8294/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.10.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Martin Ho und Julian Hessenthaler: effiziente und verhältnismäßige Ermittlungsmaßnahmen?

 

Eine Sorge begleitet uns NEOS seit den klaren Erkenntnisse aus dem "Ibiza"-Untersuchungsausschuss. Verlaufen Ermittlungsmaßnahmen objektiv und verhältnismäßig, wenn die Verdächtigen einflussreichen Personen nahestehen bzw. ihnen nicht opportun sind?

Der Wiener Unternehmer Martin Ho stand im letzten Jahr immer wieder im Fokus der medialen Berichterstattung- dies einerseits durch seine immer wieder sehr detaillierten Informationen über noch öffentlich unbekannte zukünftige Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und die kolportierte enge Freundschaft mit Kanzler Sebastian Kurz, anderseits durch das Brechen jeweils geltender Corona-Maßnahmen. Im Mai vergangenen Jahres "stellten Drogenfahnder bei einer Razzia in seinem Dots Brunnerhof in Döbling zahlreiche illegale Substanzen sicher. Dort fand eine private Party statt, obwohl das Lokal wegen Corona hätte geschlossen sein müssen. Der Hausherr hat seinem Anwalt zufolge nichts von der Sause gewusst" (https://www.derstandard.at/story/2000128249355/was-martin-ho-alles-will-und-wie-sein-gastro-imperium). Laut neuen Recherchen von ZackZack trifft dies aber nicht zu. So soll Martin Ho die Veranstaltung mitorganisiert haben. Nach der Razzia soll er Kanzler Kurz über die Razzia informiert haben. Trotzdem habe Kanzler Kurz Ho ersucht, eine Gesprächsrunde zur Situation der Nachtgastronomie zusammenzustellen (https://zackzack.at/2021/09/28/drogenparty-ho-hat-gelogen-und-informierte-kurz); laut dem Kanzleramt habe diese dann aber nicht stattgefunden. Über weitere Vorwürfe gegen Lokale von Martin Ho wurde in den letzten Monaten ebenso medial berichtet. Eine vor kurzem an die StA Wien ergangene Sachverhaltsdarstellung thematisiert den Vorwurf des vom Lokal geduldetem Drogenhandels in der Pratersauna. 

Gegen den Produzenten des "Ibiza"-Videos Julian Hessenthaler und sein Umfeld wurde von Seiten der SOKO Tape unter Leitung von Andreas Holzer, nun Leiter des Bundeskriminalamtes, bekannterweise mit so viel Verve ermittelt, dass Gerichte öfters Unverhältnismäßigkeit judizierten und damit die Maßnahmen als überbordend und rechtswidrig beurteilten. "In mehreren Jahrzehnten Ermittlungen im Bereich organisierter Kriminalität seien ihm nie derartige Manipulationsversuche von außen begegnet, sagt ein erfahrener Ermittler. ...[Der ÖVP-und FPÖ-nahe Ermittler Niko R.] verfasste den ersten Anlassbericht in der Causa und vernahm Zeugen, auf deren Aussagen die Drogenvorwürfe gegen Ibiza-"Regisseur" J. H. basieren. Nach dem verhängnisvollen 17. Mai 2019 folgte "ein intensiver Austausch [zwischen Gudenus und Glücksspiellobbyisten Gert Schmidt, Betreiber des Blogs "EU-Infothek"] über ...die Ausforschung der 'Hintermänner'" (https://www.derstandard.at/story/2000122962921/strache-fans-drogen-und-ein-vorwurf-werden-die-ibiza-ermittlungen). Die Aktenlage lässt darauf schließen, dass Ermittlungsschritte gegen Julian Hessenthaler insb. bzgl. Drogendelikte wie die Vernehmung eines unter anderem wegen Verleumdung rechtskräftig verurteilten Sascha W. aus eigener Motivation aus der SOKO Tape heraus durchgeführt wurden. 

Es ergab sich hinsichtlich der Strafjustiz im politiknahen Bereich im "Ibiza"-Untersuchungsausschuss ein klares Bild: Während Ermittlungen gegen Personen in politischen Machtpositionen und deren Umfeld torpediert und behindert werden, wird gegen andere, die diesen Personen möglicherweise gefährlich werden könnten, intensiv und teils überschießend ermittelt. Politische Einflussnahme auf Ermittlungen darf es aber in einer Demokratie nicht geben. Denn in einem Rechtsstaat müssen vor der Strafjustiz alle gleich behandelt werden – und unabhängig von ihrer sozialen Stellung oder ihrem politischen Einfluss für das bestraft werden, was sie begangen haben - und nur für das.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Wurden Anzeigen gegen Martin Ho eingebracht?
    1. Wenn ja, wann jeweils?
    2. Wenn ja, zu welchem Sachverhalt bzw. Tatbestand jeweils?
    3. Wenn ja, welche davon ergingen vonseiten der Sicherheitsbehörden an die Justiz wann?  
  1. Wurden aufgrund der Wahrnehmungen der Sicherheitsbeamt_innen bei ihrem Einsatz im Mai 2020 im Dots Brunnerhof Anzeigen erstattet? 
    1. Wenn ja, welche wann wegen zu welchem Sachverhalt bzw. Tatbestand?
  1. Wurde bzw. wird aufgrund dessen gegen Martin Ho wegen Verstößen gegen das Covid-19-Maßnahmengesetz ermittelt?
    1. Wenn ja, seit wann auf Basis welcher genauen Verstöße gegen das Covid-19-Maßnahmengesetz erfolgt das Verwaltungsstrafverfahren (bitte um die genaue Auflistung der Rechtsnormen)?
    2. Wenn nein, gegen wen sonst?
  1. Wurde bzw. wird aufgrund dessen wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz ermittelt?
    1. Wenn ja, seit wann auf Basis welcher Verstöße gegen wen (bitte um die genaue Auflistung der Rechtsnormen)?  
  1. Wurde bzw. wir aufgrund der Anzeige wegen des Vorwurfs des vom Lokal geduldetem Drogenhandels in der Pratersauna ermittelt? 
    1. Wenn ja, seit wann auf Basis welcher Verstöße gegen wen (bitte um die genaue Auflistung der Rechtsnormen)? 
  1. Welche Polizeieinheiten bzw. BeamtInnen aus welchen Organisationseinheiten waren bzw. sind zu welcher Zeit für die Ermittlungen in diesen Verfahren jeweils zuständig? 
    1. Wer entschied über deren Zuständigkeit?
  1. Wurde eine Soko gegründet?
    1. Wenn nein, warum nicht?
    2. Wenn ja, wann inwiefern und mit welchen Mitgliedern (aus welchen Organisationseinheiten)?
  1. Wurden die ErmittlerInnen mit Wissen des zuständigen Staatsanwaltes ausgesucht?
    1. Wenn ja, inwiefern?
    2. Wenn nein, warum entgegen sonstiger Usance nicht?
  1. Waren Andreas Holzer, Dieter C. oder Niko R. bei Ermittlungen involviert, die Martin Ho bzw. sein Umfeld betreffen?
    1. Wenn ja, wann und durch welche Maßnahmen?
  1. Waren auch andere Mitglieder der SOKO Tape in Verfahren involviert, die Martin Ho bzw. sein Umfeld betreffen? 
    1. Wenn ja, welche (aus welcher Organisationseinheit)?
    2. Wenn ja, wann und durch welche Maßnahme?
  1. Wann wurden in den jeweiligen Verfahren gegen Martin Ho welche Ermittlungsschritte gesetzt? 
    1. Wann kam es in diesen Verfahren (bitte um Auflistung nach Verfahren und in chronologischer Übersicht) jeweils zu

                                          i.    wie vielen Zeug_inneneinvernahmen?

                                        ii.    wie vielen Beschuldigtenvernehmungen?

                                       iii.    wie vielen und welchen Zwangsmaßnahmen?

1.    Wann wurden diese jeweils durch welche StA angeordnet, durch welches Gericht genehmigt und wann jeweils umgesetzt?

  1. Wurden in diesen Verfahren jeweils Weisungen erteilt?
    1. Wenn ja, von wem wann jeweils an wen?
  1. Wurden Ermittlungsverfahren/Verwaltungsstrafverfahren bereits eingestellt und wann (mit der Bitte um chronologische Auflistung)?
    1. Womit wurde die Einstellung jeweils begründet?
  1. Wurden Strafverfahren/Verwaltungsstrafverfahren von Amts wegen eingeleitet? 
    1. Wenn ja, welche wann (bitte um genaue Auflistung)?
  1. Wurden Strafverfahren/Verwaltungsstrafverfahren auf Basis von Anzeigen eingeleitet?
    1. Wenn ja, welche wann? 
    2. Wenn ja, waren diese Anzeigen anonym? 
  1. Gab es Strafverfahren, die aufgrund einer Verjährung von der StA Wien eingestellt wurden? 
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, unter welchem Aktenzeichen wurde das Verfahren geführt? 
  1. Gab es Strafverfahren, die aufgrund fehlenden Anfangsverdachts (§ 35c StAG) eingestellt wurden?
    1. Wenn ja, welche und wie viele?
  1. Gab es im Zusammenhang mit Anzeigen, Ermittlungen bzw. Verfahrensgängen, die Martin Ho betrafen, in der Vergangenheit Weisungen von Seiten der Oberstaatsanwaltschaft Wien oder der Sektion für Einzelstrafsachen im BMJ? 
    1. Wenn ja, erfolgten diese schriftlich, wann und durch wen an wen?
    2. Wenn ja, wurden diese dem Ermittlungsakt beigelegt? 
    3. Wenn ja, erfolgten diese mündlich, durch wen an wen und wann?
  1. Welche Polizeieinheiten bzw. BeamtInnen aus welchen Organisationseinheiten waren bzw. sind zu welcher Zeit für die Ermittlungen im Verfahren gegen Julian Hessenthaler jeweils zuständig? 
    1. Wer entschied über deren Zuständigkeit?
  1. Hat sich die Soko Tape mit Wissen des zuständigen Staatsanwaltes gegründet?
    1. Wenn ja, inwiefern?
    2. Wenn nein, warum entgegen sonstiger Üblichkeit nicht?
  1. Wann wurden in den jeweiligen Verfahren gegen Julian Hessenthaler welche Ermittlungsschritte gesetzt? 
    1. Wann kam es in diesen Verfahren (bitte um Auflistung nach Verfahren und in chronologischer Übersicht) jeweils zu

                                          i.    wie vielen Zeug_inneneinvernahmen?

                                        ii.    wie vielen Beschuldigtenvernehmungen?

                                       iii.    wie vielen und welchen Zwangsmaßnahmen?

1.    Wann wurden diese jeweils durch welche StA angeordnet, durch welches Gericht genehmigt und wann jeweils umgesetzt?

  1. Wurden in diesen Verfahren jeweils Weisungen erteilt?
    1. Wenn ja, von wem wann jeweils an wen?
  1. Wurden Ermittlungsverfahren/Verwaltungsstrafverfahren bereits eingestellt und wann (mit der Bitte um chronologische Auflistung)?
    1. Womit wurde die Einstellung jeweils begründet?
  1. Wurden Strafverfahren/Verwaltungsstrafverfahren von Amts wegen eingeleitet? 
    1. Wenn ja, welche wann (bitte um genaue Auflistung)?
  1. Wurden Strafverfahren/Verwaltungsstrafverfahren auf Basis von Anzeigen eingeleitet?
    1. Wenn ja, welche wann? 
    2. Wenn ja, waren diese Anzeigen anonym? 
  1. Gab es Strafverfahren, die aufgrund einer Verjährung von der StA Wien eingestellt wurden? 
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, unter welchem Aktenzeichen wurde das Verfahren geführt? 
  1. Gab es Strafverfahren, die aufgrund fehlenden Anfangsverdachts (§ 35c StAG) eingestellt wurden?
    1. Wenn ja, welche und wie viele?
  1. Gab es im Zusammenhang mit Anzeigen, Ermittlungen bzw. Verfahrensgängen, die Martin Ho betrafen, in der Vergangenheit Weisungen von Seiten der Oberstaatsanwaltschaft Wien oder der Sektion für Einzelstrafsachen im BMJ? 
    1. Wenn ja, erfolgten diese schriftlich, wann und durch wen an wen?
    2. Wenn ja, wurden diese dem Ermittlungsakt beigelegt? 
    3. Wenn ja, erfolgten diese mündlich, durch wen an wen und wann?