8270/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.10.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Philip Kucher,
Genossinnen und Genossen

an den Bundeskanzler

betreffend Schaltung von Inseraten durch BM Köstinger in der Bauernzeitung – Parteiengesetz - Unabhängiger Parteien-Transparenz-Senat - Bundeskanzleramt

 

In der Anfragebeantwortung 7212/AB der Bundesministerin Köstinger betreffend „Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung“[1] wurde die in den Gesamtkosten für Öffentlichkeits- und Informationsarbeit enthaltenen Inserate aufgeschlüsselt.

Das Medium „Österreichische Bauernzeitung“ erhielt im ersten Quartal des Jahres 2021, sieben und somit gleichauf liegend mit der Tageszeitung „Österreich“ die meisten Schaltungen, wobei seitens des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus mehr als € 65 000 für Inserate in der Bauernzeitung ausgegeben wurden.

 

Informationszweck/Sujet

Medium/Verlag

Online,Print, HF, TV

Kosten in Euro brutto

Internationaler Frauentag

Österreichische Bauernzeitung

Print / Tip on Card

30.071,79

land- und forstwirtschaftliche Schulen/Lebensmittel- und Biotechnologie

Österreichische Bauernzeitung

Print

6.191,64

Landwirtschaft

Österreichische Bauernzeitung

Print

4.230,46

 

Tierwohl

Österreichische Bauernzeitung

Print

6.191,64

 

Waldfonds

Österreichische Bauernzeitung

Print

6.191,64

 

Waldfonds

Österreichische Bauernzeitung

Print

6.191,64

 

Waldfonds

Österreichische Bauernzeitung

Print

6.191,64

 

 

Besonders auffällig ist die Schaltung in Gestalt einer „Tip On Card“ in der Höhe von über € 30.000 in der Österreichischen Bauernzeitung anlässlich des Internationalen Frauentags. Es handelte sich dabei um eine „Danke-Postkarte“. Laut eigenen Angaben der Österreichischen Bauernzeitung, kosten ganzseitige Inserate jedoch höchstens rund € 20.000 (siehe folgende Grafik - “Mediadaten 2021, die Bauernzeitung”).

Abseits der nicht nachvollziehbaren Preisgestaltung, ergeben sich darüber hinaus weitere Fragen:

Erstens, im Zusammenhang mit dem Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz, in dem in § 3a (1) klar geregelt ist, dass „entgeltliche Veröffentlichungen“ (also Schaltungen und Inserate jeglicher Form) von Ministerien „ausschließlich der Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit zu dienen“ haben, der darüber hinaus in Zusammenhang „mit dem Wirkungsbereich des jeweiligen Rechtsträgers“ (also der Ministeriums) steht. Darunter würden insbesondere „Informationen zur Rechtslage sowie Handlungs- oder Verhaltensempfehlungen und Sachinformationen“ fallen. Weiters: „(…) entgeltliche Veröffentlichungen, die keinen konkreten Bezug zur Deckung eines Informationsbedürfnisses aufweisen und ausschließlich oder teilweise lediglich der Vermarktung der Tätigkeit des Rechtsträgers dienen, sind unzulässig“. Inwieweit eine „Danke-Postkarte“ diesen Anforderungen gerecht wird, erschließt sich auf ersten Blick nämlich nicht.

 

Zweitens, im Zusammenhang mit dem Parteienfinanzierungsgesetz. Dem Impressum der Österreichischen Bauernzeitung ist zu entnehmen, dass Ministerin Elisabeth Köstinger Teil des Vereinsvorstandes des Österreichischen Bauernbundes ist, welcher in einem Beherrschungsverhältnis zur Österreichischen Bauernzeitung steht.

 

Das legt die Vermutung nahe, dass Landwirtschaftsministerin Köstinge in ihrer Funktion als Ministerin Inserate in einem Medium geschaltet hat, welches einem Verein gehört, dessen Vorstand sie selbst angehört und der eine Teilorganisation ihrer Partei, der ÖVP, darstellt.

 

Im Impressum der Österreichische Bauernzeitung ist zusätzlich Folgendes nachzulesen:

 

Medieninhaber: Agrar Media Verlagsgesellschaft mbH, Brucknerstraße 6/3, 1040 Wien.

Unternehmensgegenstand: Medien- und Verlagswesen

Vertretungsbefugte Organe: Ing. Bernhard Weber (einzelvertretungsbefugt) und Franz König (gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer).

 

Gesellschafter:

       Österr. Agrarverlag Druck und Verlags Gesellschaft m.b.H. NfG. KG mit 42,39 %

       AGRO Werbung GmbH mit 23,27 %

       Neues Land Medien GmbH mit 13,33 %

       Bauernzeitung GmbH mit 14,01 % und der

       Österr. Bauernbund mit 7 % Anteil.

 

Eigentumsverhältnisse aller direkt und indirekt beteiligten Gesellschafter und Personen:

 

Österreichischer Bauernbund:

Vereinsvorstand: Georg Strasser, Nikolaus Berlakovich, Rupert Quehenberger, Josef Geisler, Maximilian Hiegelsberger, Stefan Kast, Elisabeth Köstinger, Theresia Meier, Felix Montecuccoli, Josef Moosbrugger, Johann Ernst Mößler, Theresia Neuhofer, Nikolaus Prinz, Franz Reisecker, Stephan Pernkopf, Georg Schwarzenberger, Jakob Auer, Andrea Schwarzmann, Johann Seitinger, Norbert Totschnig, Franz Windisch, Simone Schmiedtbauer, Alexander Bernhuber, Franz Xaver Broidl.

Vereinszweck (gekürzt): Die Förderung des ländlichen Raumes und der Land- und Forstwirtschaft;

 

Österreichischer Agrarverlag Druck- und Verlags GmbH Nfg. KG:

       Optimal Präsent GmbH mit 100%

       Optimal Präsent GmbH: AV-Holding Beteiligungs GmbH mit 100 %

 

AV-Holding Beteiligungs GmbH:

       Gesellschafter Bundesrat ÖkR. Martin Preineder (16,7 %);

       LAbg. Bgm. ÖkR. Ing. Manfred Schulz (16,66 %);

       LAbg. Bgm. Richard Hogl (16,66 %);

       Bgm. Ing. Leopold Gruber-Doberer, CSE (16,66 %);

       LAbg. Franz Mold (16,66 %);

       LAbg. ÖkR. Karl Moser, CSE (16,66 %);

 

jeweils hinsichtlich ihrer gesamten Beteiligung als Treuhänder für den Niederösterreichischen Bauernbund.

 

Niederösterreichischer Bauernbund – Präsidium: Dr. Stephan Pernkopf, Ing. Leopold Gruber-Doberer, Irene Neumann-Hartberger, Franz Mold, Ing. Manfred Schulz; Vereinszweck: Interessenvertretung der Landwirte.

 

AGRO Werbung GmbH:

Gesellschafter Lederhilger Walter (50 %) und

Ing. Wallner Wolfgang (50 %) jeweils für Treugeber OÖ Bauernbund

 

OÖ Bauernbund-Vorstand:

Mag. Aspalter Regina, Dammayr Martin, Diermayer Josef, Ecker Georg, Ehrenhuber Andreas, Ferstl Rosemarie, DP Ing. Forstner Ursula, Grabmayr Karl, Ing. Gruber Johannes, Gumpinger Peter, Haider Johanna, Herndl Sabine, Hiegelsberger Maximilian, Hingsamer Johann, Ing. Hofinger Manfred, Huber Christina Theresia, Huemer Edeltraud, Keferböck Leopold, Kogler Josef, Kraxberger Thomas Alexander, Lang Christian, Lang Alfred, Langer-Weninger Michaela, Ing. BSc Lindinger Klaus, Mair Florian, Mairhofer Martin, BSc Michlbauer Hannah, Miesenberger Johanna, Moser Martin, Preuer Peter, Prinz Nikolaus, Pühringer Maria Theresia, Ing. Reisecker Franz Michael, Ritzberger Klaudia, Schillhuber Franz, MMag. Steinmetz Andrea, Tiefnig Ferdinand, DI BEd Treiblmeier Michael, Ing. Wallner Wolfgang, Zierler Christian, Zopf Bettina

Vereinszweck (gekürzt): Die Förderung des ländlichen Raumes und der Land- und Forstwirtschaft.

 

Neues Land Medien GmbH:

       Gesellschafter Steirischer Bauernbund (100 %)

Steirischer Bauernbund – Vorstand: Matthias Bischof, Werner Brugner, Prinz Carl von Croy, Thomas Gschier, Peter Hüttig, Josef Kowald, Matthias Kranz, Hubert Lang, Paul Lang, Leonhard Madl, Auguste Maier, Rene Nöhrer, Maria Pein, Ursula Reiter, Simone Schmiedtbauer, Johann Seitinger, Josef Singer jun., Anita Suppanschitz, Wilfried Thoma, Franz Titschenbacher, Franz Tonner; Vereinszweck (gekürzt): Die Förderung des ländlichen Raumes und der Land- und Forstwirtschaft

 

Bauernzeitung GmbH:

       Gesellschafter Tiroler Bauernbund (100 %)

 

Tiroler Bauernbund – Präsidium: LHStv. Josef Geisler, Dr. Peter Raggl, Elmar Monz und Ing. Thomas Schweigl. Vereinszweck (gekürzt): Die Förderung des ländlichen Raumes und der Land- und Forstwirtschaft.

 

Herausgeber:

       Österreichischer Bauernbund, Brucknerstraße 6/3, 1040 Wien;

       NÖ. Bauernbund, Ferstlergasse 4, 3100 St. Pölten;

       OÖ. Bauernbund, Harrachstraße 12, 4010 Linz;

       Steirischer Bauernbund, Krottendorfer Straße 79/4, 8052 Graz;

       Tiroler Bauernbund, Brixner Straße 1, 6020 Innsbruck

 

Aus dem Impressum ergibt sich also klar, trotz der Verschachtelungen, die an Briefkastenfirmen in Steueroasen erinnert, ein Beherrschungsverhältnis durch und ein Naheverhältnis zum österreichischen Bauernbund und seinen regionalen Gliederungen. Der Bauernbund wiederum ist ein Bund der Österreichischen Volkspartei und damit eine Teilorganisation im Sinne des § 2 Z 1 Parteiengesetz (politische Partei“: jede Partei im Sinne des § 1, wobei dieser Begriff umfassend zu verstehen ist und alle territorialen (Landes-, Bezirks-, Gemeindeorganisationen) und nicht territorialen (nach thematischen Kriterien oder solchen der Interessenvertretung definierten Teilorganisationen) Teile erfasst).

Darüber hinaus ergibt sich aus dem Impressum der Österreichischen Bauernzeitung, dass Elisabeth Köstinger Teil des Vereinsvorstandes des Österreichischen Bauernbundes ist. Dieser steht aber, wie bereits ausführlich aufgezeigt, in einem Beherrschungsverhältnis zur Österreichischen Bauernzeitung. Die Ausführungen erhärten daher den Verdacht eines “In-sich-Geschäfts”. Solche sind nicht nur unmoralisch, sondern auch rechtlich unvereinbar. Elisabeth Köstinger hat also tatsächlich öffentliche Mittel  und damit Steuergelder dafür verwendet, um einen Verein, dem sie selbst als Vorstandsmitglied angehört, zu fördern.

Ein derartiges Verhalten wäre den heute geltenden Compliance Regeln ein Grund für eine umgehende Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses.

Schließlich ergibt sich aus der eingangs dargestellten Inseratenschaltung in der Höhe von € 30.071,79 der Verdacht auf eine Überzahlung, damit rechtlich gesehen auf eine unzulässige Spende, da diese Inseratenschaltung den Preis eines ganzseitigen fertigen Inserates deutlich übersteigt.

Nachdem im Bundeskanzleramt der unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) angesiedelt ist, welchem die Kontrolle der Parteiengesetze unterliegt und somit als Instanz zur Verhängung von Geldbußen und Geldstrafen nach dem Parteiengesetz befähigt ist, ergeben sich eine Reihe von Fragen an den Herrn Bundeskanzler.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende:

 

Anfrage

1)      Wurden Sie als Bundeskanzler, oder Ihr Ressort (insbesondere die Stabstelle für Medien) vom Vorhaben der Bundesministerin Köstinger informiert, dass diese beabsichtige, in der österreichischen Bauernzeitung Inserate zu schalten?

2)      Haben Sie, oder Ihr Ressort die beabsichtigte Schaltung von Inseraten in der Österreichischen Bauernzeitung rechtlich geprüft?

a.       Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, was hat diese Prüfung hinsichtlich der Zulässigkeit solcher Inseratenschaltungen ergeben?

3)      Wann haben Sie als  Bundeskanzler, oder Ihr Ressort (insbesondere die Stabstelle für Medien) das erste Mal erfahren, dass eine Bundesministerin Ihres Kabinetts in der Österreichischen Bauernzeitung Inseraten schalten möchte?

4)      Welche politischen und welche rechtlichen Schritte wurden von Seiten Ihres Ressorts daraufhin unternommen?

5)      Als Bundeskanzler sind Sie für die Vollziehung des Parteiengesetzes zuständig. Welche Richtlinien für die Schaltung von Inseraten gibt es für Ihre Regierung, gerade angesichts der Vorwürfe rund um mutmaßliche Inseratenkorruption rund um die Person Sebastian Kurz?

6)      Sollten solche Richtlinien nicht vorhanden sein, beabsichtigen Sie als zuständiges Mitglied der Bundesregierung solche - gerade angesichts der Vorwürfe rund um mutmaßliche Inseratenkorruption rund um die Person Sebastian Kurz - zu erlassen, insbesondere um die Problematik der Schaltung von Inseraten in Zeitungen, die im Einflussbereich von politischen Parteien sind, zu lösen?

7)      Wie viele Exemplare der österreichischen Bauernzeitung hat das Bundeskanzleramt abonniert?

a.       Mit welcher Begründung wurden diese Abonnements abgeschlossen?

8)      Hat das Bundeskanzleramt seit dem Amtsantritt des Bundeskanzlers Sebastian Kurz ebenfalls Inserate in der Österreichischen Bauernzeitung geschaltet?

a.       Wenn ja welche, wann und zu welchem Preis?

9)      Hat sich der UPTS bereits mit der Problematik der Inseratenschaltung in parteinahen Zeitungen befasst und welche Richtlinien hat er dazu verkündet?

10)  Haben Sie als  Bundeskanzler, oder Ihr Ressort (insbesondere die Stabstelle für Medien) den UPTS von dem Umstand informiert, dass Mitglieder ihrer Bundesregierung Inserate in der österreichischen Bauernzeitung, welche vom österreichischen Bauernbund, einer Teilorganisation der Österreichischen Volkspartei, herausgegeben wird, schalten?

a.       Wenn nein, warum nicht?

11)  Wurden diese Sachverhalte von der für das Parteiengesetz zuständigen Abteilung in ihrem Haus überprüft?

a.       Wenn ja, wie lautete das Ergebnis?

b.      Wenn nein, warum nicht?

12)  Haben Sie diese Sachverhalte von Externen überprüfen lassen?

a.       Wenn ja, was war das Ergebnis und welche Kosten sind für die Erstattung eines Gutachtens entstanden?

13)  Wie beurteilen Sie den Sachverhalt, dass eine Ministerin Ihres Kabinetts Inserate in einer Zeitung schaltet, der einem Verein gehört, in welchem die Ministerin selbst als Vorstandsmitglied fungiert?

14)  Das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz regelt in § 3a (1) klar, dass „entgeltliche Veröffentlichungen“ (also Schaltungen und Inserate jeglicher Form) von Ministerien „ausschließlich der Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit zu dienen“ haben, der darüber hinaus in Zusammenhang „mit dem Wirkungsbereich des jeweiligen Rechtsträgers“ (also der Ministeriums) steht. Darunter würden insbesondere „Informationen zur Rechtslage sowie Handlungs- oder Verhaltensempfehlungen und Sachinformationen“ fallen. Weiters: „(…) entgeltliche Veröffentlichungen, die keinen konkreten Bezug zur Deckung eines Informationsbedürfnisses aufweisen und ausschließlich oder teilweise lediglich der Vermarktung der Tätigkeit des Rechtsträgers dienen, sind unzulässig“. Inwieweit kann eine „Danke-Postkarte“ diesen ins Treffen geführten Kriterien gerecht werden?

a.       Wird eine Danke-Postkarte diesen ins Treffen geführten Kriterien aus Sicht Ihres Ressorts und hier insbesondere aus Sicht der Stabstelle für Medien gerecht?

b.      Wenn ja, wieso?

c.       Wenn nein, was wird Ihr Ressort angesichts der – in dem Fall ja – nicht gesetzeskonformen entgeltlichen Veröffentlichung unternehmen?

15)  Ist dies aus Ihrer Sicht als zuständiges Mitglied der Bundesregierung rechtlich und im Hinblick auf Compliance-Regelungen zulässig?

16)  Haben Sie als  Bundeskanzler, oder Ihr Ressort (insbesondere die Stabstelle für Medien) aufgrund der Zuständigkeit für das Parteiengesetz innerhalb der Bundesregierung diesbezüglich Compliance Regeln erlassen, die für die Mitglieder der Bundesregierung verbindlich sind?

a.       Wenn nein, warum nicht?

17)  Werden Sie als zuständiges Mitglied der Bundesregierung - gerade angesichts der Vorwürfe rund um mutmaßliche Inseratenkorruption rund um die Person Sebastian Kurz - sich endlich dafür einsetzen, dass die Presseförderung in Österreich hauptsächlich über Qualitätskriterien und nicht über willkürliche Inseratenschaltungen erfolgt?

18)  Was werden Sie unternehmen, um die Medienvielfalt hinsichtlich Qualitätsmedien zu fördern?



[1] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_07212/index.shtml; abgerufen am 04.10.2021