8233/J XXVII. GP
Eingelangt am 13.10.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Silvan, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend der Vergabe von Gurgeltests für
Schüler*innen an Novogenia & Artichoke Computing („COVID
Fighters“), der Ausschreibung GZ 5301.03891 bzw. des erneuten Aufrufs zum
Wettbewerbs GZ 5391.03973
Auf Grund anhaltender medialer Berichte über Pannenserien bei der Ausrollung von PCR Gurgeltests in Schulen von der Ausschreibung hin über die Abholung und Auswertung der Tests stellen die unterfertigten Abgeordneten daher an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung nachstehende
Anfrage
1. Auf welche Art und Weise führen beide Bieter PCR-Analysen auf SARS-CoV-2 durch und welche Berechtigung besitzen Sie dafür?
2. Können beide Bieter Aufrechte Bewilligung(en) über Errichtung und Betrieb einer Krankenanstalt nach dem österreichischen Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) vorweisen?
3. Können beide Bieter eine entsprechende Eintragung in die Ärzteliste der österreichischen Ärztekammer, einen Auszug aus dem GISA und einen Auszug aus dem Mitgliederverzeichnis der Wirtschafskammer vorweisen und wurden diese vorgelegt?
4. Verfügen die Bieter über einen Facharzt für medizinisch-chemische Labordiagnostik oder einen Facharzt (z.B. Facharzt für Klinische Pathologie und Molekularpathologie oder Facharzt für Mikrobiologie und Hygiene), der zur Ausführung der ausschreibungsgegenständlichen Leistung befugt ist?
a) Wenn ja, wurde das Personal namhaft gemacht und ist das ärztliche Personal aufgrund seiner anderen Tätigkeiten in der Lage, die Befundung des anfallenden Probenaufkommens direkt und unmittelbar vorzunehmen?
5. Verfügen die Bieter über zumindest zwei Biomedizinische Analytiker bzw. Labormitarbeiter mit abgeschlossenem naturwissenschaftlichen oder veterinärmedizinischen Studium gemäß Ärztegesetz 1998 bzw. MTD-Gesetz?
a) Wenn ja, wurde das Personal namhaft gemacht?
6. Haben die Bieter an Ringversuchen teilgenommen?
a) Wenn ja, an den Ringversuchen welcher Institutionen haben die Bieter (getrennt auszuweisen) teilgenommen?
b) Wenn ja, wie oft und wann haben die Bieter teilgenommen?
c) Wenn ja, welche detaillierten Ergebnisse haben die Bieter bei welchen Ringversuchen erzielt? (Datum und Ergebnisse)
d) Wenn ja, wurden alle Nachweise zur Teilnahme an den Ringversuchen vorgelegt?
e) Wenn nein, warum nicht?
7. Haben die Bieter zumindest 10.000 Einzelproben-Analysen (RT-PCR oder RT-LAMP) durchgeführt?
a) Wenn ja, wie viele SARS-Cov-2-PCR-Analysen wurden jeweils (getrennt auszuweisen) von Novogenia und Artichoke Computing („COVID Fighters“) bis zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe bereits durchgeführt und als Referenz angeführt?
b) Wenn ja, wurden diese Angaben objektiv überprüft?
c) Wenn nein, warum nicht?
8. Haben die Bieter Nachweise vorgelegt, dass sie über ein Qualitätsmanagementsystem verfügen, welches alle Anforderungen gemäß ÖNORM-EN ISO 9001 (oder gleichwertig) erfüllt?
9. Haben die Bieter den erforderlichen durchschnittlichen Gesamtjahresumsatz der letzten drei Geschäftsjahre bzw. falls nicht länger als drei Jahre bestehend, Gesamtjahresumsatz seit Bestehen von min. EUR 1.500.000,- nachgewiesen?
10. Wurde von den Bietern die Bilanz samt Anhang des letzten Geschäftsjahres verlangt?
11. Wurde seitens der Bieter das Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes gem. § 78 Abs. 1 BVergG 2018 erklärt?
12. Wurden alle notwendigen Strafregisterbescheinigungen für alle natürlichen Personen (Mitglieder im Leitungsorgan des Bieters) vorgelegt?
13. Wurden alle weiteren notwendigen Dokumente wie Registerauskunft für Verbände, Kontobestätigung oder Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Sozialversicherungsträgers, Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a Bundesabgabenordnung, Insolvenzdatei und Firmenbuchauszug vorgelegt?
a) Wenn ja, waren diese, wie in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen erläutert, nicht älter als 12 Monate?
14. Welche garantierte Zeit bis zum Ergebnis je Region wurde in der zugrundeliegenden Ausschreibung (GZ 5301.03891) durch die Bieter angeboten?
15. Welche Analyseart (RT-LAMP oder PCR) wurde durch die Bieter angeboten?
16. Welche Poolgrößen wurden durch die Bieter angeboten?
17. In wie vielen Fällen wurden Proben nicht oder verspätet von Schulen abgeholt? Wie viele Proben waren insgesamt und in Prozent betroffen?
18. Proben müssen für einen korrekten Transport laut UN-Nr. 3373 („Biologischer Stoff, Kategorie B“) bzw. Verpackungsanweisung P650 entsprechend verpackt werden. Die Sekundär- oder Tertiärverpackung muss hart sein – laut vorliegenden Informationen ist dies aber nicht der Fall. Warum glaubt man, dass die Kriterien für einen korrekt ausgeführten Gefahrenguttransport gemäß UN-Nr. 3373 erfüllt sind?
19. In der Sekundärverpackung muss sich gemeinsam mit der Probe ein saugfähiger Zellstoff (z.B. Vlies oder dgl.) befinden, der auslaufendes Probenmaterial zur Gänze absorbieren kann. Laut vorliegenden Informationen fehlt dieser Zellstoff. Warum glaubt man, dass die Kriterien für einen korrekt ausgeführten Gefahrenguttransport gemäß UN-Nr. 3373 erfüllt sind?
20. Müssen die Testkits bzw. die Proben gekühlt werden?
21. Werden Proben automatisch oder manuell gepoolt?
a) Falls manuell: wie wird die Prozesssicherheit gewährleistet?
b) Falls automatisch: welche Rückfallkonzepte gibt es bei technischem Versagen wie z.B. zu Schulbeginn?
22. Welche PCR-Methode wird bei der Auswertung der Proben angewandt?
23. Welcher Mastermix wird zur Analyse verwendet?
24. Ist der Mastermix CE/IVD-zertifiziert?
25. Wie wird die Sensitivität des Testsystems überprüft und mit wie vielen Zyklen arbeitet das Testsystem?
26. Bei welchem Ct-Wert liegt der Schwellenwert (positiv/negativ) des verwendeten Mastermixes?
27. In der ursprünglichen Ausschreibung (GZ 5301.03891) müssen gepoolte Proben bis zu einem Ct-Wert von 35 positiv detektiert werden können, im EAW (GZ 5391.03973) im Auftrag des BMBWF zu den Tests an den Schulen Österreichs aber nur bis 33. Warum wird bei den Schulen ein Mastermix mit einer geringeren Sensitivität vorgeschrieben und damit eine geringere Wahrscheinlichkeit zur Identifikation von positiven Teilnehmern in Kauf genommen?
28. Wird überprüft, ob Proben menschliches Genmaterial enthalten?
a) Wenn ja, wie?
29. Wie lange werden Proben jeweils (positiv, negativ, nicht auswertbar) aufbewahrt?
30. Wie viele Proben wurden bis dato seit Projektbeginn insgesamt ausgewertet?
31. Wie hoch ist die Positivitätsrate?
32. Falls die Positivitätsrate niedriger ist, als bei vergleichbaren Screenings: wie erklärt man sich das?
33. Wie erklärt man sich, dass nicht abgegebene Proben negativ befundet wurden?
34. Wurden gegen den unter Frage Nr. 33. angefragten Umstand Gegenmaßnahmen eingeleitet?
35. Wie viele Testergebnisse wurden entgegen den Ausschreibungsbedingungen erst nach 07:00 Uhr übermittelt?
36. Wie viele Testergebnisse wurden erst nach 08:00 Uhr (Schulbeginn) übermittelt?
37. Wie viele der nach 08:00 Uhr (Schulbeginn) übermittelten Testergebnisse waren positiv und wurden somit erst übermittelt, als die betroffenen Kinder bereits in der Schulklasse saßen?
38. Wie viele Kinder waren davon insgesamt betroffen? (K1&K2)
39. Wie viele Tests wurden als „nicht auswertbar“ befundet?
40. Wurde zu Medienberichten über „Chargenprobleme“ eine Stellungnahme der Bieter eingeholt?
41. Wie viele Tests wurden gar nicht ausgewertet (z.B. aufgrund von Nichtabholungen, Verlust…)?
42. Wurden diese Tests nachgeholt?
43. Wurden verspätete Leistungserbringungen pönalisiert?
a) Wenn ja, in wie vielen Fällen?
b) Wie hoch war der Gesamtbetrag der Pönalen?
c) Wenn nein, warum nicht?
44. Wie viele Mutationsanalysen wurden bis dato durchgeführt?
45. Wie lautet die prozentuelle Aufteilung der Mutationen?
46. Das BMBWF hat sich als Auftraggeber dazu entschieden, keine personenbezogenen Daten an den Auftragnehmer (das Labor) zu übermitteln, sondern nur anonyme Proben auswerten zu lassen. Dadurch kann das Labor keine automatische (und gesetzlich vorgesehene) Einmeldung von Testergebnissen an die Behörden mittels des Epidemiologischen Meldesystems (EMS) vornehmen, die die Grundlage für rasches Contact Tracing darstellt. Diese Aufgabe wurde an die jeweilige Schulleitung abgewälzt. Ist der Bundesminister der Meinung, dass Labore, die allein aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen strengste Datenschutzmaßnahmen ergreifen müssen, für das Verarbeiten und Weiterleiten personenbezogener Daten an Behörden schlechter geeignet sind als die jeweilige Schulleitung?
47. Ist der Bundesminister hinsichtlich des zusätzlichen administrativen Aufwandes für die Schulleitung und hinsichtlich des Erfolgs bei der Pandemiebekämpfung, wenn die Behörden erst später durch positive Fälle erfahren der Meinung, dass die spätere, individuelle Einmeldung durch die jeweilige Schulleitung besser ist?
48. Wie viele Beschwerden bzw. Rückfragen wurden seit Projektbeginn bei der Hotline, per Mail oder handschriftlich verzeichnet, bitte um Auflistung?
49. War dem BMBWF bei der BIEGE Novogenia bekannt, dass es sich bei Novogenia GmbH um ein chemisches Laboratorium handelt, dass eben keine humanmedizinischen Untersuchungen durchführen darf und nicht zur Auswertung von SARS-CoV-2-Testungen befugt ist?
50. War dem BMBWF bekannt, dass das Unternehmen WEMS Trading GmbH keine humanmedizinischen Untersuchungen durchführen darf und nicht zur Auswertung von SARS-CoV-2-Testungen befugt ist?
51. War dem BMBWF bekannt, dass Dr. Wiedemann aufgrund seiner Tätigkeiten als Inhaber einer Ordination für Allgemeinmedizin, ärztlicher Leiter eines medizinisch-diagnostischen Laboratoriums sowie zusätzlich als ärztlicher Leiter eines Zentrallabors an einem Klinikum keinesfalls in der Lage ist, das zu erwartende Probenvolumen in persönlicher und unmittelbarer Tätigkeit korrekt alleine befunden kann und somit kein Mitglied der BIEGE Novogenia über eine ausreichende Befugnis befugt, die gegenständlichen Testungen durchzuführen?
52. War dem BMBWF bei Artichoke Computing GmbH („Covid Fighters“) bekannt, dass das Unternehmen nicht über den benötigten Facharzt verfügt, um SARS-CoV-2-Testungen durchzuführen?
53. War dem BMBWF bekannt, dass es sich bei Artichoke Computing GmbH um ein chemisches Laboratorium handelt, dass eben keine humanmedizinischen Untersuchungen durchführen darf und nicht zur Auswertung von SARS-CoV-2-Testungen befugt ist?
54. Gab es im Vorfeld des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb Kontakt zu den beiden Bietern? Wenn ja, in welcher Form und mit wem?
55. Hat das BMBWF bei der Erstellung des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb der BBG grundsätzlich Vorgaben zu ausschreibungsrelevanten Inhalten gemacht? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?
56. Hat das BMBWF bei der Erstellung des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb der BBG detaillierte Vorgaben zu ausschreibungsrelevanten Inhalten gemacht? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?
57. Die erste Version des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb strotzte vor Diskriminierungen und lieferantenspezifischen Details. War dies dem BMBWF bekannt?
58. Warum wurden spezifische Details zu den Prozessen bekannt (u.a. in einem ZIB2-Beitrag mit BM Faßmann vom 24.08.2021 oder auf der Webpräsenz des BMBWF), bevor überhaupt der Erneute Aufruf zum Wettbewerb veröffentlicht wurde, geschweige denn die Angebotsfrist abgelaufen war?
59. Wurde der erneuten Aufrufs zum Wettbewerb auf die beiden genannten Bieter zugeschnitten?
60. Wurde das BMBWF vor den Berichtigungen der kommerziellen Ausschreibungsbedingungen des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb am 02.09.2021 und 08.09.2021 durch die BBG informiert und/oder konsultiert?