8291/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.10.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit
betreffend Zulassung von Asylwerbern zu Beschäftigung
Der Verfassungsgerichtshof entschied Mitte Juli, dass zwei bisherige Erlässe des Arbeitsministeriums zur Beschäftigung von Asylwerbern während ihrer Verfahren aufgehoben werden müssen. Bisher wurde die mögliche Tätigkeit von Asylwerbern über diese Erlässe so eingeschränkt, dass de facto ein Beschäftigungsverbot herrschte, wie auch der VfGH befand: "Dabei ist zu beachten, dass während der ersten drei Monate ab Einbringung des Asylantrages oder nach Einstellung des Asylverfahrens die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht vorliegen und damit de facto ein Beschäftigungsverbot besteht." (1)
Grundsätzlich ist diese Entscheidung zu begrüßen, immerhin handelt es sich bei Asylwerbern auch während ihrer Verfahren um in Österreich aufhältige Personen, die Sozialleistungen beziehen. Diesen Personen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu verwehren, bedeutet lediglich, ihnen die Möglichkeit etwas zum Sozialsystem beizutragen und eigenständig zu verdienen, zu verwehren. Diese Untätigkeit führt allerdings nicht nur für Betroffene zu vergeudeter Zeit, sondern entzieht auch dem Arbeitsmarkt Potenzial und verzögert Integrationsprozesse. Zusätzlich zeigt sich, dass diese Regelung nicht nur ein Beschäftigungsverbot bedeutet, sondern das Betroffene sich auch erst nach einer Beendigung des Verfahrens bei Arbeitsmarktservice melden können.
Aufgrund der unterschiedlich langen Verfahrensdauern schwankt auch der Anteil, der Asylwerbern, denen tatsächlich ein Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, wobei dieser besonders im Zuge der Flüchtlingswelle 2015 sehr niedrig war. Vergleicht man die Zahlen der Asylanträge und der Neuzugänge beim AMS ist schon vor einer Berücksichtigung der Verfahrensdauer anhand der Daten rasch klar, wie hoch das ungenutzte Arbeitskraftpotenzial ist, das Asylwerber darstellen.
|
Jahr |
Asylanträge |
Neuzugänge beim AMS |
Anteil |
|
2015 |
88.340 |
10.193 |
11,5% |
|
2016 |
42.285 |
13.251 |
31,3% |
|
2017 |
24.735 |
10.796 |
43,6% |
|
2018 |
13.746 |
10.427 |
75,8% |
|
2019 |
12.886 |
7.681 |
59,6% |
|
2020 |
14.775 |
5.803 |
39,2% |
Quelle: BMI/ Arbeitsmarktservice Österreich, erstmals beim AMS vorgemerkte Personen mit Asylberechtigung (2,3)
Schon vor einer Vermittlung hilft eine Meldung beim AMS allerdings, diese Personen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. So weist das AMS nicht nur arbeitslos vorgemerkte Personen aus, sondern stellt auch einen wichtigen Zugang zu Schulungen dar. Alleine durch diese übernimmt das AMS einen Beitrag zur Integration und bietet beispielsweise Deutschkurse oder Unterstützungsleistungen dar. Mit dem mangelnden Zugang zum AMS, wird auch der Zugang zu diesen Integrationsmaßnahmen behindert, was funktionierender Integrationspolitik widerspricht.

Besonders problematisch ist diese Handhabung in Bereichen mit Personalmangel. So beschrieb auch der VfGH die bisherige Handhabung des Arbeitsministeriums als weitreichend: "So ist etwa eine Beschäftigungsbewilligung für eine Lehrstelle nach § 4 Abs. 2 AuslBG sogar in Mangelberufen trotz Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen und damit auch dann, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulassen würde und keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen würden, ausgeschlossen" (1)
Die Aufhebung der bisherigen Erlässe GZ 435.006/6-II/7/2004 und GZ BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018 ändert zwar diese Problematik, allerdings hat das BMA bereits am Tag nach dem Gerichtsurteil neue Regeln zur Beschäftigung von Asylberwerbern erlassen. Obwohl der VfGH seine Entscheidung schlussendlich auf Problemen mit der Qualität der Verordnung basiert und nicht die inhaltliche Handhabung als Kernproblem sieht, wird damit der Fortschritt, als den das Urteil in medial gesehen wurde, sehr rasch wieder zunichte gemacht. Mit dem Erlass GZ 2021-0.502.591 wird die vorhandene (und legitime) Regelung, dass EU- und EWR-Bürger bei der Arbeitsvermittlung zu bevorzugen sind, nicht nur betont, sondern bei einem Antrag auf Einstellung eines Asylwerbers muss automatisch ein Ersatzkraftverfahren eingeleitet werden.
Positiv zu bemerken ist, das die neue Regelung dezidiert auf das Potenzial der Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigen verweist. Laut AMS wurde in dieser Gruppe seit 2015 jeweils innerhalb von fünf Jahren das gewünschte Integrationsziel erreicht und rund die Hälfte der jeweils zwischen 2015 und 2017 anerkannten Asylwerber ist mittlerweile in Beschäftigung.

Ersatzkraftprüfungen als Kostenfaktor
Medial werden immer wieder Aussagen des BM für Arbeit zitiert, denen zufolge der Zumutbarkeit von vermittelten Jobs in Zukunft anders gehandhabt wird und Arbeitsnehmern beispielsweise auch weitere Strecken zur und von der Berufsstelle nach Hause zugemutet werden können. Allerdings stellt sich hierbei die Frage, wo genau die Ressourcen herkommen sollen, wie diese Zumutbarkeit geprüft wird. Wenn für jede Stelle, um deren Besetzung mit einem Asylwerber angesucht wird, ein eigenes Ersatzkraftverfahren durchgeführt werden muss, ist schließlich von einem gesteigerten Verwaltungsaufwand auszugehen. Besonders im angesprochenen Mangelbereich und bei Lehrlingsausbildungen ist davon auszugehen, dass diese Ersatzkraftverfahren lediglich aufwändig und teuer sind, aber wohl kaum alternative Kandidaten für die Stelle auftauchen werden – Wäre dies der Fall müsste bereits jetzt vehement daran gearbeitet werden, diese Personen schon jetzt zur Linderung des Fachkräftemangels einzusetzen.
Besonders in Bezug auf den Fachkräftemangel und die Lehrlingsproblematik, stellen Asylwerber aber ein Potenzial dar, dass nicht unbedingt von beim AMS gemeldeten Personen gedeckt werden kann. Ein großer Teil der Lehrlinge kommt direkt von der Schule und ist daher noch nirgend erfasst, sodass das AMS dieses Potenzial bei einem Ersatzkraftverfahren gar nicht erheben kann. Für Asylwerber, die diesen Weg einschlagen wollen, könnte also gar keine Alternative gefunden werden. Dennoch sieht der neue Erlass des BMA vor, dass Unternehmen, die in solchen Fällen kein Interesse an dem Verfahren zeigen und lieber gleich Asylwerber beschäftigen möchten, unbedingt mit einer Ablehnung ihres Antrages rechnen müssen.
Da die Arbeitsplatzbesetzung allerdings über das AMS laufen, stellt die Notwendigkeit der Prüfung in solchen Fällen eine zusätzliche Erschwernis für Arbeitgeber und arbeitssuchende Asylwerber dar. Immerhin legen bisherige Daten des AMS nahe, dass „es durchaus Schutzberechtigte gibt, die ohne Hilfe des AMS einen Job finden, sei es durch die eigene Community oder durch die unzähligen inländischen ehrenamtlichen Helfer_innen.“ Von derartigen „inoffiziellen“ Vermittlungshilfen ist besonders im Lehrbereich noch stärker auszugehen, was die Notwendigkeit des Ersatzkraftverfahrens erneut massiv in Frage stellt.
Quellen:
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende