskreditiert werden sollen?

4.         Können Sie tatsächlich ausschließen, dass Personen, die Ihrem Ressort zurechenbar sind und über entsprechendes Wissen verfügen, Informationen betreffend bevorstehende Hausdurchsuchungen an Journalistinnen oder Journalisten weitergeben?

5.         Die Akteneinsicht ist das vom Schutzbereich des Art. 6 EMRK („fair trial“) umfasste Recht einer jeden Person zu wissen, ob sie in einem strafgerichtlichen Ermittlungsverfahren Beschuldigte ist.

a)    Ist bei den Ihnen unterstellten entscheidungsbefugten Personen sichergestellt, dass nur in den vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmen und nur solange wie unbedingt nötig Bestandteile von der Akteneinsicht ausgenommen sind?

b)    Mittels welcher Maßnahmen - z.B. Weisungen oder Erlässe - ist sichergestellt, dass nur in den vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmen und nur solange wie unbedingt nötig Bestandteile von der Akteneinsicht ausgenommen sind?

c)    Wird regelmäßig seitens der Dienstaufsicht überprüft, ob nur in den vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmen und nur solange wie unbedingt nötig Bestandteile von der Akteneinsicht ausgenommen sind?

6.         Wissen alle Personen, gegen die im sogenannten Ibiza-Komplex tatsächlich ermittelt wird, dass gegen sie ermittelt wird?

Wenn nein, warum nicht?

7.         Ist es vorstellbar, dass es Strategie in einem Ermittlungsverfahren sein kann, dass mittels der Ausnahme möglichst vieler Aktenbestandteile von der Akteneinsicht Personen über die gegen Sie geführte Ermittlungsverfahren im Ungewissen gelassen werden, um sie zu beunruhigen oder gar einzuschüchtern?

8.         Ist es vorstellbar, dass es Strategie in einem Ermittlungsverfahren sein kann, dass mittels der Ausnahme von Aktenbestandteilen von der Akteneinsicht vorgetäuscht werden soll, dass Ermittlungen geführt werden, um eine erhöhte (mediale) öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen?

9.         Ist es vorstellbar, dass es Strategie in einem Ermittlungsverfahren sein kann, dass mittels der Ausnahme von Aktenbestandteilen von der Akteneinsicht vorgetäuscht werden soll, dass Ermittlungen geführt werden, um gezielt Personen oder Institutionen unter Druck zu setzen, zu beunruhigen oder gar einzuschüchtern?

10.       Im Falle der Verneinung der Fragen 3, 7, 8 und/oder 9, planen Sie Veränderungen, um solche Möglichkeiten auszuschließen?

11.       Seit Jahren wird über die verstärkte Digitalisierung im Aktenlauf bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten diskutiert. Ab wann können Sie sicherstellen, dass jede Bearbeitung, Einsichtnahme, Weitergabe und dergleichen bei allen Vorgängen der Justiz 100%ig nachvollziehbar sind?