8313/J XXVII. GP
Eingelangt am 20.10.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Stefanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Hilfe vor Ort
"Hilfe vor Ort" ist die Standardantwort der Bundesregierung, wenn es darum geht, keine Flüchtlinge aufzunehmen. Letztes Jahr machte Außenminister Schallenberg Schlagzeilen mit Versprechungen von Hilfslieferungen und der Bereitstellung einer Kindertagesstätte auf der griechischen Insel Lesbos, was jedoch beides nicht in dem versprochenen Umfang bei den Flüchtlingen ankam. "Hilfe vor Ort" ist in diesem Zusammenhang auch kein passender Begriff, da es sich hier um EU-Boden handelt.
Nach einem Brand im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos im September 2020 wurden über Nacht etwa 13.000 Menschen obdachlos und verloren den Rest ihrer Flüchtlings-Existenz. Österreich verweigerte die Aufnahme von Menschen aus Moria mit dem Argument, dass "rasche Hilfe vor Ort" wichtiger sei als eine Symbolpolitik, die die Aufnahme von Menschen – selbst Kindern – aus Elendslagern darstellen würde. Minister Schallenberg erklärte am 29.9.2020 im Außenpolitischen Ausschuss sogar, dass unsere Hilfe tausendmal schneller Anwendung finden werde, als das erste Kind umgesiedelt. So hat Österreich im September 2020 ein Großraumflugzeug mit 55 Tonnen an Hilfsgütern zur Soforthilfe nach Griechenland geschickt. Die Ladung enthielt:
Bereits im Oktober 2020 berichtete "Profil", dass die Lieferungen immer noch am Flughafen liegen würden (https://www.profil.at/ausland/150-paletten-im-hangar-nehammers-soforthilfe-fuer-lesbos-vergeblich/401071388). Laut Recherchen des ORF stehen von den Zelten inzwischen nur 25, die Heizstrahler könne man nicht verwenden, weil es im Lager keinen Strom gibt. Darauf angesprochen wies Minister Schallenberg darauf hin, dass man die Kritik an das UNHCR richten müsse, da die Waren dem UNO-Flüchtlingshilfswerk übergeben wurden. Beim UNHCR betonte man, dass man niemals Güter von der österreichischen Regierung bekommen habe. Das sei ein bilateraler Deal direkt mit der griechischen Regierung gewesen. Deshalb könne das UNHCR nicht sagen, was aus den Gütern wurde. Nach dieser Klarstellung durch Christoph Pinter, Leiter des UNHCR Österreich, ruderte das Außenministerium – via Twitter – zurück: "Konkretisierung der vortäglichen Aussage von Außenminister Schallenberg in der 'ZiB 2': Österreich hat Griechenland Hilfsgüter auf deren Ansuchen zur Verfügung gestellt. Griechenland gibt diese an das Lager weiter", hieß es.
Kurz vor Weihnachten 2020 kündigte Österreich außerdem an, gemeinsam mit SOS-Kinderdorf eine Kinderbetreuungsstätte für 500 Kinder auf der Insel Lesbos zur Verfügung zu stellen. "Wirksame Hilfe vor Ort ist ein ganz zentrales Anliegen dieser Bundesregierung. Ich freue mich sehr, dass es uns gemeinsam mit dem SOS-Kinderdorf gelungen ist, dieses wichtige Projekt so schnell auf Schiene zu bringen", wurde der damalige Außenminister Schallenberg in der dazugehörigen Aussendung zitiert. Bereits im Frühjahr 2021 wurde klar, dass diese Pläne bis dahin nicht umgesetzt worden waren.
Im August behauptete Minister Schallenberg in einem Interview in der ZIB2, dass derzeit 200-250 Kinder auf Lesbos dank österreichischer Hilfe betreut werden. Laut Recherchen des "Standard" betreibt das SOS-Kinderdorf seit Mitte Mai 2021 die Tagesbetreuungsstätte für Kinder aus dem Flüchtlingslager Kara Tepe II / Mavrovouni auf Lesbos in einem eigens dafür angemieteten Haus in Mytilini. Aktuell werden dort täglich rund 120 Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren betreut. Das sind um mindestens 80 weniger als vom Außenminister angegeben und um 380 weniger, als zu Weihnachten angekündigt wurde. Seither ist nun ein Jahr vergangen und mit dieser Anfrage soll der Status der Übermittlung der Hilfslieferungen sowie der Umsetzung einer Kinderbetreuung eruiert werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende