8443/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.11.2021
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Anfrage

 

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend die Mitgliedschaft Österreichs in internationalen Organisationen

 

Die politische Bewertung der Mitgliedschaft Österreichs in verschiedenen internationalen Organisationen war zuletzt 1998 Gegenstand von parlamentarischen Anfragen, eingebracht von Dr. Jörg Haider. Gefragt nach der staatspolitischen Bedeutung dieser Mitgliedschaften wich der ehemalige österreichische Außenminister, Dr. Wolfgang Schüssel, in der Beantwortung aus. Dr. Schüssel erklärte damals, dass diese sich "insbesondere aus der Tatsache (ergibt), daß sie vom österreichischen Parlament selbst beschlossen wurde, dem deshalb die Gründe dafür bekannt sind (siehe auch die diesbezüglichen Erläuternden Bemerkungen)“ (3871/AB in der XX. GP).

Fast 25 Jahre später erscheint eine Evaluierung dieser Mitgliedschaften mehr als überfällig. Darüber hinaus ist die Zahl zwischenstaatlicher Einrichtungen, an denen Österreich teilnimmt, angewachsen. Eine aktuelle Evaluierung der österreichischen Mitgliedschaften ist aber insbesondere im Sinne einer wirkungsorientierten Verwaltung unumgänglich. Laut Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport (BMKÖS) geht es darum, einen Wandel der Steuerungskultur in Politik und Verwaltung zu erwirken, und zwar weg von der Ressourcensteuerung hin zu einer verstärkten Orientierung an zu erzielenden Ergebnissen. Wie das BMKÖS weiter ausführt, soll das Budget die von den einzelnen Ministerien und Staatsorganen angestrebten Wirkungen in der Gesellschaft, sowie deren Umsetzung finanzieren. Wesentlich dabei ist eine ungeschönte Erfolgsbemessung. Wenn man die Wirkung dem Budget gegenüberstellt, könne besser eingeschätzt werden, ob die eingesetzten Mittel im Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen. Es geht demzufolge darum staatliches Handeln einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen.

Ein Transparenzportal des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) sollte Auskunft über die von Österreich geleisteten Zahlungen an internationalen Organisationen geben, tatsächlich bietet es so gut wie keine Informationen. Dies ist umso befremdlicher als die Zahlen ja in einer Übersicht des BMF gemäß § 42 Abs.4 BHG 2013 vorliegen. Ebenso wenig aussagekräftig sind die auf dem Transparenzportal ersichtlichen Informationen betreffend die öffentlichen Zuwendungen für die Unterbringung von Internationalen Organisationen und Vertretungsbehörden aus Entwicklungsländern in Wien. Zu den Steuervergütungen an Diplomaten, Botschaften und internationale Organisationen gibt es auf dem Transparenzportal überhaupt keine Angaben.

In der oben erwähnten parlamentarischen Anfrage aus 1998 wurde nachgefragt, ob seitens des Außenministeriums evaluiert wurde, inwieweit die von Österreich an Internationale Organisationen, Fonds und Programme, einschließlich internationaler Finanzinstitutionen, gegebenen Mittel, effizient, sinnvoll und zweckmäßig verwendet wurden. Auch die Beantwortung dieser Frage wurde umgangen und auf die Evaluierungen der Organisationen selbst verwiesen. Eine eigenständige Evaluierung seitens des Außenministeriums erfolgte offensichtlich nicht.

Allerdings erklärte im Juni 2018 Österreich seinen Austritt aus der Zentraleuropäischen Initiative. Das Außenministerium teilte aus diesem Anlass mit, dass eine weitere Teilnahme Österreichs am CEI nicht „zielführend“ sei. „Das Format dieser Organisation“ sei nicht mehr „in derselben Weise wie früher dazu geeignet, den heutigen europäischen Herausforderungen zu entsprechen“ (Orf.at 11.06.2018: Österreich tritt aus Zentraleuropäischer Initiative aus). Es erscheint nützlich, diese kritische Herangehensweise im Interesse Österreichs und der Effizienz des außenpolitischen Engagements fortzusetzen.

Ebenso wie bei der Zentraleuropäischen Initiative drängt sich beim Österreichisch-Französischen Zentrum für Annäherung in Europa (ÖFZ) diese Frage auf. Laut dem Notenwechsel zwischen dem Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten und dem Botschafter der Französischen Republik (BGBl. Nr. 170/1980) sollte dieses Zentrum Begegnungen aus europäischen Ländern mit verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Systemen fördern. Wie aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage hervorgeht, war das ÖFZ darauf angelegt, ein Beitrag Österreichs und Frankreichs zur Überwindung der Spaltung Europas in zwei Blöcken zu sein. Dieses Ziel wurde mittlerweile mit dem Fall der Berliner Mauer und des Eisernen Vorhanges erreicht. Laut Notenwechsel tragen die Regierungen Österreichs und Frankreichs einen gleichhohen Betrag zu den Betriebskosten des Zentrums bei, wobei die Höhe dieses Betrages alljährlich vom Direktorium des Zentrums festgelegt wird. Allein für 2021 waren das laut der obgenannten Übersicht des BMF 125.000 Euro.

Laut Ihrem Ministerium erlangte Österreich in Ouagadougou Beobachterstatus bei der Internationalen Organisation der Frankophonie (OIF). Die Rolle Österreichs in dieser Organisation liegt ebenso im Dunkeln wie die Rolle dieser Organisation für Österreich. Fest steht nur, dass dieser Status Österreich jährlich etwa 11.000 Euro kostet. Gemeinsam mit dem obengenannten ÖFZ soll sie wohl eine Klammer zwischen Österreich und Frankreich darstellen, tatsächlich sind diese beiden Organisationen in Österreich weitestgehend unbekannt. Daher stellt sich die Frage, ob es u.a. angesichts der am 1. Jänner 2022 beginnenden französischen EU-Präsidentschaft nicht bessere Alternativen zur Stärkung der österreichisch-französischen Beziehungen gibt.

Nach Ihrer Abberufung als Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums wurden sie nach Paris als Botschafter entsandt. Im Hinblick auf die bevorstehende EU-Präsidentschaft Frankreichs ab Jänner 2022 erscheinen daher bestimmte Klarstellungen von Interesse, u.a. weil Frankreich die einzig verbliebene Atommacht in der europäischen Union ist und dessen Energieversorgung stark von der Atomenergie abhängig ist. Ihr Vorgänger im Amt und jetziger Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg hat Anfang 2021 auf der Webseite des BMEIA ein Video über einen Atombombenabwurf über Wien veröffentlichen lassen.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie hat Frankreich auf Österreichs Engagement für den Atomwaffenverbotsvertrag reagiert?

2.    Haben Sie als österreichischer Botschafter in Paris Frankreich aufgefordert, auf Atomwaffen zu verzichten und wenn ja, wann haben Sie dies getan?

3.    Befürworten Sie eine gemeinsame europäische Verteidigung unter Einbeziehung des französischen Atomwaffenarsenals?

4.    Befürworten Sie innerhalb des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Rates die Aufgabe des Einstimmigkeitsprinzips in Fragen der Außen- und Verteidigungspolitik?

5.    Wie viele Stellungnahmen Ihres Ministeriums gibt es zur atomaren Bewaffnung Frankreichs und anderer Atommächte wie China, Russland, die USA und dem Vereinigten Königreich? Wie lauten diese gegebenenfalls?

6.    Wie stehen Sie zu den Bemühungen Frankreichs, die Atomenergie als klimafreundliche Energiequelle einzustufen?

7.    Haben Sie als österreichischer Botschafter in Paris oder Ihr Ministerium Erklärungen im Rahmen der Internationalen Organisation der Frankophonie (IOF) abgegeben? Bejahendenfalls wie oft und was waren deren Inhalt?

8.    Wie wurde der jährliche Beitrag Österreichs zur IOF in Höhe von zuletzt 11.000 Euro verwendet? Wurde dieser Ihrer Einschätzung nach effizient, sinnvoll und zweckmäßig verwendet? Wenn ja, wie begründen Sie diese Einschätzung?

9.    Welche konkreten Initiativen haben Sie als österreichischer Botschafter in Paris oder Ihr Ministerium im Rahmen der IOF gesetzt?

10. Welche konkreten Initiativen hat das IOF während Ihrer Zeit als österreichischer Botschafter in Paris in Österreich gesetzt?

11. Wie beurteilte die für die OIF zuständige Fachabteilung Ihres Ministeriums diese Organisation bevor Sie Außenminister wurden?

12. Wie beurteilte die für das Österreichisch-Französische Zentrum für Annäherung in Europa (ÖFZ) zuständige Fachabteilung Ihres Ministeriums diese Organisation bevor Sie Außenminister wurden?

13. Wie schätzen Sie die politische Bedeutung der OIF für Österreich ein? Worauf gründet sich Ihre Einschätzung?

14. Wie schätzen Sie die politische Bedeutung des Österreichisch-Französischen Zentrums für Annäherung in Europa (ÖFZ) für Österreich ein? Worauf gründet sich Ihre Einschätzung?

15. In welcher Höhe werden österreichische Beiträge an das ÖFZ geleistet? Wurden diese Ihrer Einschätzung nach effizient, sinnvoll und zweckmäßig verwendet? Wenn ja, wie begründen Sie diese Einschätzung?

16. Werden Sie sich für eine zeitgemäße Anpassung des Inhalts des in BGBl. Nr. 170/1980 veröffentlichten Notenwechsels zwischen Österreich und Frankreich einsetzen? Wenn ja, in welcher Form und mit welcher Zielsetzung?

17. Ist das Format des ÖFZ dazu geeignet, den heutigen europäischen Herausforderungen zu entsprechen? Wenn ja, wie begründen Sie diese Einschätzung?

18. Können die Beträge, die Österreich an OIF und ÖFZ leistet, zur Vertiefung der Beziehungen zwischen der österreichischen und der französischen Bevölkerung besser eingesetzt werden? Wenn ja, in welcher Weise (z.B. durch Schüler- und Studentenaustausch)? Wenn nein, warum nicht?

19. Hat Ihr Ministerium Zahlen zur Befüllung des Transparenzportals des Bundesministeriums für Finanzen übermittelt oder sollen Bürger weiterhin mit Ihrem Ministerium Kontakt aufnehmen, wenn sie die Zahlen, die auf dem Transparenzportal stehen sollten, in Erfahrung bringen wollen?